Somalia: Kenia will eigenmächtig Pufferzone einrichten

Meldung vom 05.07.2013

Nachdem kenianische Truppen in Südsomalia die Al-Schabaab-Miliz verdrängt haben, soll jetzt ein Pufferstaat gegründet werden. Diese eigenmächtigen Bestrebungen Kenias geschehen sehr zum Ärger der somalischen Regierung in Mogadischu. Die fordert jetzt die Ersetzung kenianischer Truppen durch Soldaten aus Sierra Leone.

Nach heftigen Kämpfen in Kismayo will die somalische Regierung den Abzug der kenianischen Truppen aus der im äußersten Süden des Landes gelegenen Hafenstadt. Somalia beschuldigt die Soldaten aus dem Nachbarland, sich einseitig in innenpolitische Kämpfe einzumischen und die Bevölkerung zu schikanieren. Es soll sogar zu einem kenianischen Luftangriff auf einen Militärstützpunkt in Somalia gekommen sein. Die Regierung in Nairobi weist alle Anschuldigungen zurück.

Kenias Streitkräfte waren im Oktober 2011 mit mehreren tausend Mann nach Südsomalia vorgedrungen. Einige Monate später wurden diese Einheiten formal in die seit 2007 in Somalia tätige afrikanische Friedenstruppe AMISOM eingereiht. Tatsächlich sicherten sie sich aber ihre eigene Kommandostruktur. Die AMISOM-Kräfte bestehen zur Zeit aus rund 18.000 Mann. Neben den Kenianern sind Soldaten aus Uganda, Burundi, Dschibuti und dem westafrikanischen Staat Sierra Leone im Einsatz.

Nachdem die kenianischen Truppen monatelang sehr langsam im Kampf gegen die islamistische Organisation Al-Schabaab voran kamen, gelang ihnen schließlich im September 2012 die Eroberung von Kismayo, das nach der Hauptstadt Mogadischu den zweitgrößten Hafen Somalias zu bieten hat. Der Ort ist durch die Einnahmen von Hafengebühren, Zöllen und Schutzgeldern sowie durch den von der UN verbotenen Export von Holzkohle in die Staaten der arabischen Halbinsel ein sehr gewinnbringendes Objekt und daher schon seit Jahren immer wieder Ziel von Eroberungsversuchen.

Bei dem Einmarsch nach Kismayo und in die Umgebung hat sich Kenia eng mit der örtlichen Miliz Ras Kamboni verbündet, die selbst aus dem Netzwerk islamistischer Organisationen stammt. Bald nach der Eroberung der Stadt nahm die Regierung in Nairobi den schon früher angestrebten Plan wieder in Angriff, einen unabhängigen Pufferstaat in Südsomalia zu etablieren. Das von der Ras Kamboni verwaltete Gebilde soll Jubaland heißen und umfasst das Territorium der drei Verwaltungseinheiten Gedo, Unterjuba und Mitteljuba, ohne dieses jedoch trotz militärischer Unterstützung der kenianischen Truppen vollständig zu beherrschen.

Im Mai ließ sich der Chef von Ras Kamboni, Ahmed Madobe, von einer „Ältestenversammlung“ mit fragwürdiger Legitimation zum Präsidenten von Jubaland ernennen. Wenige Stunden später hatten bereits vier weitere Warlords darauf gepocht – gestützt auf Clan-Verbindungen und eigene Milizen – diesen Titel zu bekommen. Der anscheinend bedeutendste unter ihnen ist Barre Hirale, der von der Regierung in Mogadischu Rückendeckung erhält. Inzwischen waren die Kenianer und die Ras Kamboni weitgehend erfolgreich damit, sowohl die konkurrierenden Milizen als auch die Truppen der Zentralregierung aus Kismayo in die Flucht zuschlagen. Mehrere hochrangige Politiker aus Mogadischu, die zu Verhandlungen nach Kismayo kamen, wurden gleich auf dem Flughafen abgefangen und zurückgeschickt.

Die jüngsten schweren Kämpfe Ende Juni wurden ausgetragen, nachdem die Kenianer den Gebietskommandeur und weitere Offiziere der somalischen Regierungstruppen festgenommen hatten. Angeblich wurden die Gefangenen inzwischen nach Kenia überführt. Sie werden bezichtigt, an einem Anschlag auf kenianische Truppen in der Hafenstadt beteiligt gewesen zu sein.

Die somalische Regierung verlangt, dass die kenianischen Soldaten in Kismayo und Umgebung durch neutrale Einheiten, vorzugsweise aus Sierra Leone, abgelöst werden. Darüber ist Mogadischu derzeit mit dem AMISOM-Kommando im Gespräch.


Quelle: „junge Welt“, www.jungewelt.de