Sudan: Menschenrechtler verlangen Gesetz gegen Kinderehe

Meldung vom 06.08.2013

Im Sudan fordern Rechtsexperten und Menschenrechtsaktivisten, dass Gesetze zur Regelung der Ehe reformiert werden. Nach sudanesischem Gesetz ist die Verheiratung von Mädchen ab dem zehnten Lebensjahr gestattet. Es sei längst überfällig, in der Justiz die Gleichheit der Geschlechter zu verankern und Mädchen und jungen Frauen zu ermöglichen, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen.

„Wir fordern eine Änderung der derzeitigen Personenstandsgesetze, die Mädchen und Frauen diskriminieren und sie auf ein Leben im Haus reduzieren“, sagt Khadija Al-Dowahi von der Sudanesischen Organisation für Forschung und Entwicklung (SORD), die Spezialistin für das Thema Kinderehen ist.

Die islamischen Personenstandsgesetze von 1991 beschneiden die Rechte der Frauen. Sie legen zudem die Grundlage für Kinderehen, da sie kein Mindestalter für die Verheiratung von Frauen und Mädchen festlegen und sogar raten, zehnjährige Mädchen zu verheiraten, „wenn eine richterliche Genehmigung vorliegt“.

„In der Vergangenheit beschränkten sich Frühehen auf die ländlichen Gebiete. Doch inzwischen nehmen sie aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der Angst der Eltern, ihre Töchter könnten in der städtischen Umgebung auf die schiefe Bahn geraten, in den Städten zu“, weiß die Menschenrechtsanwältin Amel Al-Zein.

„Im Prinzip sagen die Personenstandsgesetze aus, dass Mädchen verheiratet werden können, wenn sie alt genug sind, gewisse Dinge zu begreifen. Das könnte man durchaus von Mädchen im Alter von zehn Jahren sagen“, ergänzt Al-Dowahi.

Es wird geschätzt, dass jede dritte Sudanesin, die heute 20 bis 24 Jahre alt ist, vor dem 18. Lebensjahr verheiratet wurde. In den ländlichen Gebieten beläuft sich die Rate von Kinderehen auf 39 Prozent, in den Städten auf bis zu 22 Prozent.

Ein Besuch im Khartum-Krankenhaus macht klar, mit welchen Problemen das Phänomen der Frühehen im Sudan einhergeht. Die Klinik bietet eine eigene Abteilung zur Behandlung von Geburtsfisteln und Verletzungen des Geburtskanals, ein deutlicher Hinweis auf zu frühe Mutterschaft. Die Fisteln haben häufig Inkontinenz zur Folge, also die Unfähigkeit, den Harn zurückhalten zu können. Frauen mit diesem Problem leiden ihr Leben lang unter sozialer Ausgrenzung.

Ein Heiratsmindestalter gesetzlich aufzustellen und in die Personenstandsgesetze zu integrieren ist Al-Zein zufolge die einzige Möglichkeit, Kinderehen einzudämmen, die eine Vielfalt weiterer Probleme mit sich bringen. Sudanesinnen ist nur in äußersten Ausnahmefällen gestattet, sich vor ihrem 18. Lebensjahr scheiden zu lassen.

Mohamed Osman Salah, Generalsekretär des einflussreichen Sudanesischen Gelehrtenrats, hatte im Oktober 2012 mit seinem Plädoyer für Kinderehen Diskussionsstoff geliefert. So gab er gegenüber der Presse zu: „Der Islam ermutigt junge Menschen dazu, früh zu heiraten, damit sie aus der Gefahrenlinie gebracht werden (...), sie glücklich werden und die Fortpflanzung gewährleistet wird.“

Dass die Praxis der Kinderehen nun auch in den Städten wieder Auftrieb erhalten hat, hält Al-Dowahi für einen besorgniserregenden Trend. Die Untersuchungen ihrer Organisation zeigen, dass das Phänomen in den Flüchtlingslagern und im Ostsudan besonders um sich greift. Der Osten des Landes ist jedoch auch die Region, in der die Gerichte erstmals einer Zehnjährigen zugestanden, sich scheiden zu lassen.

Lakshmi Sundaram, die Leiterin von Girls not Brides, einer globalen Partnerschaft zur Bekämpfung von Kinderehen, setzt sich dafür ein, dass Mädchen einen anderen Wert erhalten. „Wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht als Wirtschaftsfaktoren, sonders als menschliche Wesen betrachtet werden.“


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: afrika.info