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Somalia: Auf dem langen Weg zur Normalität

Meldung vom 04.12.2013

Das von mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg zerrissene Somalia macht endlich Schritte zur Normalität: Der Handel nimmt Fahrt auf, Flüchtlinge kehren zurück und schaffen sich eine neue Lebensgrundlage. Aus Sicherheitsgründen geschieht das oft noch im Verborgenen.

Von Mogadischus Hauptstraße Mara al Murakama aus unterscheidet sich das Anwesen nicht von den anderen: Hohe Mauern, Eisentor, ein mit einem Schnellfeuergewehr ausgerüsteter Wärter. Erst im Innenhof stößt man auf eine Überraschung: ein Verkaufsraum mit einem Fenster voller Blumengestecke. Blumen in einem Kriegsland, das seit Jahrzehnten als Hölle auf Erden gilt?

„Welcome“, empfängt eine strahlende junge Frau mit britischem Akzent die Gäste und streckt ihnen die Hand entgegen – auch das eine Geste, die in diesem Kulturraum Aufsehen erregt. Handschläge zwischen Mitgliedern unterschiedlichen Geschlechts sind in muslimischen Staaten verboten: vor allem in einer Region, die noch bis vor kurzem von fundamentalistischen Islamisten bestimmt worden ist.

Ihre Geschäftsidee habe sich in der Tat zum Trendsetter entwickelt, sagt Sagal Scheich-Ali. Mehr als 20 Jahre wurden in der somalischen Hauptstadt keine Blumen zum Verkauf angeboten, sagt die schöne Floristin: „Doch nun ist eine neue Ära angebrochen.“

Mogadischu auf dem Weg zur Normalität. Seit tausende von afrikanischen Soldaten der Amisom-Mission vor gut zwei Jahren die extremistische Al-Schabab-Miliz aus der Stadt verdrängen konnten, nimmt die einstige Perle Ostafrikas allmählich wieder Glanz an. Am „Kilometer Vier“ genannten Kreisel zwischen Flughafen und Parlament drängt sich den ganzen Tag über der Verkehr, kaum 100 Meter weiter wird die erste Tankstelle der Stadt seit einem Vierteljahrhundert gebaut. Das Straßenbild ist außer durch Eselskarren und gepanzerten Fahrzeugen neuerdings zum ersten Mal auch wieder durch Taxis bestimmt.

Immer neue Hotels schießen wie Pilze aus dem Boden, in denen vor allem aus dem Exil zurückkehrende Somalier ein Zimmer nehmen. Mehr als eine Million der Bürgerkriegsflüchtlinge sollen im vergangenen Sommer zumindest kurzzeitig zurückgekehrt sein, um die Lage in der Heimat zu inspizieren. „Sie sind der einzige Schatz, den unser Land hat“, meint Harbi Jama, Sekretär im jüngst von der Regierung eröffneten Büro für Diaspora-Somalier. Die Einrichtung der Verbindungsinstitution war notwendig: Denn das Verhältnis zwischen Rückkehrern und zuhause Gebliebenen ist angespannt. „Sollte es hier wieder zu einem Krieg kommen“, betont ein Mitglied der Diaspora nur halb im Scherz, „dann zwischen diesen beiden Gruppen“.

Floristin Scheich-Ali kann Somali, aber mit britischem Akzent. Die Piloten-Tochter kam vier Jahre vor Ausbruch des Bürgerkriegs in Italien zur Welt und hat bis zu ihrer Ankunft in Mogadischu vor neun Monaten keinen Kontakt zu ihrer Heimat. Trotzdem fühlte sie sich sofort zuhause, als sie im Februar erstmals in ihr Vaterland einreiste: „Das Wetter ist schön, die Strände unübertrefflich und Mogadischu viel friedlicher, als ich mir das vorgestellt hatte.“

Die Exilantin bringt ihr Know How mit: Sie hat sofort erkannt, was in der herunter gekommenen Stadt noch alles fehlt. Anfang dieses Jahres eröffnete ihr Bruder die erste Kleiderreinigung der Stadt, sie selbst folgte ihm im August mit dem Blumengeschäft. Beide Unternehmen laufen sensationell: Bruder Mohamed lässt in seiner aus Italien importierten Trockenreinigungsmaschine täglich mindestens 15 Anzüge, Hemden oder Sarongs reinigen, zu seinen Klienten gehören zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten, worunter Regierungsbeamte oder gar Kabinettmitglieder zu verstehen sind. Sagals Blumengebinde werden vor allem für private Ereignisse wie Hochzeiten gerne gekauft.

2012 wird in Mogadischu als das „Jahr der Wende“ anerkannt. Zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert wurde in Somalia wieder eine Regierung gewählt, die sich nicht mit dem Zusatz „Übergangs-“ definieren muss: Statt eines korrupten Kriegsfürsten oder rigiden Islamisten wurde mit Hassan Scheich Mohamud erstmals ein Akademiker zum Präsidenten erhoben.

Besonders freut sich der Bürgermeister Mogadischus über die Wiederbelebung des „Lido“, des strahlend weißen Sandstrands im Norden der Stadt. Hier werfen sich selbst an Wochentagen Kinder in die Wellen, während Männer an der Strandbar ihren Espresso genießen, die Frauen entspannen sich unter einem Sonnenschirm. Unter ihnen ist die 22-jährige Radiologie-Studentin aus Phoenix im US-Staat Arizona, die eigentlich nur für drei Wochen Urlaub in die unbekannte Heimat gekommen war – inzwischen sind daraus bereits drei Monate geworden und sie will noch zwei weitere bleiben.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Rundschau“, FR-online.de

Schlagwörter: Somalia, Mogadischu, Normalität, Sicherheit, Diaspora-Somalier, Rückkehrer, Unternehmen, Unternehmensgründung, Existenz, Lido, Hassan Scheich Mohamud, Regierung, Stabilisierung, Geschäfte, Wirtschaft, Handel