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Kenia: Massenverhaftungen wegen Terroranschlägen

Meldung vom 07.05.2014

Kenia greift angesichts der jüngsten Attentate zu harten Maßnahmen. Leidtragende sind die im Land lebenden Somalis. Kenia macht derzeit eine regelrechte Jagd auf Islamisten. Dabei steht Kenias somalische Minderheit unter Generalverdacht.

Im überfüllten Minibus fixiert ein weiblicher Fahrgast Osman Mohamed mit ihren Augen. Als er den Bus verlässt, seufzt er tief. „Ich werde so müde von den Leuten, die mich anstarren, als ob ich jede Sekunde etwas Schlimmes tun könnte“, gibt er zu. „Die Polizei hält mich an jeder Ecke an und will meine Papiere sehen. Und das alles nur, weil ich aussehe wie ein Somalier.“

Der Journalismusstudent Osman Mohamed gehört zu der Gruppe der einen Million Kenianer somalischer Herkunft. Er ist schmal, hat eine hohe Stirn und hellbraune Hautfarbe, die typischen Merkmale für Personen somalischer Herkunft. „Wir sehen anders aus als der Rest der Kenianer und sind leicht zu identifizieren“, erklärt der Zwanzigjährige in der Hauptstadt Nairobi.

Seit einem Monat veranstaltet die kenianische Polizei eine wahre Hexenjagd auf Menschen somalischer Abstammung. Mindestens 4.000 Menschen wurden in den Straßen abgeführt oder in ihren Häusern inhaftiert. Sie wurden in Polizeizellen oder in einem Fußballstadion gefangen gehalten, während ihre Papiere kontrolliert wurden. Mehr als hundert wurden als illegale Einwanderer nach Somalia abgeschoben. Rund 300 mit Flüchtlingsstatus wurden in die bestehenden somalischen Flüchtlingslager in der Nähe der Grenze transferiert.

Mit diesen Maßnahmen bekämpft Kenias Regierung den Terrorismus. Sie will mit allen Mitteln die Serie von Anschlägen auf Bushaltestellen, Kirchen und Restaurants durch die radikalislamistische somalische Al-Schabaab-Miliz stoppen. Aber trotz der Razzien werden fast täglich Anschläge verübt. Sie sind die Rache für die Beteiligung der kenianischen Truppen an der AU-Eingreiftruppe Amisom in Somalia. Am brutalsten war im vergangenen September der Anschlag auf das Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi, bei dem 68 Menschen ums Leben kamen.

„Das war der schrecklichste Tag in meinem Leben“, bezeugt Osman Mohamed und schüttelt den Kopf. In einem Restaurant, das vor allem Ausländer besuchen, gönnt er sich eine Tasse Tee mit Zitrone. Hier fühlt er sich weniger gehetzt. „Unter den Opfern waren Angehörige von mir, während die Attentäter ethnische Brüder von mir sind. Das ist alles nicht zu fassen.“

Er kann nicht verstehen, dass Kenias Regierung jetzt alle Menschen somalischer Herkunft in einen Topf mit al-Schabaab wirft. Er macht auf den Sohn eines ehemaligen Ministers aufmerksam, der während des Westgate-Angriffs unter Lebensgefahr Dutzende von Menschen in Sicherheit brachte. „Er ist somalischer Abstammung und war der Held des Tages. Seine Aktion sorgte dafür, dass Kenianer nicht alle mit somalischem Aussehen als Schuldige ansahen.“

Osman Mohamed, ältestes von fünf Kindern, stuft sich in erster Linie als Kenianer ein. Er drückt sich besser in Kenias gebräuchlichster Sprache Swahili aus als in Somalisch. Sein Vater war 31 Jahre im militärischen Dienst in der kenianischen Armee. Die Familie wohnte auf einer Militärbasis in Thika, etwa fünfzig Kilometer nördlich von Nairobi. „In der Schule waren wir alle Kenianer. Ich hatte nie das Gefühl, anders zu sein.“

Die al-Schabaab-Miliz bemüht sich jetzt, den Unmut junger kenianischer Somalis über die Razzien für ihre Zwecke zu gebrauchen. In den gleichen sozialen Medien, in denen auch diese Jugendlichen sich bewegen, forderte die Miliz ethnische Somalis und Muslime auf, sich ihr anzuschließen und Vergeltung zu üben.

Die somalische Gemeinschaft wird schon seit Langem vom kenianischen Staat diskriminiert. Im Nordosten des Landes, wo sich die Somalis mehrheitlich niedergelassen haben, kam es früher zu Aufständen für einen Anschluss an Somalia, die blutig niedergeschlagen wurden. Auf Facebook und Twitter werden jetzt viele Erfahrungen einzelner verbreitet, wie die Polizei Kenianern somalischen Ursprungs ihre Ausweise abnimmt und erst gegen Bestechung wieder aushändigt. 50 Euro entsprechen anscheinend den Erwartungen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Kenia, Terror, Terroranschläge, Massenverhaftungen, Somalis, al-Schabaab, al-Schabaab-Miliz, Hexenjagd, Hetzjagd, Verhaftungen, Abschiebung, Minderheit, Westgate, Nairobi, Bus, Diskriminierung, Schikane