Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Kenia: Wie die Regierung auf den Terror reagiert

Meldung vom 26.06.2014

Die kenianische Regierung hat keine Mittel, um die Terroraktionen der al-Schabaab-Miliz zu stoppen und bringt deshalb Verschwörungstheorien unter die Leute. „Der Westen“ wolle die gewählte Regierung des Landes abschaffen. Diese Gerüchte werden allerdings von niemandem ernst genommen. Der Verantwortung aus dem Wege gehen, darin hat die kenianische Regierung in jüngster Zeit reichlich Übung. Im Mai hatte Großbritannien, ähnlich wie Frankreich, Australien und die USA, vor der Gefahr von Terroranschlägen an Kenias Küste gewarnt, woraufhin zwei britische Reiseveranstalter mehrere Hundert Touristen ausflogen.

Präsident Uhuru Kenyatta ließ seinen Sprecher verkünden, die Angriffe seien nichts anderes als ein Akt der „Wirtschaftssabotage“ gegen sein absolut sicheres Land. Er sei sich sicher, dass „der Westen“ die gewählte Regierung des Landes absetzen wolle.

Solche Verschwörungstheorien werden in Kenia regelmäßig aufgebauscht, seitdem der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ein Verfahren gegen Präsident Kenyatta und seinen Vize William Ruto wegen deren Rolle als mutmaßliche Hintermänner von Wahlunruhen vor sechs Jahren angestrengt hat.

Oftmals sind die Gerüchte banal; diesmal aber sah sich der US-Botschafter zu einer Reaktion herausgefordert. Er veröffentlichte einen Gastbeitrag für die größte Tageszeitung des Landes, in dem er darauf aufmerksam machte, dass sein Land die kenianischen Sicherheitskräfte mit Hunderten Millionen Dollar fördere. Die „Verschwörungstheorien“ seien „mehr als nur falsch: Sie lenken die Aufmerksamkeit von dem ab, worauf unsere gemeinsamen Anstrengungen zielen sollten: die Stärkung der Sicherheit.“

Vergangene Woche überfielen Kämpfer eine Kleinstadt namens Mpeketoni an der kenianischen Küste, gingen von Haus zu Haus und erschossen mehr als 50 Bewohner – ein Massaker, das an die Geschehnisse in Nordnigeria erinnert, wo die islamistische Terrorgruppe Boko Haram inzwischen fast täglich Dorfbewohner hinrichtet. Eine weitere Ähnlichkeit mit Nigeria: die Passivität des Staates. Das Morden in Mpeketoni währte Stunden, ohne dass Militär oder Polizei eingriffen.

In der folgenden Nacht drangen Bewaffnete in zwei weitere Dörfer in der Nähe ein, ermordeten abermals 15 Menschen. Die Kenianer machten ihrer Hilflosigkeit und Wut Luft. Das Land wurde in den vergangenen Monaten bereits von vielen Terroranschlägen heimgesucht. „Es ist niemand da, der uns beschützt“, meldete sich ein Leser im Online-Forum einer Zeitung zu Wort, „und es gibt keinen Ort, wo man sich verstecken könnte.“ Ein Sprecher von al-Schabaab sagte hämisch, Kenia sei nun „offiziell Kriegsgebiet“, und Ausländer seien selbst dafür verantwortlich, wenn sie trotzdem weiter das Land bereisten.

Präsident Kenyatta hatte nichts anderes zu tun, als eine Ansprache ans Volk zu halten, live übertragen aus dem State House. Bei den Überfällen von Mpeketoni, verkündete er zur Überraschung der meisten Zuhörer, ginge es „nicht um eine Al-Shabaab-Terrorattacke“ – sondern vielmehr um „wohlgeplante, orchestrierte und politisch motivierte ethnische Gewalt gegen eine Gemeinschaft von Kenianern“.

Welche Gemeinschaft er im Sinn hatte, war klar: seine eigene, das Volk der Kikuyu, welches am Tatort Mpeketoni als Bevölkerungsmehrheit wohnt, seitdem Kenyattas Vater als Präsident Anfang der 1970er-Jahre Tausende von ihnen aus dem Landesinnern an die Küste umsiedelte, eine Provokation für die dortige muslimische Bevölkerung. Eine Reihe von Abgeordneten der Regierungsfraktion blies in dasselbe Horn und beschuldigte recht offen den Oppositionsführer Raila Odinga, die Täter aufgewiegelt zu haben.

Innenminister Joseph Ole Lenku, dessen Rücktritt die Standesvereinigung der Juristen seit den jüngsten Terroranschlägen vergeblich verlangt, bezichtigt Odinga, er hege Pläne, die Regierung zu stürzen – mit finanzieller Unterstützung aus den USA und Großbritannien. Im Volk schlagen diese Botschaften hohe Wellen; viele Kenianer halten es für möglich, dass Odinga der Drahtzieher von den Attacken von Mpeketoni ist. Und sie sind beunruhigt über den 7. Juli, den Tag, für den Odinga Massenproteste angekündigt hat. Sie sind in Sorge über mögliche ethnisch motivierte Ausschreitungen wie nach den Wahlen vor sechs Jahren.

Die USA haben nach den Attacken von Mpeketoni angefangen, einen Teil ihres Botschaftspersonals aus Nairobi nach Hause zu holen. Die verbleibenden Mitarbeiter dürfen die Küstenprovinzen nur noch mit Sondergenehmigung aufsuchen. Auch das Auswärtige Amt empfiehlt inzwischen, „nicht notwendige“ Reisen“ in die Küstenstadt Mombasa zu vermeiden.

An diesem Montag berichtete die Afrikanische Union, dass kenianische Kampfflieger Bomben auf zwei al-Schabaab-Stellungen im Süden Somalias abgeworfen haben und dabei mehr als 80 Kämpfer getötet hätten. Die Präsenz der kenianischen Armee in Somalia ist die Hauptmotivation, die die Terroristen von al-Schabaab regelmäßig für ihre Attacken in Kenia nennen.

Einen Abzug der Truppen, wie ihn die Opposition vorschlägt, um stattdessen die Sicherheit im eigenen Land zu verbessern, lehnt die Regierung weiter ab. Präsident Uhuru Kenyatta behauptete, er und seine Minister stünden trotz aller „Destabilisierungsversuche“ sicher in ihrem Amt. Er bat aber zugleich die Kirchen und das Volk, für die Regierung zu beten.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Süddeutsche Zeitung“, sueddeutsche.de

Schlagwörter: Kenia, Terror, Terrorangriffe, Uhuru Kenyatta, Raila Odinga, al-Schabaab-Miliz, USA, Verschwörungstheorien, Internationaler Strafgerichtshof, Mpeketoni, ethnische Gewalt, Passivität, Staat, Regierung