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Indien: Die Inder und ihre Mango

Meldung vom 04.07.2014

Was für die Deutschen der Spargel bedeutet, ist den Indern ihre Mango: Nur hundert Tage dauert die Saison, denn die Früchte sind schnell verderblich. In dieser Zeit genießen die Liebhaber der Frucht ihre würzige Süße in vollen Zügen. In diesem Jahr hat das EU-Einfuhrverbot dem Land eine besondere Mangoschwemme beschert.

Wenn die faustgroße, gelbgrüne Frucht auf den Tisch kommt, dann geraten die Inder ins Schwärmen: „Es gibt in Indien nur zwei Jahreszeiten: den Monsun und die Mangos. Der eine erquickt die Erde, die anderen die Seele“ wird auf dem Subkontinent zur Mangozeit gerne zitiert.

Zuerst wird dem Durst der Seele begegnet: Die indische Mango-Saison, die im April anfängt und bis in den Juli hinein währt, wird von dem vom Süden heraufziehenden Monsunregen beendet. Mango-Liebhaber, und von denen gibt es in Indien Massen, haben nur hundert Tage, um sich an ihrer Lieblingsfrucht zu ergötzen.

Indien ist ein problematisches Land. Die 1,2 Milliarden Einwohner sind in viele Gruppierungen gespalten: Da gibt es das Kastenwesen, die verschiedenen Volksgruppen, Sprachen und Religionen und die landschaftlichen Extreme von den Wüste bis zum Hochgebirge. Alle diese Bedingungen haben eine Gesellschaft mit großen Widersprüchen geprägt.

Aber die Liebe zu den Mangos vereint die Inder – und doch gibt es auch in diesem Bereich wieder Diskussionen. Denn die Debatten darüber, welche der 50 Sorten die leckerste ist, welche Region die besten Früchte anbaut, werden mit großer Leidenschaft geführt. Echte Kenner bestellen ihre Ware bis zu einem Jahr im voraus beim Bauern ihre Vertrauens vor. Für einige gelten die Mangos als Statussymbole und sie entrichten viel Geld für den Ertrag eines ganz bestimmten Baums.

15 Millionen Tonnen Mangos werden jedes Jahr in Indien produziert, das ist die Hälfte der weltweiten Herstellung. Die Inder sind stolz auf ihre „Aam“, wie sie auf Hindi heißt, sie stufen sie als ihre nationale Frucht ein. Tatsächlich werden Mangos auf dem Subkontinent seit über 4.000 Jahren produziert. Von hier aus wurden sie von persischen Händlern weiterverbreitet.

Kaum eine Frucht kann man auf so viele Arten zubereiten wie die Mango: Sie ist Beigabe in Süßspeisen und scharfen Currys, sie wird unreif für Chutneys verwendet und vollreif zu Saft gepresst. Am liebsten aber verzehren die Inder ihre Mangos pur: In den heißen Sommernächten lassen sie sich auf den Dörfern vor den Häusern und in der Stadt in den Parks nieder, einen Eimer mit Eiswasser vor sich. Ab und an angeln sie daraus eine Frucht, pellen die Haut ab und lutschen das Fruchtfleisch aus.

„Wir handeln mit den Models unter den Mangos“, meint Kartik Batra, dessen Familie in vierter Generation die „Königin der Früchte“ vertreibt, wie die Inder sie bezeichnen. Safeda heißt die Sorte, die die Batras zum Verkauf anbieten. „Das ist die Sorte, die sie aus dem Fernsehen und den Zeitungen kennen. Sie schmeckt nämlich nicht nur hervorragend, sondern ist auch sehr fotogen“, meint der 19-Jährige zwischen Tausenden mit Mangos gefüllten Kisten auf dem Azadpur-Großmarkt im Norden Neu-Delhis.

Der Verkauf vollzieht sich auf althergebrachte Art: Gerade verständigen sich Kartiks Vater Krishan mit einem potentiellen Käufer auf Händedruck unter einem Geschirrhandtuch. Per Fingerdruck kommen sie über einen geheimen Preis für fünf Kisten überein, mit denen der Gemüsehändler seine Kunden erfreuen will.

Das Geschäft mit den Mangos eilt: Einmal gepflückt, sind sie nur fünf Tage haltbar. Die indische Eisenbahn transportiert die kostbaren Früchte deshalb in Sonderzügen, Mango-Express genannt, zu den Großmärkten. Auch der weltweit größte Kurierdienst DHL wirbt mit einem Service namens Mango-Express: Mit ihm senden Inder die Früchte an ihre im Ausland lebenden Freunde und Verwandte. Die meisten Kisten sind per Luftfracht in die Golfstaaten unterwegs: Dort verdingen sich sechs Millionen indische Gastarbeiter.

Für Mango-Liebhaber ist das Jahr 2014 ein besonderer Höhepunkt: Seit am 1. Mai ein Einfuhrverbot der Europäischen Union wegen Insektenbefalls über die indischen Mangos verhängt wurde, ist die sonst für den Export vorbehaltene Edelsorte Alfonso in Fülle zu haben. Angesichts des plötzlichen Überangebots der rund um Mumbai gezüchteten Art sinken die Preise enorm.

Mit einem Preis von umgerechnet vier Euro für ein Dutzend sind die Alfonsos plötzlich auch für die indische Mittelschicht käuflich. Die Speisekarten der besseren Restaurants in Neu-Delhi spiegeln das Überangebot wider: Beim Italiener kredenzt man derzeit Spaghetti mit Mangostreifen, beim Japaner Maki, in denen Yellowfish um gelbe Obstschnitze gewunden wird, und bei den vielen Indern können die Gäste sich an „Alles mit Mango“-Menüs berauschen.

Welchen Stellenwert die Mango für die Inder hat, lässt sich daran erkennen, wie sehr der EU-Einfuhrstopp den Nationalstolz verletzt hat. Die Times of India verarbeitete das Thema sogar in einem Leitartikel. „Diese nervösen Europäer fürchten sich vor ein paar Fruchtfliegen in unseren Mangoexporten, sie haben Angst, dass die Fliegen ihre Tomaten und Gurken verwüsten“, meldete die Zeitung. „Wie kann man die Königin der Früchte für Salat opfern!“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Indien, Mango, Frucht, Ernte, Mango-Express, EU-Einfuhrverbot, Insektenbefall, Handel, Preise, Produktion