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Rumänien: „Die Zwiebel häuten“ – Kriminellen Clans geht es an den Kragen

Meldung vom 23.07.2014

Seit Ende Juni sitzt Mircea Basescu, der Bruder des rumänischen Präsidenten Traian Basescu, in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, von der Familie des berüchtigten Kriminellen „Bercea Mondial“, seines bürgerlichen Namens Sandu Anghel, 250.000 Euro Bestechungsgeld eingesteckt zu haben, um die Richter zu manipulieren und Anghels Haftentlassung zu erwirken.

Die Verstrickung des Präsidentenbruders in die Machenschaften des Bercea-Clans deutet auf die Macht derartiger krimineller Sippschaften hin. Wie die Medien immer wieder melden, beherrschen einige Sippschaften das nach Territorien aufgeteilte organisierte Verbrechen und die Schattenwirtschaft in Rumänien: die „Berceas“ oder „Butoane“ den Süden, der als „Stefan der Große“ bekannte Utu Rohozneanu den Westen, die Clans der Clamparu und Corduneanu den Nordosten und mindestens neun Gruppierungen die Hauptstadt Bukarest.

Bis zu 60 derartige Clans existieren landesweit. Seit Anfang Juli 2014 benötigt ein Staatsanwalt mitsamt seiner Familie Polizeischutz, nachdem ein von ihm wegen Mord schuldig gesprochener Clanchef, angeblich aus Versehen, wieder auf freien Fuß gesetzt wurde.

Immer wieder zu beobachten ist auch die enge Vernetzung, bzw. die verwandtschaftlichen Verhältnisse von Anführern dieser Clans mit prominenten Politikern, Wirtschaftseliten oder Justizbeamten. Diese Vernetzung ist Strategie. „Die Clans erfreuen sich politischen Schutzes“, bemängelte kürzlich Präsident Basescu. Die Nachsicht der Politik lässt sich auf die Geschichte Rumäniens zurückführen – schließlich haben der Diktator Nicolae Ceausescu, aber auch der erste Präsident nach der Wende, Ion Iliescu, zwei der bekanntesten Kriminellen, die berüchtigten Camataru-Brüder begnadigt, erklärt Paul Radu von Rise Project, einer Plattform für investigativen Journalismus.

Bei seiner Haftentlassung 2010 inszenierte Nutu Camataru einen Heldenabgang: Er verließ das Gefängnis auf einem Vollblut-Hengst, einige Frauen standen dabei und ließen weiße Tauben in den Himmel fliegen. Bis 2013 umgab sich Nutu Camataru auf seinem Anwesen mit vier Löwen und zwei Bären. Die Tiere galten wohl als Einschüchterung der Feinde oder Bedrohung der Schuldner.

Lange haben die Behörden stillschweigend weggesehen, in dieser Zeit haben sich derartige Gruppierungen von verhältnismäßig kleinen Verbrechen wie Diebstahl und Waren- oder Autoschmuggel am Rande der Großstädte über den illegalen Alteisenhandel zu weit verzweigten, bemittelten Organisationen ausgeweitet, die sich mit internationalem Drogenhandel, Prostitution und Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Wucher oder groß angelegter Geldwäsche und Steuerhinterziehung über eigens gegründete Firmen finanzieren.

In vielen rumänischen Dörfern stehen reihenweise prächtige Paläste, deren Besitzer rein steuertechnisch dennoch Kinderbetreuungsgeld und Sozialhilfe in Anspruch nehmen. „Das große Geld haben sie im Ausland gemacht, es ist in Sicherheit. Oft hat es keinen Unterschied gemacht, dass sie eingesperrt wurden, denn sie arbeiteten über Offshore-Unternehmen“, so Radu.

Auf diesem Gebiet sind aber nun einige Änderungen vorgenommen worden – infolge einer Gesetzesreform von 2011 kann nicht nachvollziehbares Vermögen beschlagnahmt werden. „Dies ist eine große Hilfe“, meint Alina Bica, Leiterin der Abteilung zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus (DIICOT). Die Einrichtung hat in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Bekämpfung des Phänomens gemacht. Erst 2004 wurde diese Institution innerhalb der Staatsanwaltschaft gegründet, die das organisierte Verbrechen gezielt bekämpft: „Wir haben in über 100.000 Fällen ermittelt, zahlreiche Mitglieder und Oberhäupter der kriminellen Gruppierungen sind derzeit hinter Gittern.“

„In den anderen Kategorien – Gewalttätigkeit, Drogen, Menschenhandel – ist die Wirkung aber oft nicht nachhaltig, die Neugruppierung und Neuorientierung auf andere Netzwerke funktioniert zu gut. Deshalb laufen unsere Ermittlungen oft über Jahre und zielen auch auf die untergeordneten Strukturen ab. Wir versuchen, auf Prävention zu setzen, die Zwiebel Schicht um Schicht zu häuten“, sagt Bica, die sicher ist, dass die Anzahl der Fälle, in denen ihre Behörde bereits aktiv geworden ist – 2013 waren es 8.400 –, „ein Signal ist, dass die Institutionen des Staates die gesetzlichen Mittel zur Bezichtigung dieser Gruppierungen nutzen“.




Quelle: „Tiroler Tageszeitung“, www.tt.com

Schlagwörter: Rumänien, Clans, kriminelle Clans, Patronage, kriminelle Sippschaften, Vetternwirtschaft, Politiker, Mircea Basescu, Traian Basescu, Untersuchungshaft, Korruption, Drogenhandel, Prostitution, Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Wucher, Gesetzesreform, Nutu Camataru, Netzwerke, Bestechung, Bestechungsgeld, Justiz, organisierte Kriminalität