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Indien: Schienen noch aus der Kolonialzeit – Indiens Bahn soll saniert werden

 
Meldung vom 24.07.2014

Die Bahn ist in Indien das meist gewählte Fortbewegungsmittel, doch eine Reise damit ist oft lebensgefährlich. Das gesamte Schienennetz ist marode. Auf den Bahnhöfen und in den Zügen herrscht Chaos. Auf der Gehaltsliste der Bahn stehen 1,3 Millionen Menschen: Indiens völlig heruntergekommene Bahn ist einer der größten Arbeitgeber der Welt. Doch es steht eine dringende Sanierung an. Jetzt sollen höhere Preise und ausländische Investoren die Erneuerung der vergammelten Infrastruktur finanzieren.

Abid Zafar hat schon eine lange Reise über sich ergehen lassen müssen. Einen Nachtflug aus der omanischen Hauptstadt Muskat, in der der Ingenieur als einer von Millionen indischen Gastarbeitern am Golf tätig ist. Dann ging es weiter zu einer einstündigen Fahrt mit der Autorikscha vom Flughafen zum Hauptbahnhof von Neu-Delhi. Doch der letzte Abschnitt seiner jährlichen Heimreise ist derjenige, der den 37-Jährige am meisten Energien kostet: Sein Ziel ist Bareilly im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh. „Es sind nur 250 Kilometer, aber dafür braucht die indische Bahn über fünf Stunden“, klagt Zafar.

Die fünfstündige Bahnfahrt Zafars ist ein Alptraum. Bei über 40 Grad Außentemperatur kommt es auch in den klimatisierten Waggons indischer Züge zu einer Bruthitze. Aus den offenen Klos am Ende der Wagen schwappt Kloake über den Boden des Gangs. Alle paar Minuten drängen sich fliegende Händler durch die Menge, sie bieten ungenießbare Snacks und Tee feil, der mit Wasser von fragwürdiger Qualität gekocht wurde. Das Schlimmste aber sei dieses Gedränge, sagt Zafar. „Wir Passagiere sitzen Haut an Haut. Und bei dieser Hitze schwitzen alle – widerlich.“

Zafar ist einer von 23 Millionen Passagieren, die die indische Bahn an diesem wie an jedem Tag als Fortbewegungsmittel nutzen. Für die Inder ist der Zug das wichtigste Verkehrsmittel, das betrifft den Nah- wie den Fernverkehr. 8.000 Passagier- und 4.000 Frachtzüge fahren täglich über 115.000 Kilometer Schienen. Die durch das staatliche Eisenbahnministerium geführte Bahn hat 1,3 Millionen Angestellte und ist damit einer der größten Arbeitgeber der Welt.

Doch Indiens Bahn ist am Ende. Über die Hälfte des Schienennetzes wurde noch in der britischen Kolonialzeit verlegt und nie erneuert, also stammt es von vor 1947. Züge, Stellwerke, Elektrik, Bahnhöfe: Alles ist marode, schrottreif, überfüllt und schmutzig.

Zudem ist die Zugfahrt gefährlich. Pro Tag kommen durchschnittlich 40 Menschen in oder durch Indiens Bahn ums Leben. Die meisten fallen von den Dächern der überfüllten Züge oder werden an nicht gesicherten Bahnübergängen überrollt.

Der desolate Zustand der indischen Bahn hat auch etwas mit den niedrigen Fahrkartenpreisen zu tun. Obwohl Abid Zafar sich für die zweitbeste von vielen Klassen und einen Sitz in einem Waggon mit Klimaanlage entschieden hat, wird er für seine fünfstündige Odyssee nur umgerechnet sechs Euro entrichten müssen. Würde er auf Klimaanlage und Reservierung verzichten, würde sie ihn gar nur 50 Cent kosten. Paradoxerweise sind die Transportkosten für Fracht dagegen sehr hoch. Die Fracht auf der Schiene lässt sich Indien teurer bezahlen als sonst wo auf der Welt. Doch die Einnahmen aus dem Güterverkehr genügen nicht, um die Verluste beim Passagierverkehr zu überdecken. Umgerechnet über drei Milliarden Euro Schulden macht die indische Bahn im Jahr.

Mitte Juni unternahm die Regierung endlich etwas. Sie verteuerte die Preise für Bahnfahrkarten um 14,2 Prozent, Frachtkosten gingen um 6,5 Prozent nach oben. Die Überraschung dabei: Der Protest gegen die Preiserhöhung blieb aus. In der langen Schlange vor dem Schalter für Fahrkarten ohne Sitzplatzreservierung befürworten sogar die ärmsten der Bahnkunden im Hauptbahnhof in Neu-Delhi die Preiserhöhung. „Ich sehe ein, dass das notwendig ist“, meint Veje Pande, der für seine Heimreise ins 380 Kilometer entfernte Khampur auch nach der Erhöhung nur 1,30 Euro berappen muss. Zwar muss er als Packer einen halben Tag schuften, um diese Summe zu verdienen, „aber wenn der Service endlich besser wird, bin ich bereit, das zu zahlen“, erklärt Pande, während die Umstehenden zustimmend nicken.


Video-Beiträge zu diesem Thema

 Indische Bahn: Veraltet, verdreckt, verrottet




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Indien, Bahn, Schienen, Schienennetz, Kolonialzeit, marode, veraltet, Sanierung, Tote, Infrastruktur, Fahrkarten, Schulden, Fracht, Hitze, Gedränge, Klimaanlage, Service, Arbeitgeber, Investoren, Erneuerung