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Somalia: EU-Trainingsmission – Alles fängt klein an

Meldung vom 09.10.2014

Soldaten in Somalia kann man eigentlich, gemessen an unserem Standard, nicht Soldaten nennen. Der Zustand der Armee ist steinzeitlich. Die europäische Trainingsmission EUTM, bei der auch Deutschland mitwirkt, trainiert deswegen Soldaten der somalischen Armee. Die Ausbilder sind sich dabei des Risikos bewusst, dass einige der Soldaten nach ihrer Ausbildung unter Mitnahme ihrer Waffen zu den Islamisten überlaufen.

Es ist früher Morgen, am Strand von Mogadischu reflektiert das Meer das Sonnenlicht. Vom Rauschen der Wellen kann man allerdings nichts hören, die Motoren der schweren Militärfahrzeuge dröhnen zu laut. Ein Konvoi der Europäischen Ausbildungs- und Trainingsmission EUTM steht in den Startlöchern, vier gepanzerte Fahrzeuge stehen dort. Hauptfeldwebel Friedrichs ist bereit: Die Fahrt zum Trainingsgelände Al-Jazeera kann losgehen.

„Ja, ich habe einen Plattenträger, eine Schutzklasse-vier-Weste an, also mit Kevlar-Keramik Verbundplatten drin, Stichschutz, Splitterschutz, die ganze Weste wiegt so ungefähr 15 Kilo, dann habe ich noch hinten auf dem Rücken einen Wasserbeutel mit drei Litern Wasser drin, dann die Munition, die Sanitätsausrüstung, kommen wir so auf ungefähr 20, 21 Kilo Zusatzgewicht“, zählt er auf. Obwohl sie komplette Schutzkleidung tragen und außerdem Waffen haben, dürfen sich die Soldaten nur in gepanzerten Fahrzeugen fortbewegen. Das signalisiert, wie schlecht die Sicherheitslage in Somalia immer noch ist. Hauptfeldwebel Friedrichs ist trotzdem gelassen. Er wird rund sechs Wochen für eine Ausbildungseinheit in Mogadischu bleiben.

„Ich war in Afghanistan und da war es auch nicht viel sicherer, und in Afghanistan war ich 180 Tage am Stück, und von daher muss ich sagen: Für mich persönlich ist es sicher genug, also ich kann da täglich rausgehen und ausbilden.“ Einen Kilometer müssen die 120 EUTM-Mitglieder von ihrer gesicherten Unterkunft zu dem ebenfalls gesicherten Trainingsgelände zurücklegen. Der Konvoi passiert ein Flüchtlingslager, hier fristen Tausende in halb zerrissenen Zelten ein elendes Dasein – ein kurzer Einblick in das „richtige Somalia“, sagt einer der Soldaten.

Von den somalischen Soldaten sind nur einige korrekt uniformiert, andere haben teilweise zivile Kleidung an – nicht jeder verfügt über eine Uniform. Einer der Männer hat ein buntes Wickeltuch um die Hüfte geschlungen. Der Standard bei Ausbildung und Ausrüstung der somalischen Armee ist auf niedrigstem Niveau. „Ja, um das jetzt ganz vorsichtig auszudrücken: Wir bringen ihnen bei: Disziplin, Selbstachtung, und dann, sofern sie Uniformen tragen, dass die Uniform akkurat sitzt.“ In den kommenden Tagen soll das Training etwas anspruchsvoller werden. Auf dem Stundenplan stehen dann Waffentraining, taktisches Training, Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht.

„Die somalischen Streitkräfte, die wir hier vorgefunden haben am Beginn dieses Jahres, verdienen eigentlich nicht den Begriff ,Streitkräfte’ in unserem europäischen Sinne. Die haben zwar eine Bewaffnung, Munition ist sehr eingeschränkt, keine Fahrzeuge, oder nur sehr wenige Fahrzeuge, um Mobilität zu haben, keine Kommandostruktur, wie wir sie kennen, keine Hauptquartiere, wie wir sie kennen, es ist alles sehr improvisiert“, sagt Oberstleutnant Johannsen. Funkgeräte sind nicht vorhanden, die Armee bespricht sich über Handys. Abhörsicher ist das nicht, außerdem gibt es in Somalia nicht überall Netzempfang. Es kann also sein, dass ein Kommandant seine Männer im Notfall gar nicht erreicht.

Ein weiteres Problem ist die Rekrutierung der Soldaten. Bei der Auswahl der Trainingsteilnehmer hat die EUTM kein Votum. Jeder weiß, dass die Männer nicht alle neutral sind. Das ist brisant, denn wenn eine Gruppe die Truppe zu stark aus der Balance bringt, wird die nationale Armee womöglich nur noch als Clanmiliz wahrgenommen. Schon jetzt geht man davon aus, dass einige Clan-Milizen ihre Kämpfer an die Armee gleichsam ausgeliehen haben. Johannsen rechnet damit, dass einige Soldaten nach der Ausbildung samt ihrer Waffe überlaufen.

Um einer solchen Abwanderung vorzubeugen, sei es wichtig, dass die Soldaten regelmäßig ihren Lohn erhalten. „Die somalischen Streitkräfte sollen jetzt regelmäßig Sold erhalten, das wird sicherlich dazu auch führen, dass die Loyalitäten sich ändern, und die somalischen Soldaten eher ihrer Kommandostruktur gehorchen, aber nichts desto trotz wird es auch offen zugegeben, auch von dem Chef des Generalstabs, dass er nicht über alle seine Kräfte uneingeschränkten Einfluss, also Kommandogewalt hat, sondern viel auf Milizenchefs, auf Clanchefs und Zusammenarbeit angewiesen ist“, betont Johannsen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandfunk“, dradio.de

Schlagwörter: Somalia, EU, EU-Trainingsmission, EUTM, Soldaten, Militär, Streitkräfte, Ausbildung, Waffentraining, Menschenrechte, humanitäres Völkerrecht, Islamisten, desertieren, überlaufen, Lohn, Gehalt, Clan-Milizen, Mogadischu, Bundeswehr, Deutschland