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Afghanistan: Zehnjährigem Mädchen droht nach Vergewaltigung „Ehrenmord“

Meldung vom 30.10.2014

Kinder- und Frauenrechte in Afghanistan sind immer noch ein dunkles Kapitel. Derzeit kämpft Amnesty International für die kleine Brishna, die vergewaltigt wurde. Ihr Fall ist nur einer von vielen. Dennoch versucht die Organisation, viele nationalen und internationalen Entscheidungsträger angesichts dieses Vergehens wachzurütteln. Ein Mullah verging sich nach der Religionsstunde an dem Mädchen. Jetzt haben Angehörige angekündigt, sie wollten Brishna töten, weil sie ihre Familienehre geschändet sehen.

Weltweit appelliert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nun an die Menschen, sich bei Repräsentanten des afghanischen Staates für die Rettung des zehnjährigen Mädchens stark zu machen. Die Organisation will Brishna davor retten, zum zweiten Mal Opfer mittelalterlicher Geschlechterordnungen und Ehrvorstellungen zu werden. Amnesty kämpft schon seit langem für Frauenrechte in Afghanistan. Selmin Çaliskan (47), Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, war über einen Zeitraum von zehn Jahren selbst in Afghanistan tätig. Sie sagt ernüchtert: „Mädchen existieren eigentlich gar nicht in dieser Gesellschaft. Sie ,gehören' der Familie – und haben kein Recht über sich selbst zu bestimmen.“

Das furchtbare Unheil bricht am 1. Mai 2014 über Brishna herein. Nach einer Koranstunde in der Moschee vergewaltigt der Mullah, Mohammed Amin, das Mädchen. Brishna verliert so viel Blut und wird so spät in ein Krankenhaus eingeliefert, dass sie zwischenzeitlich droht, daran zu sterben. Helfer der Frauenrechtsorganisation Women for Afghan Woman, die in Kunduz eines von landesweit sieben Frauenhäusern führt, bergen Brishna nach ihrer Entlassung an einem geschützten Platz, damit sie heilen kann.

Der Täter gibt seinen Übergriff zu. Er sagte allerdings aus, Brishna habe auf ihn den Eindruck einer 17-jährigen gemacht und sie habe auf seinen Annäherungen „geantwortet“. Das Mädchen ist nach Angaben ihrer Mutter zehn Jahre alt, bringt etwas mehr als 18 Kilogramm auf die Waage, und ist, wie Fotoaufnahmen aus dem Krankenhaus zeigen, noch nicht in der Pubertät.

Als zwei Mitarbeiterinnen der Hilfsorganisation den Fall ans Licht der Öffentlichkeit bringen, erhalten sie Morddrohungen. Als sie Brishna vom Krankenhaus abholen, rottet sich dort die Großfamilie zusammen, darunter Brishnas Brüder, Vater und ein Onkel. Sie verlangen die Auslieferung des Mädchens. Eine Tante führt die Kommunikation, gibt nach Aussage der Frauenrechtlerin Dr. Hassina Sarwari zu: „Sie wollen sie umbringen und in den Fluss werfen.“

„Ehrenmorde“ wie diese gehören in Afghanistan zum Alltag. Opfer einer Vergewaltigung betrachtet man als „Schande“. Zudem sind sie nicht mehr „verheiratbar“. 150 Fälle im Jahr gelangen an die Öffentlichkeit. „Die Dunkelziffer liegt deutlich höher“, betont Amnesty-Chefin Selmin Çaliskan. Häufig würden Frauen mit Benzin übergossen und in Flammen gesetzt, da dieses leicht als Selbstmord dargestellt werden könne. In der absoluten Mehrzahl der Fälle entgehen die Täter straffrei.

Zwar wurde 2009 ein Gesetz ratifiziert, das Frauen und Mädchen vor familiärer Gewalt, Zwangsehen und Ehrenmorden schützen soll, allerdings wird dieses Gesetz in der Praxis nicht umgesetzt. Zudem sind Polizisten und Richter mit diesem neuen Gesetz nicht vertraut oder weigern sich, es anzuwenden. Mädchen wie Brishna haben keinerlei Anspruch auf Schutz. Kaum ist sie gesundheitlich wieder einigermaßen stabil, wird ihre Familie wieder das Sorgerecht erhalten. Sie habe „Heimweh“, behauptet die örtliche Polizei zur Begründung, als sie das Mädchen im Juli aus dem Frauenhaus mitnehmen.

Der Mullah sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Von dort hat Mohammed Amin vorgeschlagen, Brishna zu heiraten. Das Mädchen, das er bei seiner Vergewaltigung fast ermordet hat, soll ihn auch noch zum Ehemann nehmen! Nach Angaben der Menschenrechtskommission in Afghanistan müssen sich etwa zwei Drittel der afghanischen Mädchen unter 16 einer Zwangsheirat beugen.

Der Protestaktion von Amnesty International gewinnt derweil an Fahrt. Allein in Deutschland haben sich Tausende an der Online-Petition beteiligt, andere haben Briefe u.a. an den Justizminister in Kabul und an die afghanische Botschaft in Berlin geschrieben. Der internationale Druck auf die afghanische Regierung hat bewirkt, dass der Fall vor einem Kabuler Gericht abgehandelt wurde, das als fortschrittlicher als ein Landgericht gilt. Das Urteil in erster Instanz wurde auf 20 Jahre Haft für den Vergewaltiger festgelegt.

„Die internationale Gemeinschaft muss nun dringend dafür sorgen, dass die Rechte von Mädchen und Frauen von der jetzigen afghanischen Regierung unterstützt und hochgehalten werden“, unterstreicht Selmin Çaliskan. Unterdessen steht die afghanische Frauenrechtlerin, die den Fall öffentlich gemacht hat, selbst unter starkem Druck. Sie wurde auch aus dem Familienumfeld von Brishna mit dem Tode bedroht. Brishnas Vater hat seine Tochter aus der Schule genommen. Diese Entscheidung begründet er mit der „Schande“ durch das Geschehene.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Bild“, bild.de

Schlagwörter: Afghanistan, Ehrenmord, Vergewaltigung, Mädchen, Kind, Kinderrechte, Frauenrechte, Amnesty International, Mullah, Koranschule, Brishna, Familie, Familienehre, Frauenhaus, Gesetz, Untersuchungshaft, Mohammed Amin, Täter, Zwangsheirat, verblutet, Morddrohungen, Kabul, Gericht, Haftstrafe, Online-Petition