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Äthiopien: Blume aus Beton – Bauboom in Addis

Meldung vom 06.11.2014

In der äthiopischen Metropole Addis Abeba wandelt sich das Stadtbild. Es herrscht eine regelrechte Bauwut. Neue Hochhäuser, neue Schnellstraßen und neue Straßenbahnlinien entstehen in aller Schnelle. Addis Abeba hat sich zu einer einzigen riesigen Dauerbaustelle entwickelt. Kritiker argwöhnen, dass die äthiopische Hauptstadt zu einer Betonwüste umgestaltet wird, statt aufzublühen.

„Das hier ist die Hauptabteilung. Hier werden die Materialen zugeschnitten. Und das hier, das ist die Nähabteilung.“ Ping Ting He, eine junge Chinesin, die lieber Claire gerufen wird, führt durch eine neue Schuhfabrik an der Peripherie von Addis Abeba. Hinter ihr sitzen 700 junge Äthiopier konzentriert hinter Nähmaschinen. Vor ein paar Wochen führte die taiwanesische Firma den ersten Container nach Übersee aus: 15.000 Paare pinkfarbige und hellblaue Frauenschuhe – „Made in Ethiopia“.

Was hier am Stadtrand von Addis Abeba angekurbelt wurde, ist bemerkenswert. Die Schuhfabrik hat sich in einem gigantischen Industriegebiet niedergelassen. Dieses Gebiet soll Äthiopien dazu verhelfen, ein neuer globaler Produktionsstandort zu werden. Ganz vorne steht dabei zwar nach wie vor China. Doch steigen die Arbeitskosten dort unaufhaltsam. Und so haben bereits einige Firmen ihre Produktionsstätte ins Ausland verlegt. Sogar der schwedische Modehersteller H&M hegt den Plan, sich in Äthiopien niederzulassen.

Zu dem Industriegebiet gesellen sich weitere Prestigeprojekte, mit denen das einstige Kaiserreich Äthiopien wieder Bedeutung auf dem Weltmarkt erlangen möchte. Nach Jahren der Misswirtschaft, dramatischen Hungersnöten und einer gewaltsamen Militärdiktatur war Äthiopien Anfang der Neunziger Jahre völlig ausgeblutet. Die Mehrheit der Bevölkerung war bitterarm und ist es auch jetzt noch. Doch die neue Regierung gibt ihr Äußerstes, um das zu ändern. Shiferaw Solomon ist der für das Industriegebiet verantwortliche Ministerialbeamte. „Ich wünsche mir, dass Äthiopien ein globaler Akteur wird und für ganz Afrika eine treibende Kraft“, sagt er.

Die Regierung zahlt astronomische Anleihen aus und unterstützt damit im ganzen Land zahlreiche Mega-Infrastrukturprojekte. Bis 2025 will sich Äthiopien aus der Gruppe der ärmsten Länder lösen. So wird in Äthiopien derzeit der größte Staudamm Afrikas gebaut, der das Land und die gesamte ostafrikanische Region mit Strom versorgen soll. Vor kurzem konnte sich Ethiopian Airlines als größte Fluggesellschaft Afrikas einen Namen machen. Neue Straßen, Autobahnen, ein neues Eisenbahnnetz runden den Bauboom ab. Auch nennt das 90-Millionen-Einwohner-Land eine der größten Armeen des Kontinents sein eigen und agiert als zentrale Friedensmacht im Nachbarland Somalia. Das Profil neuer Größe soll bald auch die Hauptstadt Addis Abeba widerspiegeln.

Addis Abeba bedeutet übersetzt „Neue Blume“. Doch einen erfreulichen Anblick bot die Blume bisher nicht. Vor 130 Jahren schuf Kaiser Menelik II. die Stadt. Zu den wenigen Prunkbauten gehörten die Regierungspaläste sowie später die Gebäude der UN-Wirtschaftskommission für Afrika und der Afrikanischen Union. 1974 übernahmen Kommunisten die Macht und prägten die Stadt mit ihren Vorstellungen. Seither ragen in Addis kastenförmige Betonbauten im Sowjet-Stil in die Höhe. Aber das soll ja bald der Vergangenheit angehören.

„Addis ist die Hauptstadt Äthiopiens und Sitz der Afrikanischen Union. Jetzt endlich wird Addis eine schöne Stadt. Sie wird eine Modellstadt Afrikas.“ Dereje Tefera macht als PR-Beauftragte Werbung für das künftig wichtigste Aushängeschild der Stadt: der neuen Straßenbahn. Für 490 Millionen Dollar werden in Addis künftig zwei Linien pendeln. Eine von Nord nach Süd. Die andere von Ost nach West. 85 Prozent des Projekts finanziert China, Äthiopiens wichtigster Investor. Im Januar soll die Straßenbahn vollendet sein. Sie ist eine echte Neuigkeit im Sub-Sahara-Afrika.

Doch durch die vielen Bauarbeiten, die alle zeitgleich ablaufen, entwickelte sich das Leben der Menschen in Addis Abeba erst einmal zum Negativen. Die Baustellen bewirken Staus. Den Menschen fällt das Atmen schwer, es herrscht Smog. Wenn im Sommer die Regenzeit auf Addis Abeba niederkommt, gleicht die Stadt eher einem großen Morast. Doch wer sich entwickeln will, müsse Opfer bringen, betont Dereje Tefera, und rechtfertigt den Kurs seiner Regierung. Doch Umweltexperten kritisieren auch, dass die Aneinanderreihung von Betonbauten ganz praktisch dazu beiträgt, dass sich die Stadt aufheizt. Die Temperaturen in Addis Abeba steigen schlichtweg ins Unerträgliche. Es gibt insgesamt viel zu wenig Parks und Bäume.

Dieses Problem anzupacken, ist der Job von Alem Gizaw. Sie ist bei der Abteilung für Stadtverschönerung von Addis Abeba angestellt. Dort ist sie verantwortlich für die Gestaltung von Parkanlagen. „Früher war es so, dass die Leute ihren eigenen Garten hatten. Dort bauten sie Gemüse, Obst und Blumen an. Doch die Zeiten haben sich geändert. Addis wächst in die Breite und Platz für Grünflächen ist rar. Wir von der Stadtverwaltung müssen sicherstellen, dass es genügend Parks gibt. Wir arbeiten auch daran, alte Parkflächen wiederherzustellen.“ Vierzehn Parkflächen werden wiederhergestellt und aufgeforstet, sechs neue sollen gegründet werden. Aber ob das reicht, um der Blume ein schönes Antlitz zu verleihen?




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandradio“, dradio.de

Schlagwörter: Äthiopien, Addis Abeba, Bauboom, Wirtschaftswachstum, Baustellen, Infrastruktur, Straßen, Straßenbahn, Hochhäuser, Betonbauten, Beton, Umwelt, Parks, Grünflächen, Smog, Afrikanische Union, Industrie, Industriestandort, Arbeitskräfte, Herstellung, Hitze, Luftverschmutzung, Modellstadt, Image, Stadtverschönerung