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Indien: Wo Kinder hungern und Getreidesäcke verrotten

 
Meldung vom 21.11.2014

Indien ist ein Land der Extreme: auf der einen Seite gibt es das enorme Wirtschaftswachstum, die glamouröse Filmwelt von Bollywood und die attraktiven Standorte für die fortschrittliche IT-Branche, auf der anderen Seite quälen Armut und Hunger die Bevölkerung. In keinem anderen Land kommen mehr Kinder an den Folgen von Unterernährung ums Leben.

Karan ist winzig. Der neunjährige Junge ist viel zu klein für sein Alter, sein Bauch ist geschwollen und er hat Falten im Gesicht. Seine dunklen Haare weisen rötliche Färbung auf – all das sind untrügliche Signale für Unterernährung. Ihm mangelt es an Proteinen, Vitaminen und Mineralien. Er nimmt vor allem nur Brot und Tee zu sich. Karan muss arbeiten, täglich durchkämmt er eine der größten offenen Müllhalden in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Hier sammelt er in Flip-Flops und ohne Mundschutz oder Handschuhe alles, was sich recyceln lässt. Karan ist mit seinen neun Jahren das älteste von fünf Kindern. Seine Eltern verdingen sich als Tagelöhner und versuchen, auf Baustellen etwas Geld zu verdienen. Die Familie haust auf der Straße. Die Mutter war selber noch minderjährig, als sie Karan gebar. Alle Kinder sind klein und schlecht entwickelt. Alle müssen mitverdienen. Keines geht zur Schule – das war auch schon bei den Eltern so.

Seit Jahrzehnten bemühen sich indische Regierungen, den chronischen Hunger durch staatliche Ernährungsprogramme einzudämmen. Dafür lässt die Regierung Milliarden fließen. Eine Frau kontrolliert in einer riesigen, offenen Lagerhalle, dass die meterhoch gestapelten Getreidesäcke nicht von Ratten angefallen werden. Das Getreide ist kaum geschützt: Es gibt nur Holzpaletten von unten und ein Blechdach von oben. „Hier verrottet das Getreide, und draußen haben viele Menschen Hunger“, kritisiert die Frau und fügt hinzu: „Wir tun, was wir können, um die Säcke zu schützen, aber wenn sie draußen rumliegen, sind wir machtlos.“

Draußen vor der Halle, auf freiem Feld, stapeln sich noch mehr Getreidesäcke. Sie sind Wind und Regen ausgesetzt. Abertausende, meterhoch getürmt, – man kann die Menge kaum überschauen. Ein Teil befindet sich schon seit Jahren hier, bezeugt ein Großhändler. „Indien ist kein armes Land. Wir sind absolut in der Lage, unsere Bevölkerung selber zu versorgen“, versichert der Getreidehändler. Aber das System sei von Korruption durchdrungen. Nach Angaben des indischen Ernährungsexperten Devinder Sharma wird etwa die Hälfte der staatlichen Nahrungsmittelhilfe nicht an die Notleidenden weitergereicht. Das liegt zum einen daran, dass die Lebensmittel nicht gut gelagert werden, zum anderen versickern sie einfach im aufgeblähten Verteilsystem.

„Dieses Land vernachlässigt seine Armen auf kriminelle Weise,“ bemängelt Sharma. „Schon Mahatma Gandhi hat gesagt, dass ein Land wie Indien keine massenhafte, industrielle Produktion von Nahrungsmitteln braucht, sondern eine Produktion, von der die Bevölkerung leben kann, weil sie an ihr beteiligt ist. Wir brauchen einen lokalen Ansatz. Für die Produktion, die Verteilung und den Verbrauch.“

Indien verzeichnet seit den 90er-Jahren ein enormes Wirtschaftswachstum. Dennoch ist jedes dritte Kind mangelernährt und zu schmächtig wie Karan. Der kleine Müllsammler aus Neu-Delhi hat mit Mühe bis jetzt überlebt. Karan und seine Geschwister leiden häufig unter Durchfall. Sie haben wie etwa 600 Millionen andere Inder keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen und fließendem Wasser. Daher drohen ihnen viele Infektionskrankheiten. Der ständige Durchfall zehrt an ihren Kräften. Die fehlende Aufklärung in Sachen Ernährung, Hygiene und Gesundheit tut ihr Übriges.

Indiens Hungerkrise lässt sich nicht nur auf den Mangel an Nahrung zurückführen. Neben der mangelnden Hygiene muss auch das schnelle Bevölkerungswachstum und das traditionelle Kastensystem berücksichtigt werden. Karans Familie zählt zur Kaste der Dalits. Dalits stehen an der untersten Stufe der Gesellschaft und werden als „unberührbar“ eingestuft.


Video-Beiträge zu diesem Thema

 Indien - Das Leben mit dem Hunger




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ARD-Nachrichten online“, ard.de

Schlagwörter: Indien, Hunger, Wirtschaftswachstum, Kinder, Bollywood, Extreme, Nahrungsmittel, Getreide, Lagerung, Korruption, Dalits, Logistik, Hygiene, Krankheiten, Kinderarbeit, Kastensystem, Bevölkerungswachstum, Mahatma Gandhi, Nahrungsmittelhilfe, Ernährungsprogramm, Regierung, Verteilung, Nahrungsmittelindustrie, Unberührbare