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Äthiopien: Wo Journalisten einfach weggesperrt werden

Meldung vom 26.11.2014

Die äthiopische Regierung beschneidet vehement die Pressefreiheit und bedroht Journalisten, die sich nicht unterordnen. Wer die Regierung anzweifelt, dem wird der Prozess gemacht.

Äthiopien weist ein beachtliches Wirtschaftswachstum auf und entwickelt sich schnell. Bei Menschenrechts- und Presse-Rankings liegt das ostafrikanische Land allerdings oft an den letzten Stellen. Im Jahr 2013 wurden in Äthiopien gleich hinter Eritrea am meisten Journalistenverhaftungen in ganz Afrika registriert. Im Jahr 2014 wird der Negativrekord wohl noch gesteigert werden, sind doch in den vergangenen Monaten erneut Magazinherausgeber, Journalisten und Blogger im Gefängnis gelandet.

Als Stabilitätsanker am Horn von Afrika, als Land, in dem der wirtschaftliche Boom und der entwicklungspolitischen Fortschritt sowie das überwiegend friedliche Zusammenleben von Muslimen und Christen vorherrschen, fallen die alarmierenden Menschenrechtsverletzungen weniger ins Auge. Wer in Äthiopien Journalisten über die Zustände der Pressefreiheit befragt, trifft auf eisernes Schweigen. Niemand vor Ort würde inzwischen wagen, sein Leben zu riskieren und dem herrschenden Einparteienregime einen Anlass für Vorwürfe zu liefern.

Mithilfe des 2009 beschlossenen Antiterrorgesetzes, das eigentlich die Sicherheit vor Al-Schabaab und anderen Al-Kaida-Kämpfern zum Ziel hatte, fällt für die äthiopischen Behörden jedes Hindernis weg, Journalisten einfach wegzusperren. Handfester Beweise für die Anzettelung von Aufständen oder die Zusammenarbeit mit terroristischen Gruppierungen sind nicht mehr notwendig. Ein kritisches Wort gegen die von der Revolutionären Demokratischen Front der Äthiopischen Völker (EPRDF) geführten Regierung und den Präsidenten genügt, und die unbequeme Person findet sich hinter Gittern wieder.

Im Fall der sieben Blogger und drei Journalisten von Zone 9, deren Festnahmen im März 2014 samt anschließendem Prozess auch im Ausland wahrgenommen wurden, wird eine mutmaßliche Verbindung zur Oromo-Befreiungsfront (OLF) und zu Ginbot 7 als Grund angeführt. Die beiden Gruppierungen sind politische Parteien, die vom Staat als terroristische Organisationen eingestuft werden, was die Verhaftung rechtfertigt. Die Beschuldigten dementieren bis dato allerdings jeglichen Zusammenhang mit den Gruppierungen.

Laut Soliyana Shimeles, selbst eine der Zone-9-Blogger, ist ein auf Computern gefundenes Parteiprogramm der Oromo-Befreiungsfront das einzige Beweismittel, auf das die Justiz bisher zurückgreifen konnte. „Das Parteiprogramm ist Open Source und für jeden online abrufbar“, so Soliyana Shimeles.

Shimeles, Mitbegründerin von Zone 9, hätte ebenfalls festgenommen werden sollen. Doch zur Zeit der Verhaftung war sie gerade in den USA unterwegs, um den UN-Menschenrechtsrat über die Lage in Äthiopien zu unterrichten. So konnte sie dem Zugriff durch die Polizei entkommen.

Die Gruppe hatte sich in ihren Blogeinträgen kritisch über die Menschenrechtssituation geäußert und unter anderem auch politischen Gefangenen einen Besuch abgestattet. Der Blog wurde in Anlehnung an eine Haftanstalt in Addis Abeba, in der es acht Zonen gibt, Zone 9 genannt, der Name verweist somit auf ein Gefängnis außerhalb des Gefängnisses.

Nun befindet sich das Kollektiv selbst in einem Trakt und harrt seit einem halben Jahr auf ein Gerichtsurteil, das im schlimmsten Fall eine Haftstrafe von bis zu fünfzehn Jahren mit sich führen kann. Der Prozess wurde nun bereits zum zwölften Mal vertagt, Anfang Dezember ist der nächste Termin anberaumt. Die ersten drei Monate nach der Festnahme wurden die Blogger völlig ohne Anklage gefangen gehalten. In dieser Zeit, bezeugen sie, seien sie auch gefoltert worden. Derzeit ist ihnen im Gefängnis das Lesen von Büchern verwehrt, und die Besuchszeiten wurden insbesondere für die zwei weiblichen Zone-9-Mitglieder stark reduziert.

Einer der Häftlinge, Befeqadu Hailu, beschreibt, wie er verhört wurde und dass er immer wieder mit der Frage gequält wurde: „Was glaubst du, welches Verbrechen du begangen hast?“ Damit wollte man ihn zu einem Schuldeingeständnis führen. Die ernüchternde Schlussfolgerung von Hailu: „Menschen, die über die politische Realität in Äthiopien schreiben, werden, solange sie hier leben, immer von der Einkerkerung bedroht sein.“

Auch das Internet ist gänzlich unter der Kontrolle der Regierung. Eine Reihe von Webseiten wird in Äthiopien gestört und Spyware zur Überwachung eingesetzt. Der „kritische Blick“ von innen auf das Land kommt de facto nicht mehr vor, wie auch Soliyana Shimeles weiß: „Mittlerweile gehen die meisten auf Nummer sicher.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at

Schlagwörter: Äthiopien, Pressefreiheit, Journalisten, Regierung, Regime, Presse, Medien, Verhaftung, Antiterrorgesetz, Folter, Schikane, Bedrohung, Opposition, Computer, Internet, Blog, Zone 9, Gerichtsurteil, Einkerkerung, Addis Abeba, Menschenrechte, UN-Menschenrechtsrat, Spyware