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Südsudan: Aids-krank inmitten des Bürgerkriegs

Meldung vom 28.11.2014

Sabur Samson musste für die Fahrt im „Bodaboda“, einem Motorradtaxi, zum HIV-Zentrum des Zivilkrankenhauses in Maridi im südsudanesischen Bundesstaat Western Equatoria umgerechnet sechs US-Dollar bezahlen. Das bedeutet für die 27-Jährige, dass sie in den nächsten Tagen auf Nahrung verzichten muss.

Die blinde, HIV-infizierte und alleinerziehende Mutter zweier Kinder kann sich auf keinerlei Hilfe stützen. „Viele meiner Nachbarn bleiben aus Angst, sich anzustecken, auf Distanz“, klagt Samson. Gleich neben ihr sitzt Khamis Mongo, die genau die gleichen Erfahrungen gemacht hat wie Samson. „Es gibt Menschen, die würden niemals von meinem Teller essen“, bezeugt die 32-Jährige. Die beiden Frauen zählen zu den fast 1.000 HIV-Patienten des Zentrums, von denen ein Viertel das Glück hat, eine antiretrovirale Therapie (ART) zu bekommen. Landesweit haben nur zehn Prozent aller Aids-Kranken Zugriff auf die lebensverlängernden Medikamente.

Viele Patienten legen 100 Kilometer lange Wege zurück, um das Zentrum zu erreichen. „So viele müssen sterben, weil sie sich die Fahrtkosten nicht leisten können, die sie aufbringen müssen, um die Arzneien abzuholen“, kritisiert die Klinikmitarbeiterin Suzie Luka. Eine 80 Kilometer lange Fahrt im Bodaboda von Ibba nach Maridi kostet umgerechnet 47 Dollar.

Das Gesundheitszentrum in Maridi ist überfordert. Die Anlaufstellen für HIV/AIDS-Patienten in anderen Landesteilen kämpfen mit ähnlichen Problemen. Sie schaffen es nicht, die Seuche unter Kontrolle zu bringen. Es liegen aber auch denkbar schlechte Voraussetzungen vor, die Immunschwäche zu bekämpfen.

Das mit dreieinhalb Jahren jüngste Land der Welt blickt auf einen 21-jährigen bewaffneten Konflikt gegen den Norden, dem Sudan, zurück. Das Land hat sich daher kaum entwickeln können. Und seit die Wunschvorstellung von einem dauerhaften Frieden in einem unabhängigen Südsudan nach dem Ausbruch der politischen und ethnischen Machtkämpfe zerplatzt ist, hat sich die Lage an der HIV/Aids-Front weiter verschlimmert.

Dem Aids-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) zufolge sind derzeit 150.000 Südsudanesen mit der Krankheit infiziert. Die nationale HIV-Prävalenz liegt bei unter drei Prozent und nimmt beständig zu. Im letzten Jahr starben bis zu 12.500 Menschen an den Folgen von Aids, weitere 15.400 Menschen infizierten sich. 72.000 Südsudanesen sind dringend auf die lebensverlängernden Medikamente angewiesen.

Evelyn Letio vom Südsudanesischen Netzwerk HIV-positiver Menschen erkennt mehrere Gründe, warum das HIV-Problem nicht in den Griff zu bekommen ist. Zum einen mangelt es an geschultem medizinischen Fachpersonal und medizinischer Ausrüstung, zum anderen spielt auch die Stigmatisierung und Diskriminierung der Betroffenen und insbesondere der Frauen eine wichtige Rolle.

„Gemeindeführer sind schnell mit Scheidungen einverstanden, wenn eine Frau HIV-positiv ist und ihr Mann will, dass sie das Haus verlässt“, erklärt Letio. „Ist ein Mann HIV-positiv, dann wird den Frauen untersagt, das Haus zu verlassen. Sie sollen den Kranken schließlich pflegen.“ Auch wenn die Regierung Berichte über eine Diskriminierung von HIV-Positiven abtut, so ist es doch eine Realität, dass Menschen, die als HIV-positiv gebrandmarkt sind, ihren Arbeitsplatz verlieren. „Die Betroffenen werden zudem als ,lebende Leichen’ bezeichnet“, bemerkt Letio.

Kaum finanzielle Ressourcen, mangelhafte Infrastruktur und fehlendes Personal machen die Bemühungen, die HIV-Versorgungsleistungen auf andere Betroffene auszuweiten, so gut wie unmöglich. Nur 20 Prozent der Gelder, die für die Bekämpfung von Aids im Staatshaushalt vorgesehen waren, sind wirklich angekommen.

Mongo und Samson wissen, dass der Klinik in Maridi häufig die Medikamente ausgehen. Für sie heißt das, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut anreisen müssen. Oder aber das Krankenhauspersonal erscheint nicht mehr zum Dienst, nachdem ihm über Monate hinweg der Lohn vorenthalten wurde. „Mit der Behandlung gibt es Probleme“, gibt Habib Daffalla Awongo zu. Der Beamte ist in der Südsudanesischen AIDS-Kommission für die Programmkoordinierung verantwortlich. Schon vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs seien nur 22 Gesundheitszentren so ausgestattet gewesen, dass sie antiretrovirale Medikamente ausgeben konnten.

Im Dezember 2013 hatten die besonders von der Gewalt betroffenen Aids-Zentren in Bor, Malakal und Bentiu ihre Arbeit einstellen müssen. Was aus den 1.140 Patienten geworden ist, weiß kein Mensch. Die meisten von ihnen haben die Medikamenteneinnahme wohl unterbrochen, was sie wiederum in Lebensgefahr bringt. „Wir haben viele Patienten durch den Konflikt verloren. Einige sind in den Kämpfen gestorben, andere in friedlichere Regionen abgewandert“, meint Awongo.

Nach UN-Schätzungen hat der Ausbruch des jüngsten Konflikts im Dezember 2013 1,9 Millionen Menschen in die Flucht geschlagen. Ein Teil ist in die Nachbarländer ausgewichen, während 1,4 Millionen in 130 Flüchtlingslagern innerhalb des Südsudans untergekommen sind. Für 70 Prozent sind die Hilfszentren aufgrund ihrer geographischen Entfernung nicht zugänglich, wie eine Studie der HIV/Aids-Allianz herausfand. Das Land sei aufgrund seines Fachkräftemangels und der äußerst eingeschränkten organisatorischen und technischen Möglichkeiten gar nicht in der Lage, angemessen mit der Seuche umzugehen.

Mehrere Flüchtlingslager ballen sich in der südsudanesischen Hauptstadt Juba. Dort reihen sich Zelte an Zelte und verschaffen insgesamt 31.000 Vertriebenen ein provisorisches Obdach. Einer von ihnen ist Taban Khamis (Name geändert), der vor den Kämpfen aus der Ölstadt Bentiu, 1.000 Kilometer nördlich von Juba, ausgerissen ist. Auch er hatte keine andere Wahl, als seine Medikation zu unterbrechen. Obwohl ihm bewusst ist, dass sich sein Zustand sehr schnell verschlechtern wird, will er aus Angst vor einer Stigmatisierung nicht bei der HIV-Klinik im Lager um Hilfe bitten. „Das Camp ist voll. Es gibt keine Privatsphäre“, erklärt er. „Jeder wird wissen, dass ich HIV-positiv bin.“

Ausgerechnet in den Lagern stecken sich immer mehr Menschen an. Die Menschen leben auf so engem Raum, dass das Virus ein leichtes Spiel hat. Das hat auch Awongo festgestellt. „Wir ermutigen die Menschen, sich außerhalb medizinische Hilfe zu holen. Doch passiert das nicht.“

Hauptursachen für die Verbreitung der Krankheit sind früher sexueller Verkehr, keine Aufklärung über HIV und kein Zugriff auf Kondome, Vergewaltigungen, geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen und die Stigmatisierung der Betroffenen, die es mit sich führt, dass die Infizierten sich nicht melden.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: afrika.info

Schlagwörter: Südsudan, Aids, Bürgerkrieg, Medikamente, Gewalt, Flüchtlinge, HIV, Infizierte, antiretrovirale Medikamente, Krankenhäuser, Medizin, Therapie, Stigmatisierung, Diskriminierung, Flüchtlingslager, Verbreitung, Bor, Malakal, Bentiu, Virus