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Afghanistan: Als Journalistin allein unter den Taliban

Meldung vom 03.12.2014

In Afghanistan ist Pressefreiheit offiziell im Gesetz verankert. Doch Journalistinnen sind in dem Land extrem bedroht. Sie hat schon vieles mitgemacht: Die Afghanin Farida Nekzad wurde bedroht, verfolgt und konnte einem Bombenanschlag nur knapp entgehen. Schließlich blieb ihr nur noch die Flucht nach Hamburg. Aber sie will nach Afghanistan zurückkehren und weitermachen.

Nekzad ist seit knapp 15 Jahren als Journalistin in Afghanistan unterwegs. Die Bedingungen für weibliche Journalistinnen in dem Land sind sehr schwierig, Farida Nekzad berichtet: „Offiziell gibt es Pressefreiheit, aber es gibt viele Leute, denen das nicht passt, vor allem Warlords und Kriminelle. Sie gehen gegen jeden vor, der ihre Machenschaften aufdeckt, gegen Frauen ganz besonders“. In den vergangenen Jahren wurde extreme Gewalt gegen Frauen verübt, ihnen werden die Nasen abgeschnitten, sie werden vergewaltigt und getötet. Die Täter müssen so gut wie nie mit einer Strafverfolgung rechnen.

Die mutige Frau erhält seit fast zehn Jahren regelmäßig Drohungen, per Mail und Telefon. 2003 wurde sie im Taxi beinahe verschleppt, weil ihre Agentur gerade eine Geschichte über Warlords veröffentlicht hatte. Sie konnte nur unbeschadet entkommen, weil sie aus dem fahrenden Auto gesprungen ist. Seitdem fährt sie immer in wechselnden Autos, wenn sie in Afghanistan unterwegs ist. Anfang des Jahres drangen Taliban bis kurz vor ihr Büro vor und zündeten im Flur einen Sprengsatz.

Ihre Familie weihte sie lange Zeit nicht in ihre Tätigkeit ein. Sie musste es verheimlichen, weil ihre Familie sie sonst nicht hätte weiterarbeiten lassen. Sie wohnt mit ihrem Ehemann und seiner Großfamilie in Kabul, sie pflegen engen Umgang miteinander. Aber 2007 rief sie die Polizei zur Hilfe, nachdem sie auf der Beerdigung einer Freundin einen Droh-Anruf erhielt: „Tochter Amerikas, wir werden dich umbringen.“ Ab dem Zeitpunkt hat sie ihrer Familie eröffnet, womit sie ihr Geld verdient. „Mein Mann ist auch Journalist, er versteht, wie wichtig mir der Job ist. Er hat mich immer unterstützt und tut es jetzt auch, wir skypen und telefonieren regelmäßig“, sagt sie.

Trotz des hohen Risikos hält es Nekzad noch lange in Afghanistan aus. Schließlich blieb ihr vor allem wegen ihrer Tochter kein anderer Ausweg, als das Land zu verlassen. Kurz bevor sie beschloss, Afghanistan den Rücken zu kehren, wurde ein afghanischer AFP-Journalist mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in einem Hotel in Kabul erschossen. Meine Tochter hat die Bilder im Fernsehen verfolgt und war geschockt. Tagelang wollte sie immer wieder wissen: „Warum machen das die Taliban? Warum ermorden sie Kinder?“ Nach dem Anschlag auf mein Büro hat sie nächtelang nicht geschlafen und war in Tränen aufgelöst. Sie ist erst vier Jahre und viel zu klein, um solche Belastungen ertragen zu können.

Die Familie suchte Asyl in Hamburg. Dort geht es ihnen gut: „Ich fühle mich sicher, und vor allem kann ich mich darauf verlassen, dass es meiner Tochter gut geht. Ich kann Sie in den Garten zum Spielen schicken, ohne Angst zu haben, dass ihr etwas passiert. Ich selbst lerne Deutsch, halte Vorträge, treffe verschiedene Organisationen und Leute und arbeite an meinem Buch über Bürgerjournalismus“.

Bürgerjournalismus gehört zu den neuen Verbreitungsmöglichkeiten von Nachrichten, die zunehmend auch in Afghanistan genutzt werden. Fast jeder Afghane verfügt heute über ein Handy. Daran kann man den größten Fortschritt der letzten Jahrzehnte ablesen. Das verschafft den Journalisten ganz neue Chancen: Plötzlich können sie junge Leute und Frauen mit Nachrichten erreichen – und umgekehrt sie auch die Medien. Die Menschen lernen langsam, dass sie sich mit ihren Handys stärker einbringen können, SMS schreiben oder anrufen können, wenn es wichtige Vorfälle in ihrer Region gibt. Da ist ein kurzer Text ausreichend: „Wir haben eine Schule, aber keine Lehrer. Schreibt ihr drüber?“

In dem Büro in Kabul, in dem Nekzad arbeitet, sind 24 Investigativjournalisten, Männer und Frauen, beschäftigt. Zudem sind zehn Korrespondenten in den größten Provinzen unterwegs. Um alle Regionen abzudecken, reicht das Geld nicht. Deswegen ist der Bürgerjournalismus eine große Chance auf mehr Medienpräsenz.

Die Nachrichtenagentur Wakht, in der Nekzad arbeitet, finanziert sich über verschiedene Einnahmequellen. Zu einen unterstützen die Abonnenten die Agentur, zum anderen bezieht sie Geld durch Werbung und den Verkauf von Bildern. Zusätzlich wird die Agentur von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen aus den USA unterstützt. Ihre Zukunft sieht die Journalistin in Afghanistan. Ihr Aufenthalt in Deutschland ist noch bis zum Sommer 2015 finanziert. Dann will sie in ihre Heimat zurückkehren. „Es gibt nicht viele Frauen, die für Menschenrechte in Afghanistan kämpfen. Ich muss weitermachen“, sagt die Frau beherzt.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Afghanistan, Journalismus, Taliban, Frauen, Journalistin, Beruf, Medien, Presse, Pressefreiheit, Asyl, Bedrohung, Drohanrufe, Attentat, Sprengstoffattentat, Bombe, Schikane, Hamburg, Kabul, Nachrichten, Nachrichtenagentur, Diskriminierung, Bürgerjournalismus, Menschenrechte, Frauenrechte, Flucht, Handy, Internet