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Philippinen: Exportware Mensch

Meldung vom 02.04.2015

Das größte Exportgut aus den Philippinen ist der Mensch: Ein großer Teil der Bevölkerung wohnt und arbeitet inzwischen im Ausland. Die Politik wertet das als Erfolg und gibt den Auswanderern Rückendeckung. Forscher dagegen attestieren dem Staat schlichtweg Versagen.

Die Aussprache des „ch“ in Bauch ist eine Qual für Philippiner. Beim Deutschkurs des Goethe-Instituts in Manila bemühen sich einige, mit „Er hat Bau-weh“ davonzukommen, aber die Lehrerin lässt das nicht durchgehen. Rund 20 Krankenschwestern und Pfleger pauken hier für die Deutschprüfung. Ein „ch“ in Bauch ist für Pfleger notwendig, ebenso kommen sie nicht an dem Zungenbrecher „Stützstrümpfe“ vorbei.

Lorenzo Ancheta (26), Francis Verdadero (25) und Sheila Monte (35) zieht es nach Deutschland. Der Pflegenotstand und ein Programm der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) machen ihnen den Absprung leicht. Es wurde in Manila eigens eine Behörde für Arbeiter in Übersee (POEA) eingerichtet, die „Weltklasse-Migranten“ auf dem Arbeitsmarkt vermitteln will, wie sie schreibt.

Barmixer, Hausangestellte, Reinigungskräfte, Klempner, Rohrleger, Schweißer, Erntehelfer und Matrosen stehen ebenfalls im Angebot. Das Inselreich liefert Arbeiter seit 40 Jahren in alle Welt. Die Bevölkerung in dem armen katholischen Land wuchs enorm ohne Aufklärung und Verhütungsmittel. Der Staat konnte das Problem nicht lösen, es gab nicht ausreichend Arbeitsplätze.

„Was ist das für ein Staat, der sein eigenes Volk exportiert?“ kritisiert Robyn Magalit Rodiguez, Dozentin für Asien-Amerika-Studien an der Universität von Kalifornien. „Er behandelt die Menschen wie Ware.“ Ein Staat, der für sein Volk keine anständige Existenzbasis schaffe, habe versagt.

Heute verdingt sich jeder zehnte der 100 Millionen Philippiner im Ausland, schätzt die Kommission für Übersee-Philippiner. Die Migranten-Behörde beobachtet, dass täglich mindestens 4.300 Menschen ins Ausland gehen. Der Export ist lukrativ: Ihre Geldüberweisungen machen rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

Die Philippiner sind in aller Welt gerne gesehen: fromm, Familienmenschen, gewissenhaft, loben sie die Personalchefs. Jeder beherrscht Englisch. Das Land stand Jahrhunderte erst unter spanischer, dann amerikanischer Herrschaft und ist westlich geprägt. Einen guten Ruf haben sie auch in der arabischen Welt und Asien: Eine Viertelmillion Philippiner schuftet in Saudi-Arabien, 180.000 in den Vereinigten Arabischen Emiraten, 160.000 in Singapur.

„Die Migranten sind die Lebensretter unserer Wirtschaft“, gibt Len Cabinig von der Organisation Migrante zu, die sich um zurückgebliebene Familien kümmert. „Ohne ihre Überweisungen würden wir untergehen. Aber statt immer weiter Leute ins Ausland zu schicken, müsste der Staat die heimische Wirtschaft stärken, um hier Jobs zu schaffen.“

Denn gesellschaftlich sind auseinander gerissene Familien eine schlechte Investition in die Zukunft: Kinder werden bei Großeltern aufgenommen, manche Mutter sieht ihre Kinder nur alle zwei Jahre auf zweiwöchigem Heimatbesuch. „Wir haben viele Kinder von Migranten im Ausland hier, die Drogen nehmen, in Gesetzeskonflikte geraten oder als Teenager schwanger werden“, erklärt Cabinig.

Die Migranten selbst sind im Ausland oft sehr verwundbar. Regelmäßig werden Skandale mit misshandelten Hausangestellten bekannt. „Ausländer haben in vielen Ländern weniger Rechte. Das nutzen Arbeitgeber oft aus“, weiß Rodriguez. Die Walk-Free-Stiftung gegen Sklaverei geht davon aus, dass eine Viertelmillion Philippiner in sklavenähnlichen Bedingungen arbeitet – viele davon im Ausland. Doch die Pfleger im Goethe-Institut lassen sich trotz dieses Wissens nicht von ihrem Vorhaben abbringen.

„Ich will meine Mutter unterstützen“, betont Ancheta. „Ich will neue Horizonte entdecken“, meint Verdadero und Monte „will die Welt bereisen“. Alle haben Bekannte, die vor ihnen in die Fremde gezogen sind. „Arbeiten in Deutschland ist wie ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist“, hat eine Freundin Monte berichtet. Ihr deutsches Lieblingswort: genau. Es drückt Präzision aus und ist eine fantastische Antwort auf ganz viele Fragen, meint sie.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „n-tv“, n-tv.de

Schlagwörter: Philippinen, Arbeitsmigranten, Auswanderer, Export, Exportware, Pfleger, Pflegenotstand, Deutschland, Arbeitsplätze, Goethe Institut, Sklavenarbeit, Hausangestellte, Wirtschaft, Wirtschaftsleistung, Geldüberweisungen, Armut, Migranten