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Somalia: Wiedereinführung der Scharia als politische Waffe

Meldung vom 25.03.2009

Somalia steht kurz davor, die Scharia wieder einzuführen. Das Parlament muss sich mit dem Entschluss nur noch einverstanden erklären. Welche Folgen die Einführung des islamischen Rechts in Afrika hat, kann man im Sudan und in Nigeria sehen.

Nicht erst seit dem Fall von Amina Lawal führt die Scharia zu Auseinandersetzungen zwischen Rechtsgelehrten, Muslimen und Menschenrechtlern. Die Nigerianerin Amina Lawal war 2002 in Nigeria zum Tode durch Steinigung verurteilt worden. Ihr wurde vorgeworfen, sie habe Ehebruch begangen. Darauf steht nach der Scharia die Todesstrafe. Ein Jahr später wurde im Falle von Amina Lawal Berufung eingelegt und das Urteil aufgehoben. Die Frau ist nur knapp dem Tode entronnen, weil das Berufungsgericht das Verfahren für ungerecht hielt.

Trotz der Einführung der Scharia im Jahr 2000 ist in Nigeria kein Todesurteil wirklich vollstreckt worden. Emmanuel Ogbunwezeh von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte sieht darin einen klaren Verdienst seiner Organisation: „Es geschieht deshalb nicht, weil alle Augen auf sie gerichtet sind“, meint der Nigerianer. „Wir setzen sie unter Druck, damit es keine Steinigungen gibt. Es ist unmenschlich und es sollte nicht in einem Land vorkommen, das sich entwickeln will und zu der Gemeinschaft der Nationen des 21. Jahrhunderts gehören möchte.“

Die Scharia umfasst die ethischen und moralischen Pflichten eines Muslims. Der problematische Teil dieser Vorschriften besteht aus dem Strafrecht, das harte Konsequenzen für Mord, außerehelichen Geschlechtsverkehr, Diebstahl und Alkoholkonsum fordert. Islamische Länder wie Ägypten, Algerien und Marokko haben diesen Teil der Scharia wegen der Brutalität nicht in ihr Rechtssystem verankert. Zu den Strafen zählen Amputationen, Auspeitschen und auf dem Papier auch die Steinigung. Dass diese in Nigeria nicht umgesetzt wird, sieht Roman Loimeier vom Zentrum Moderner Orient in Berlin als ein Argument dafür, dass die Scharia eher zu politischen Zwecken eingesetzt wird, als dass rein religiöse Überzeugungen dahinter stecken. „Das weist darauf hin, dass es bei der Diskussion um die Scharia nicht um eine rechtliche, philosophische oder theologische Debatte geht, sondern um eine politische.“

Die Scharia wird in Afrika als Instrument zur Machtausübung gebraucht, kritisiert Loimeier. Auch Abdullahi Ahmed An-Na'im, Sudanese und Rechtsprofessor an der Emory-Universität in Atlanta, verbindet mit dem Einsatz der schariatischen Rechtsprechung die Ausübung von Macht. Sie werde dazu missbraucht, die Bevölkerung zu kontrollieren und zu manipulieren. „An den Rand gedrängte, arme Teile der Bevölkerung, vor allem ungebildete, verletzliche Frauen werden darin gefangen“, erklärt An-Na'im, „um eine Demonstration abzuliefern, um politische Propaganda zu betreiben.“

Rechtsexperte An-Na'im sieht in der Umsetzung der Scharia eine Doppelmoral. „Ich glaube nicht, dass die Scharia irgendwo ehrlich und konsequent eingesetzt wird. Denn wenn das der Fall wäre, müsste sie für die mächtigen Herrscher genauso wie für die ärmere Bevölkerung gelten. Die herrschende Elite benutzt sie, um ihre Korruption zu vertuschen.“

In Somalia, wo sich die Regierung vor kurzem entschlossen hat, die Scharia durchzusetzen, erhofft man sich dadurch stabilere Verhältnisse im Land. Zunächst könnte das auch gelingen, weil die Menschen aus Angst vor den Strafen keine Verbrechen mehr ausüben. Roman Loimeier bezweifelt jedoch, dass dieser Zustand von langer Dauer sein wird. „Vermutlich werden die Menschen in Somalia, ähnlich wie in Nordnigeria, sehen, dass auch diese Strafen Kriminalität nicht beenden werden und dann wird es auch dort zu einer Ernüchterung kommen.“




Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de