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Mexiko: Wahlkampf mit schusssicherer Weste

Meldung vom 02.06.2015

Morde, Entführungen und Drohungen sind die unangenehmen Begleiterscheinungen vom Wahlkampf in Mexiko. In einigen Regionen Mexikos nimmt der Wahlkampf äußerst grausame Formen an. Aus Angst um ihr Leben ziehen einige ihre Kandidatur zurück, andere lassen sich von den Kartellen gut entlohnen.

Wenn Hipólito Mora zu einer Kundgebung fährt, hat er immer eine schusssichere Weste an. Er bewegt sich nur in einem gepanzerten Geländewagen fort und geht nur mit einer Eskorte von Leibwächtern umher. Auf den früheren Bürgerwehr-Kommandanten aus dem mexikanischen Bundesstaat Michoacán haben die Kartelle ein Kopfgeld ausgesetzt, mit jedem öffentlichen Auftritt in der Unruheregion im Westen des Landes geht der Kandidat der Linkspartei Movimiento Ciudadano ein Lebensrisiko ein.

„Es gibt viele Leute, die ein Interesse daran haben, mich umzubringen“, betont Mora bei einem Wahlkampftermin in der Provinzhauptstadt Morelia. „Der Gouverneur hat mehr Leibwächter als ich. Aber ich habe etwas für Michoacán getan und er nicht. Ob mit oder ohne Leibwächter, ich mache meinen Wahlkampf.“

Bei den Parlaments- und Regionalwahlen am Sonntag (07.06.2015) werden alle 500 Abgeordneten auf Bundesebene, neun Gouverneure und knapp 900 Bürgermeister in 16 Bundesstaaten bestimmt. Unter den Regionen, in denen neue Gouverneure und Bürgermeister aufgestellt werden, befinden sich auch die Unruheprovinzen Guerrero und Michoacán.

Bislang sind im Wahlkampf bereits mindestens fünf Politiker ermordet worden. Zahlreiche weitere wurden attackiert, verschleppt oder mit Morddrohungen in Angst und Schrecken versetzt. „Ich will das nicht herunterspielen, aber nicht alle Fälle haben mit den Wahlen zu tun“, erklärt Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong. „Teilweise handelt es sich um Auseinandersetzungen (krimineller) Gruppen.“

Welche Motivationen die Drogenkartelle haben, ist nur schwer zu deuten. Nach Einschätzung von Experten jedoch mischen sie immer mehr in der Politik mit. „Es geht nicht mehr nur um die Erpressung von Staatsbediensteten. Die kriminellen Gruppen versuchen vielmehr, gleich ihre eigenen Kandidaten zu installieren“, meint der Leiter der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Mexiko, Stefan Jost. „Das ist noch mal eine ganz andere Dimension.“

In besonders von Gewalt heimgesuchten Bundesstaaten liegt aus Angst vor Angriffen praktisch der gesamte Wahlkampf still. Zuletzt hatten die Drogenbanden in der Ortschaft Chilapa in Guerrero 16 Menschen in ihre Gewalt gebracht. Die Gemeinde zeichnet sich durch ein wichtiges Mohnanbaugebiet für die Opiumproduktion aus und ist daher ein Zankapfel für die Banden Los Rojos und Los Ardillos, die sich heftige Gefechte darum liefern. Anfang Mai wurde der Bürgermeisterkandidat der Regierungspartei PRI dort von einer Kugel niedergestreckt.

„In Chilapa macht keiner Wahlkampf, damit würde man sein Leben aufs Spiel setzen“, bezeugt der Regionalvorsitzende des Movimiento Ciudadano, Adrián Wences. Die Kandidaten der Partei ließen sich höchsten bei Hausbesuchen zu den Wählern blicken, vermieden aber öffentliche Kundgebungen.

Dabei sind die Zwischenwahlen zur Hälfte der Amtszeit von Präsident Enrique Peña Nieto nicht zu unterschätzen. Sollte die Regierungspartei PRI es nicht erreichen, eine Mehrheit in der Abgeordnetenkammer zu bilden, könnte es zu einer Patt-Situation im politischen System kommen. „Dann muss sich die Regierung für ihre Projekte punktuell Partner suchen. Das ist mit hohen politischen Kosten verbunden“, stellt KAS-Leiter Jost fest. Peña Nieto hatte zu Beginn seiner Amtszeit große Fortschritte erzielt und mit Hilfe eines parteienübergreifenden Bündnisses innerhalb kürzester Zeit eine Reihe umwälzender Strukturreformen realisiert.

Zuletzt verebbte der viel beschworene „Mexican Moment“ allerdings. Die Wirtschaft wächst nur noch langsam und trotz einiger Erfolge im Kampf gegen die Drogenkartelle können die Behörden die desolate Sicherheitslage nicht unter Kontrolle bekommen. Mit der Entführung und dem mutmaßlichen Mord an 43 Studenten des linken Lehrerseminars Ayotzinapa im vergangenen Jahr offenbarte sich vielmehr erneut, wie verwickelt Politik, Polizei und Drogenmafia in Mexiko noch immer sind. Das Vertrauen in den Staat ist in Mexiko nachhaltig gestört.

Das dürfte auch begünstigt haben, dass sich im festgefahrenen mexikanischen Parteiensystem zunehmend Außenseiter Hoffnungen auf eine Politkarriere machen. In der Stadt Cuernavaca bemüht sich der frühere Fußballstar Cuauhtémoc Blanco um das Amt des Bürgermeisters. Im wirtschaftsstarken Bundesstaat Nuevo Léon erfreut sich Jaime „El Bronco“ Rodríguez als hemdsärmeliger Mann aus dem Volk einer gewissen Beliebtheit. Er will als Parteiloser das Rennen in den Gouverneurspalast machen. „Die Regierung macht ihren Job nicht, deshalb haben die Kartelle diese Aufgabe übernommen“, unterstrich er zuletzt in einem Fernsehinterview.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Tagesanzeiger“, tagesanzeiger.ch

Schlagwörter: Mexiko, Wahlkampf, Drogenkartelle, Drogenkrieg, Polizei, Kandidaten, Leibwächter, Kundgebung, Mafia, Politik, Enrique Pena Nieto, Studenten, Korruption, Morddrohungen, Mord, Gouverneure, Bürgermeister, Parlamentswahl, Regionalwahlen, Regierung, Wirtschaftswachstum, Guerrero, Chilapa, Michoacán