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Mexiko: Krieg um Wasser

Meldung vom 26.08.2015

Für Sonia Najera und ihre Familie ist der morgendliche Gang in Küche oder Bad immer mit Spannung verbunden. Wenn die Hausfrau oder ein Mitglied ihrer sechsköpfigen Familie den Wasserhahn aufdreht, geschieht es nicht selten, dass es nur zischt und tropft. Die andere Variante ist, dass Wasser fließt, doch das Nass ist nicht durchsichtig, sondern trübe, bräunlich oder nach Chlor riechend: „Man weiß das nie so genau“, meint Frau Najera. „Wir sind ja schon froh, wenn überhaupt Wasser kommt.“

Familie Najera wohnt in Iztapalapa, einem der größten Stadtteile von Mexiko-Stadt. Hier drängen sich knapp zwei Millionen Menschen Hütte an Hütte. Es sind vor allem Arme, Arbeitslose und an den Rand Gedrängte. „Bei uns kommt das Wasser nur tröpfchenweise, und die Reichen sprengen damit ihren Rasen“, empört sich Sonia Najera.

Die Versorgung mit einer Ressource wie Wasser ist eben auch eine Frage von arm und reich. Hier im Südosten von Mexiko-Stadt bündeln sich wie unter einem Brennglas die Wasserprobleme der Millionenstadt: Zu viele Menschen, undichte Rohre, nicht mehr funktionstüchtige Pumpen, schlechte Qualität des Wassers und eine Regierung, die keine Antworten auf die drängende Wassernot hat. Die Situation ist kennzeichnend für fast alle Metropolen in der Region und weltweit.

Experten von der Autonomen Universität in Mexiko-Stadt (UNAM) rechnen damit, dass die Hälfte der Haushalte der zweitgrößten Stadt der Welt nur unregelmäßig Wasser zapfen kann. Rund 1,3 der 22 Millionen Menschen im Großraum Mexiko-Stadt existieren gänzlich ohne Zugang zu fließendem Wasser. „Es gibt immer weniger und immer schlechteres Wasser“, beschwert sich Jorge Alberto Arriaga vom Wasser-Observatorium an der UNAM.

Neben den von Menschen verursachten Faktoren in Mexico-City erschweren geografische Nachteile die Wasserversorgung. Die Hauptstadt befindet sich fernab jeden Gewässers und zudem auf einer Hochebene über 2.200 Meter. Es sei ein unlösbares Problem, die Wasserversorgung einer derart gigantischen Stadt dauerhaft und umweltverträglich zu gewährleisten, warnen Experten bereits seit Jahren. Zudem ist der Wasserverbrauch der Metropole schon längst explodiert. Knapp 300 Liter Wasser verbraucht jeder der 22 Millionen Bewohner durchschnittlich pro Tag und damit gut doppelt so viel wie in Deutschland. Ein Bewusstsein für Sparsamkeit bei der knappen Ressource ist jenseits der Schichten, die extrem arm sind, nicht vorhanden.

Fast zwei Drittel des Wassers, das im Großraum Mexiko durch die Leitungen fließt, wird aus Tiefenbrunnen emporgezogen. Mehr als 2.000 Pumpen, verteilt über das ganze Stadtgebiet, saugen jeden Tag Millionen Liter der Ressource immer tiefer unter der Betonwüste nach oben. Eine unerwünschte Nebenwirkung dieser Prozedur: Einige Stadtteile sacken ab. Ein weiteres gutes Drittel des benötigten Wassers wird über Stausysteme im Bundesstaat Mexiko über mehrere Bergketten aus mehr als 150 Kilometern Entfernung in die Stadt geleitet. Lediglich zehn Prozent werden aus Oberflächenwasser wie Flüssen, Regenwasser und Ähnlichem gespeist. Eine solche Verteilung ist schon auf mittlere Sicht nicht lange mehr durchzuhalten.

Aber andere Städte in Lateinamerika sind mit ähnlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Der Subkontinent verfügt zwar über ein Drittel der Süßwasserreserven des gesamten Planeten, aber auf der Liste der 20 Städte mit den größten Wasserproblemen weltweit rangieren gleich drei lateinamerikanische Metropolen ganz oben. Neben Mexiko-Stadt ist die Rede von Lima und Rio de Janeiro.

Die Gründe dafür sind zahlreich: Klimawandel, Verstädterung, Ausgrenzung der Armen von der Versorgung und die Vermarktung eines Rohstoffs, der in Augen der Experten ein Menschenrecht ist, seien die entscheidenden Faktoren, betont Raúl Pacheco-Vega vom Forschungsinstitut CIDE in Mexiko-Stadt. Seine Aufgabe besteht darin, sich mit den politischen Konsequenzen der Wasserknappheit auseinanderzusetzen.

Zentrales Problem aber bleibt die mangelhafte Infrastruktur: In Lateinamerika versickern nach Berechnungen der Weltbank 40 Prozent des Trinkwassers auf dem Weg von der Quelle zum Konsumenten wegen leckender Leitungen. Die UN sind in Sorge, dass der Bedarf an Wasser bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent höher als dessen Erschließung sein wird. Neben Lateinamerika sind vor allem China und Indien mit wachsender Verstädterung und unaufhaltsamer Industrialisierung kommende Problemregionen für Wasserversorgung.

„Je weniger Wasserressourcen es gibt, desto höher ist das Risiko der Entstehung von Wasserkriegen auch innerhalb von Ländern, beispielsweise zwischen sozialen Gruppen mit verschiedenen Wirtschaftsinteressen“, prognostiziert Peter Gleick vom Pacific Institute in Oakland (USA). Zwischen 2010 und 2013 hat das Institut 41 Konflikte um Wasser verzeichnet – einer in Ozeanien, sechs in Asien, acht in Lateinamerika, elf in Afrika und 15 im Nahen Osten.




Quelle: „Weser Kurier“, www.weser-kurier.de

Schlagwörter: Mexiko, Wasser, Wasserkriege, Ressource, Wassermangel, Durst, Mexiko-Stadt, Metropole, Wasserhahn, Trinkwasser, Brunnen, Pumpen, Leitungen, Infrastruktur, Arme, Slums, Wasserversorgung, Wasserverbrauch, Sparsamkeit, Lima, Rio de Janeiro, China, Indien, Verstädterung, Industrialisierung, Lateinamerika, Klimawandel, Grundwasser, Rohstoff