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Afghanistan: Frauen protestieren gegen neues Ehegesetz

 
Meldung vom 16.04.2009

Das neue Ehegesetz für die afghanischen Schiiten sorgte in Kabul für Zusammenstöße. Afghanische Frauen demonstrierten gegen das umstrittene Gesetz. Darin wird den Männern massive Verfügungsgewalt über ihre Frauen zugestanden.

Kobra Gawharie hat keine Illusionen. Die 24-jährige Schiitin hat sich am frühen Morgen vor einer der größten schiitischen Moscheen in der afghanischen Hauptstadt Kabul eingefunden. Gemeinsam mit rund hundert Frauen ist die Studentin gekommen, um gegen das umstrittene Ehegesetz für Schiiten zu protestieren. „Wenn ich heute nicht selber schreie, wird niemand etwas für uns tun“, meint die junge Frau. „Wie lange noch“, fragt sie sich leise selber, „sollen wir Frauen unter den Männern dienen?“

Es war bemerkenswert, was sich gestern in Kabul abgespielt hat. Angekündigt und von afghanischen Menschenrechtsaktivisten unterstützt, gaben rund 200 Frauen vor der Moschee von Ajatollah Asif Mohseni, einem der einflussreichsten und zugleich radikalsten schiitischen Geistlichen in Afghanistan, ihren Unmut kund. Mohseni ist einer der mächtigsten Befürworter des neuen Eherechts, das die Rechte von schiitischen Frauen in vielerlei Hinsicht abspricht.

Vor der Moschee prallten zwei Fronten aufeinander. Der Zusammenstoß erweckte den Eindruck, als ob sich Zukunft und Vergangenheit Afghanistans gegenübertreten. „Wir wollen demokratische Gesetze, wir wollen Gleichberechtigung“, forderten die Demonstrantinnen. Allein äußerlich symbolisierten sie den Fortschritt, trugen Kleider in bunten Farben, viele Augen waren hinter modischen Sonnenbrillen versteckt. Ihnen gegenüber stellte sich ein Block von Frauen in langen schwarzen Gewändern auf. Viele Gesichter waren bis auf die Augen hinter dem Schleier verborgen. „Gesetz ist nur der Islam“, schrien sie.

In kürzester Zeit kam es zu Gewaltanwendungen. Mit wüsten Beschimpfungen und Steinen griffen rund tausend Männer und Frauen die Protestkundgebung an. Nur eine Polizeikette konnte die beiden Gruppen voneinander trennen und weitere Ausschreitungen verhindern. „Tod den Sklaven der Christen“, wüteten die Verteidiger des neuen Gesetzes. „Du bist eine Hündin, du bist keine schiitische Frau“, beschimpfte ein Mann eine Demonstrantin.

Weibliche Parlamentsabgeordnete und Polizeibeamtinnen, die maßgeblich bei der Organisation der Demonstration mitgeholfen hatten, bemühten sich, die Situation zu beruhigen. „Wir müssen nun alle solidarisch sein“, erklärte die Abgeordnete Fawzia Kofie. Wie viele andere begründete sie ihre Kritik mit der afghanischen Verfassung, in deren Artikel 22 die Gleichberechtigung festgeschrieben wurde. Das neue Gesetz, das Männern herrschaftsähnliche Rechte gegenüber ihren Frauen zugesteht, widerspreche der Verfassung. Zugleich besteht allerdings der Anspruch, dass alle Gesetze konform mit dem islamischen Rechtssystem sein müssen.

Mit der Demonstration zeichnet sich ab, dass sich in Afghanistan etwas tut und sich eine langsam entwickelnde Zivilgesellschaft herausbildet. Doch trotz des Protestes in Kabul und massiver Kritik aus dem Ausland verharrt die Regierung derzeit regungslos in diesem Konflikt. Zwar hatte Hamid Karzai nach einem halben Dutzend erregter Telefonanrufe von europäischen und anderen Staatschefs das umstrittene Gesetz für eine Überprüfung zunächst auf Eis gelegt. Nun aber hat es den Anschein, als ob er den Streit nur aussitzen wolle.

Politische Beobachter in Kabul legen die Vermutung nahe, dass Karzai mit dem Gesetz bezweckt, sich vor der Präsidentschaftswahl im August die Stimmen der Schiiten zu sichern. Er sei deshalb einfach auf die Forderungen der konservativen schiitischen Geistlichen eingegangen.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de