Afghanistan: Die Medien und die Taliban

Meldung vom 15.10.2015

Als die Taliban ganz Afghanistan im Griff hatten, in den Jahren vor 2001, war Fernsehen strikt untersagt. Dann marschierten die US-Truppen ein und zwangen die Terroristen zum Rückzug, es gelang ihnen zumindest, sie in Schach zu halten. Und zu den neuen Errungenschaften gehörte auch eine sich entfaltende Medienlandschaft. Mehr als 70 Fernsehsender bieten inzwischen in Afghanistan ihre Dienste an.

Diese Freiheit ist jedoch angefochten, denn nach dem Rückzug der internationalen Truppen erheben sich die Taliban wieder. Sie setzten die Journalisten des beliebten Privatsenders Tolo News und des ebenfalls privaten 1TV mit Todesdrohungen unter Druck. Die Fernsehjournalisten hatten über Vergewaltigungen berichtet, die die Taliban bei ihrer Einnahme der Provinzhauptstadt Kunduz vor zwei Wochen verübt haben sollen.

Daraufhin verbreiteten die Terroristen eine Erklärung, in der es lautete: „Das Islamische Emirat von Afghanistan erkennt von nun an die Sender Tolo und 1TV nicht mehr als Medien an, sondern sieht sie wegen ihrer entwürdigenden und feindlichen Aktionen als militärisches Ziel an.“ Die Sender wurden von ihnen als „Propagandanetzwerke“ bezeichnet. In der vergangenen Woche hatten die Taliban bereits zwei Radiostationen in der Provinz Nangarhar attackiert.

Doch die Journalisten verteidigen ihre neu gewonnenen Rechte. Sie lassen sich nicht einschüchtern. Die afghanische Journalistengewerkschaft hatte nun ebenfalls eine Stellungnahme veröffentlicht: Die Drohung beschränke sich ganz offensichtlich nicht auf die zwei namentlich genannten Sender, sondern man müsse sie als einen Angriff auf die Pressefreiheit im Land werten. Und sie zückt ihrerseits ihre schärfste Waffe: sie droht mit dem Stopp der medialen Aufmerksamkeit. „Falls solche Drohungen anhalten oder irgendwelche Journalisten oder Medienorganisationen durch die Taliban oder eine andere Gruppe zu Schaden kommen, werden wir als erste Reaktion die Berichterstattung über sie einstellen.“

In der Mitteilung wird weiter ausgeführt: „Wenn die Taliban oder eine andere Gruppe eine Beschwerde haben, können sie zu friedlichen Mitteln greifen. Jeder Angriff auf Medien und Journalisten wird als Kriegsverbrechen angesehen.“

Afghanistans Präsident Aschraf Ghani verurteilte die Todesdrohungen gegen Journalisten als unislamisch und verfassungswidrig. Die UN-Mission in Afghanistan appellierte an alle Konfliktparteien, die Meinungsfreiheit zu achten und zu bewahren. Die Arbeit von Journalisten trage maßgeblich dazu bei, unabhängige und zuverlässige Informationen über den anhaltenden Konflikt zu bekommen, so die Position der UN.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Süddeutsche Zeitung“, sueddeutsche.de