Indien: Regierung will Leihmütter-Geschäft verbieten

Meldung vom 13.11.2015

Das Geschäft mit Leihmüttern in Indien hat sich zu einer milliardenschweren Branche ausgeweitet. Doch jetzt droht diesem Geschäftszweig das Aus. Die indische Regierung will diese Branche künftig unterbinden. Das hat kinderlose Paare in aller Welt ebenso wie die indischen Leihmütter und die Mitarbeiter der betreffenden medizinischen Einrichtungen in Aufregung versetzt. Das Geschäft hat in den vergangenen Jahren regelrecht geboomt: Unfruchtbare Paare von allen Kontinenten suchten die rund 350 Fruchtbarkeitskliniken des Landes auf, für die 25.000 junge Inderinnen Kinder austragen.

Nun will die Regierung einschreiten und ausländischen Paaren per Gesetz einen Riegel vorschieben. Seither trifft sie auf viel Gegenwind. Bisher war das südasiatische Land für kinderlose Paare sehr attraktiv, da niedrige Kosten, erfahrene Ärzte/Ärztinnen und relativ wenig Bürokratie geboten wurden. Doch mit dem unkontrollierten Wachstum der Branche wurden auch immer mehr Gegenstimmen laut, die die Ausbeutung meist mittelloser Frauen als „gemietete Bäuche“ anprangerten. Ende Oktober 2015 gab die Regierung bekannt, sie werde ein Gesetz zum Verbot kommerzieller Leihmütter erlassen, gleichzeitig ordnete sie den Fruchtbarkeitskliniken an, keine Ausländer mehr als Kunden aufzunehmen.

Dies löste Empörung bei den Fertilitätsmedizinern aus, und auch Leihmütter protestierten gegen die Entscheidung. Sie sprachen sich stattdessen für eine strengere Regulierung der Branche aus. „Warum sollten Ausländer diskriminiert werden? Wir sind doch alle Menschen“, meint Nayana Patel, Direktorin der Akanksha-Klinik im westindischen Unionsstaat Gujarat. „Ich mache dies seit elf Jahren, es ist ein schönes Arrangement. Ein Verbot ist keine Lösung.“

Ein irisches Paar will sich von der Anordnung von ihrem Vorhaben nicht abbringen lassen. Die Frau kann keine Kinder bekommen und darf wegen eines angeborenen Herzfehlers auch keine adoptieren, eine indische Leihmutter war ihre letzte Hoffnung. „Dies ist unsere einzige Möglichkeit“, beteuert die 35-Jährige in einer Klinik in Neu-Delhi. Sie und ihr Mann hatten schon vor dem Beschluss der Regierung einen Termin bei der Klinik und sind zuversichtlich, damit auch vor Gericht durchzukommen. „99 Prozent der Kinder, die auf diese Weise zur Welt kommen, werden in liebevoller Umgebung aufwachsen, weil ihre Eltern solche Anstrengungen auf sich nahmen“, meint der Mann. „Es wäre Wahnsinn, dies zu verbieten.“

Indien ist seit der Legalisierung dieser Praxis eine der führenden Nationen in Bezug auf Leihmutterschaft. Jährlich werden dadurch bis zu 2,1 Milliarden Euro eingenommen. Auch Russland, die Ukraine und einige US-Staaten genehmigen kommerzielle Leihmütter. Doch die Kosten in Indien sind mit durchschnittlich rund 23.000 Euro weitaus niedriger als sonst wo.

Thailand hat die kommerzielle Leihmutterschaft nach einer Reihe von Skandalen für Ausländer seit 2015 untersagt. In Nepal griff das oberste Gericht im August 2015 ebenfalls durch und verunsicherte Dutzende werdende Eltern, bevor die Regierung einlenkte und Visa ausstellte, mit denen sie mit ihren Babys ausreisen durften.

In Indien wurden die Vorschriften ständig strenger, seit 2012 werden beispielsweise schwule Paare und Singles abgewiesen. Eigentlich ist festgelegt worden, dass die Paare mit den indischen Leihmüttern selbst einen Vertrag abschließen. Doch in der Praxis hat es sich immer wieder erwiesen, dass viele Leihmütter keine Kopie bekamen oder den Inhalt überhaupt nicht erfassen, weil sie Analphabetinnen sind. Viele haben sich zudem nicht ausreichend auf den bei Leihmutter-Geburten üblichen Kaiserschnitt vorbereitet. Manchen wird auch der vereinbarte Lohn vorenthalten und sie haben im Notfall keine Krankenversicherung, wie die Frauenrechtsorganisation Centre for Social Research in Neu-Delhi kritisiert.

Doch nach Ansicht der Forschungsleiterin des Zentrums Manasi Mishra, ist ein Verbot keine Lösung, um diese Missstände zu beseitigen: „Die Branche wird in den Untergrund gehen, und das wird die Verhandlungsmacht der Leihmütter weiter schwächen“, prophezeit sie.

Manu Kami hat sich bewusst darauf eingelassen, das Kind einer anderen Frau auszutragen. Sie hatte auch gute Gründe dafür: Der Lohn ihres Mannes als Koch beträgt umgerechnet rund 95 Euro monatlich und deckt kaum die Ernährung ihrer beiden eigenen Kinder ab. Von den knapp 4.200 Euro, die sie für ihre Leihmutterschaft für ein US-Paar erhielt, konnte Kami die Schulgebühren entrichten und ein neues Haus kaufen. Die 28-Jährige ist glücklich: „Es hat ein Schlafzimmer sowie Küche und Bad“, berichtet sie stolz.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Standard“, dieStandard.at