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Indien: „Kinder in Neu Delhi haben die Lunge von Kettenrauchern“

Meldung vom 07.01.2016

Die indische Hauptstadt Neu Delhi ächzt unter ihrer Luftverschmutzung. Ein Fahrverbot für jeweils die Hälfte aller Autos soll Abhilfe schaffen. Menakshi Gupta hat sich innerlich auf absolutes Verkehrs-Chaos eingestellt. Sie begab sich eine Stunde früher als gewöhnlich von ihrer Frauenpension im Westen der indischen Hauptstadt auf den Weg zur Arbeit. Denn Delhis Behörden rechneten am Montagmorgen mit 6,4 statt der sonst üblichen 4,3 Millionen Passagiere in den U-Bahnen und öffentlichen Bussen, weil die Hälfte der 8,5 Millionen Autos in der riesigen Großstadt nicht am Verkehr teilnehmen durften.

Zwischen dem 1. und 15. Januar wollen Delhis Stadtbeamte mit abwechselnden Fahrverboten für Autos mit geraden oder ungeraden Kennzeichenendziffern den Versuch starten, den Verkehr und vor allem die Luftverschmutzung zu verringern.

Die 24-jährige Frühaufsteherin Menakshi Gupta schaffte es dank ihrer Weitsicht, einigermaßen pünktlich zum Arbeitsplatz zu erscheinen. Doch als die junge Frau hinter dem Empfang einer kleinen Pension eintraf, bebte sie vor Wut. Auf der Seitenstraße in Delhis Stadtteil Sunda Nagar drängten sich so viele Gefährte wie immer.

Ein kurzer Blick auf die zehn Luxuskarossen des Nachbarn reichte der aus der Provinzstadt Lucknow stammenden jungen Frau. Der Mann und seine schwerreiche Familie mussten am Montag dank vier Fahrzeugen mit geraden Endziffern auf nichts verzichten. Am Dienstag konnten sie dank ihres Wohlstandes einfach auf die Autos mit ungeraden Kennzeichen zurückgreifen, während Millionen von Hauptstadtbewohner sich in öffentliche Verkehrsmittel drängen mussten.

Am Montag, dem ersten vollen Arbeitstag seit Einführung der Fahrverbotsregel am vergangenen Freitag, zeigten sich Delhis gefürchtete Autofahrer von ihrer besten Seite. Sie werden nämlich sonst wegen chaotischer Fahrweise, unablässigem Hupen und chronischer Missachtung von Verkehrsregeln als die schlimmsten Chauffeure der Welt angesehen. Doch angesichts der neuen Regel übten sie sich in überraschender Unterordnung. Die Polizei stellte weniger als 1.000 Strafzettel aus und erwischte kaum ein „illegales Gefährt“ mit den eigens aufgestellten versteckten Kameras.

„Das Schema ist erfolgreich“, freute sich die von der Arme Leute Partei (AAP) geführte Hauptstadtregierung. Die Luft hätte am 1. Januar deutlich bessere Qualität als vor einem Jahr. Ein Autofahrer jubelte per Twitter über einen Geschwindigkeitsrekord für eine Strecke, auf der die er üblicherweise eine gute Stunde fährt: „Ich habe heute nur 23 Minuten von Delhi nach Noida benötigt“.

Aber das Umweltinstitut The Energy and Ressources Institut (TERI) beendete den Jubel schnell: „Am 1. Januar war die Luftverschmutzung schlimmer als am 31. Dezember. Sie lag fünfmal höher als sichere Luftstandards.“ Tatsächlich haben von Mexiko-Stadt über Paris bis zu Lagos fast alle Mega-Metropolen keine guten Ergebnisse mit alternierenden Fahrverboten erzielt – und schließlich resigniert, weil sie sich als nutzlos erwiesen. In Nigeria fälschten schlaue Autofahrer kurzerhand ihre Schilder. In Kolumbiens Hauptstadt Bogotá harrten Autofahrer bis zum Ende des Fahrverbots und transportierten anschließend so viel herum, dass keine Verbesserung der Luftqualität gemessen wurde.

In Delhi wurde das Fahrverbot ebenfalls nur vom frühen Morgen bis acht Uhr abends eingerichtet. Dann rumpeln wie jede Nacht rund 50.000 Lastwagen mit stinkenden Dieselmotoren in die Stadt. Täglich erhalten 1.400 Neufahrzeuge in der indischen Hauptstadt eine Neuzulassung.

Aber Statistiken offenbaren, dass nur 15 Prozent der Luftverschmutzung in der Stadt mit der schlechtesten Luft der Welt auf den Verkehr zurückzuführen ist, nur fünf Prozent stammen von Personenfahrzeugen. Der Dreck von Baustellen, unerlaubten Kleinbergwerken oder illegal verbranntem Abfall hat dagegen ein so schlimmes Ausmaß angenommen, dass Forscher des deutschen Max-Planck-Instituts bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis kamen: „Im Jahr 2025 wird es wegen der Luftverschmutzung jährlich über 32.000 Tote geben.“ Der Mediziner Sanjeev Bagai umreißt die gesamte besorgniserregende Situation in Delhi mit einem Satz: „Kinder in der Hauptstadt haben die Lungen von Kettenrauchern.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Rundschau“, FR-online.de

Schlagwörter: Indien, Smog, Luftverschmutzung, Verkehr, Autos, Fahrverbot, Neu Delhi, Metropole, Gesundheit, Natur, Umwelt, Abfall, Verbrennung