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Ruanda/Kongo: Grenzüberschreitungen in Zeiten der Krise

Meldung vom 13.05.2009

Die Exporteure Afrikas leiden besonders unter der weltweiten Wirtschaftskrise. Deshalb wendet sich der Kontinent wieder dem Binnenhandel zu. An Kongos berüchtigten, gefährlichen Grenzen hofft man auf den Aufschwung und modernisiert kräftig die Infrastruktur.

Schwere Lastwagen mit Kennzeichen aus Uganda und Tansania stehen Schlange, die Grenzbeamten im kongolesischen Goma haben viel Arbeit. Wo einst durch struppige Bäume der Kivu-See hindurch schien, prangt eine neue Abfertigungshalle aus grauem Beton für den Zoll. Auch auf der ruandischen Seite, in Gomas kleiner Zwillingsstadt Gisenyi, werden die Kontrollen des Warenverkehrs jetzt in einer großen Halle durchgeführt. Die österreichische Baufirma Strabag arbeitet zügig daran, die Hauptstraße bis an die Grenze auszubauen.

Durch Zusammenarbeit, das haben die Demokratische Republik Kongo und Ruanda erkannt, bestehen bessere Chancen, die Weltwirtschaftskrise zu meistern. In Kongo stirbt gerade die Hoffnung vom exportorientierten Bergbauboom, in Ruanda wächst die Sorge wegen sinkender Budgethilfen und Tourismuseinnahmen. Nun haben sich die beiden einst verfeindeten Länder militärisch gegen Rebellen verbündet. Die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zeichnet sich schon ab und die Grenzen werden modernisiert.

Der deutlichste Erfolg ist schon spürbar: Der konfliktreiche Schmuggel von Mineralien aus Kongos Kriegsgebieten ist gesunken. Ein Grund dafür bestand in der von den Händlern durchgesetzten deutlichen Senkung der kongolesischen Mineralienexportsteuern. Doch noch koordinieren die beiden Länder ihre Anstrengungen nicht richtig. Der Wille ist auf beiden Seiten da, nur die Umsetzung gestaltet sich schwierig.
200 Kilometer weiter nördlich wenden zwei Länder einander komplett den Rücken zu. In Ugandas westlicher Grenzstadt Mpondwe am Rand der schneebedeckten Rwenzori-Berge hört eine breite Teerstraße auf. Tempo 50 wird den Lastwagen mit chinesischen Schriftzeichen vorgeschrieben, die sich mit riesigen Stapeln asiatischer Konsumgüter um die Marktstände schlängeln. Dann erreichen sie den ugandischen Grenzposten, dahinter fließt ein Bach, der durch eine schmale Brücke überquert werden kann. Auf der anderen Seite verengt sich die Teerstraße zu einem holprigen Feldweg in hohem Gras mit einer gefährlichen Seitenlage. Ein Verkehrsschild hebt Tempo 50 ersatzlos auf. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen sind nicht mehr notwendig, da man nur noch Schritt fahren kann. Hier endet die ugandische Ordnung, hier fängt der Kongo an.

Der Zollchef auf der kongolesischen Seite am Grenzposten Kasindi ist seinem ugandischen Amtskollegen in Mpondwe noch nie begegnet. In Mpondwe arbeiten die Zöllner mit Computern und nach festen Regeln, in Kasindi wird alles per Hand aufgeschrieben, und erst vor einem Jahr wurden überhaupt erst Kongos geltende Zollgesetze aufgestellt. Wenn es in Kasindi 17 Uhr ist, zeigt jenseits der Grenze in Uganda die Uhr eine Stunde später an. Im Kongo spricht man Französisch, in Uganda Englisch. Alles ist inkompatibel. „Die Händler müssen ihre Waren drüben ausladen und deklarieren, und wenn wir ihnen sagen, dass sie auch hier zum Zoll müssen, beschweren sie sich“, ärgert sich Kasindis Zollchef Djuma Shauri. Sein ugandischer Amtskollege in Mpondwe wiederum kritisiert: „Die Waren aus dem Kongo haben keine Herkunftszertifikate, und die Händler sagen immer: Das sind nur Transitgüter, das geht euch nichts an.“

Aber der Grenzhandel lohnt sich. Direkt neben dem Büro des Uganders sind Stapel von kongolesischen Edelhölzern aufgeschichtet, deren Dimensionen alle ugandischen Waldschutzregeln umgehen. Der zweitgrößte Außenhandelsumschlagplatz ganz Kongos befindet sich in Kasindi: Viel mehr noch als in Goma lagern hier tonnenweise Konsumgüter aus Asien, die über Dubai und Kenia in den Kongo gelangen.

Afrikas Regierungen sind sich bewusst, dass ihre Grenzen untereinander das größte Hindernis für ihre Volkswirtschaften darstellen. Die innerafrikanischen Zölle sind die teuersten der Welt, die Abfertigungszeiten ziehen sich am längsten hin, die Transportkosten sind die höchsten. Wenn ein Kongolese Waren aus China importiert, ist der Seetransport aus Asien nach Ostafrika preiswerter als der verbleibende relativ kurze Landweg aus Kenia nach Kongo.

Auf regionale Kooperation wird nun gesetzt. Im Oktober 2008 beschlossen drei der wichtigsten Wirtschaftsblöcke Afrikas - die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC), die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) und der Gemeinsame Markt des östlichen und südlichen Afrika (COMESA) – sich für eine gemeinsame Freihandelszone zu engagieren. Sie würde von Südafrika bis Libyen reichen, also zwei Drittel des Kontinents umfassen.

Quer durch die EAC-Region aus Kenia, Uganda, Tansania, Ruanda und Burundi wird bereits in grenzüberschreitende Straßen investiert, neue Eisenbahnlinien und Stromnetze sind in Planung, Finanz- und Steuersysteme werden aufeinander abgestimmt. Ostafrikas Staatschefs predigen eindringlich, man müsse sich von der Abhängigkeit von ausländischem Kapital befreien. „Wir treten in eine Zeit ernster ökonomischer Unsicherheit ein“, verkündete Ugandas Präsident Yoweri Museveni am 6. April auf einem Gipfeltreffen in Sambia. „Unsere Antwort darauf ist die Vertiefung unserer kollektiven Unabhängigkeit.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de