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Äthiopien: Nach Überfall in der Grenzregion – Militär will entführte Kinder befreien

Meldung vom 26.04.2016

Südsudanesische Gewalttäter sind über die Grenze von Äthiopien eingefallen und haben Dörfer attackiert. Erst meldeten die Medien, dass es hauptsächlich um Viehdiebstahl ging. Doch dann hieß es, dass außerdem mehr als 100 Kinder verschleppt wurden. Eine Woche nach dem tödlichen Überfall in der äthiopischen Grenzregion Gambella ist die Armee in das Nachbarland Südsudan vorgedrungen. Sie will die Täter ergreifen und die Kinder befreien.

Noch liegt den Eltern kein Lebenszeichen vor, sie haben keine Ahnung, wie es ihren Kindern geht. Mehr als 100 Jungen und Mädchen aus der Gambella-Region im äußersten Westen Äthiopiens sind seit einer Woche verschwunden, geraubt von Milizen aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Südsudan. Am vergangenen Freitag (22.04.2016) hatten Bewaffnete mehrere Dörfer in der Provinz Gambella gestürmt, Viehherden getötet und mehr als 200 Menschen ermordet. Als sie wieder den Rückzug antraten, führten sie offenbar 2.000 Rinderköpfe mit sich – und die Kinder.

Die genauen Hintergründe der Angreifer sind nach wie vor schwer zu fassen. Die äthiopische Regierung beschuldigt bewaffnete Milizen aus dem Stamm der Murle und hat inzwischen die Armee in den Südsudan losgeschickt. Soldaten hätten dort ein Gebiet eingekreist, kündigte ein Regierungsbeauftragter im staatsnahen Fernsehsender Fana Broadcasting Corporate an; die verschleppten Kinder würden in Kürze wieder in der Hand der Armee sein.

Erfolgsmeldungen, die viele Äthiopier anzweifeln. „Die Regierung ist unfähig, ihre Bürger zu beschützen“, schreibt ein äthiopischer Blogger auf Facebook, ein anderer ergänzt: „Das wäre doch gar nicht erst passiert, wenn die Sicherheitsbehörden in Gambella genügend Waffen gehabt hätten, um sich zu verteidigen.“

Es ist nicht das erste Verbrechen dieser Art in der Region, aber eines der folgenschwersten. Äthiopien und Südsudan müssen eine lange, sehr durchlässige Grenze verwalten. Immer wieder gibt es von beiden Seiten aus Raubüberfälle auf Hirten und Viehherden zu beklagen, sogenannte „cattle raids“.

„Aber so einen massiven Angriff mit so vielen Toten und Entführten hat es in Äthiopien bislang noch nicht gegeben“, wundert sich Hallelujah Lulie, Analyst am Institut für Sicherheitsstudien in Addis Abeba (ISS). „Wir wissen nicht genau, was dahinter steckt. Solche 'cattle raids' hatten in der Vergangenheit nie einen politischen Hintergrund, sondern waren eher kulturell geprägt. Aber in den letzten Jahren hat sich das verändert, die Region ist allgemein instabiler geworden und es sind kriminelle Banden unterwegs, die zum Teil auch politische Ziele haben.“

Die Zuspitzung der Gewalt habe auch etwas mit dem Bürgerkrieg im Südsudan zu tun: Das Chaos dort sei ein Nährboden für die Überfälle in der Grenzregion, sagt Analyst Lulie. „Im Südsudan sind jetzt viel mehr Waffen im Umlauf und es gibt viel mehr Gebiete, die sich jeglicher staatlichen Kontrolle entziehen.“

Bislang ist Äthiopien als Vermittler in den Friedensverhandlungen zwischen dem südsudanesischen Präsident Salva Kiir und Rebellenführer Riek Machar aufgetreten. Das Land fasst das auch als Chance auf, international und regional seinen Einfluss auszuweiten. Doch der Waffenstillstand im Südsudan funktioniert nicht. Gerade erst hat Riek Machar seine Rückkehr nach Juba auf unbestimmte Zeit vertagt. Dieser Schritt wäre sehr wichtig gewesen, um eine neue Regierung zu bilden, die Frieden in dem Land herstellen soll.

In Äthiopien nimmt die Sorge zu, dass die Gewalt und Instabilität überspringen könnten. Hunderttausende Südsudanesen, vor allem Nuer, haben in Gambella Schutz gesucht. Auch die kleine Volksgruppe der Murle sieht sich seit Jahren ethnischer Gewalt und Vertreibungen ausgeliefert. Je mehr Flüchtlinge aus dem Südsudan eintreffen, desto größer wird die Furcht, existierende Konflikte könnten eskalieren. Denn auch in Gambella rangeln ethnische Gruppen um Macht und Einfluss – vor allem die Nuer und Anuak. Vor Ausbruch des Bürgerkriegs im Südsudan haben beide Staaten gemeinsame militärische Aktionen gestartet, um die Gewalt entlang der Grenze zu bekämpfen.

Und auch bei der Befreiung der verschleppten Kinder haben sich Äthiopien und Südsudan jetzt offenbar auf eine gemeinsame Operation verständigt. Die äthiopische Regierung hat sich offenbar an die offiziellen Wege gehalten und nach eigenen Angaben bereits vor einer Woche um Erlaubnis gebeten, bei der Verfolgung der Täter auch südsudanesischen Boden betreten zu dürfen. Planungen für einen gemeinsamen Einsatz wurden durchgeführt, zitiert jetzt auch die Zeitung Sudan Tribune den südsudanesischen Außenminister Peter Bashir Gbandi.

Der südsudanesische Armeechef, so Gbandi weiter, werde sobald wie möglich in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba kommen, um sich mit seinen Kollegen dort abzusprechen. Man sei jedoch dagegen, dass äthiopische Truppen zu weit auf südsudanesischen Boden einmarschieren, so Gbandis Worte. Wie viele Soldaten an der Operation teilnehmen, wurde nicht angegeben. Viele Eltern in Gambella haben Protestaktionen begonnen. Sie verlangen von der Regierung, jetzt keine Zeit zu verlieren. Viel zu lange sind ihre Kinder bereits entführt – und jetzt irgendwo im südsudanesischen Dschungel.




Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de

Schlagwörter: Äthiopien, Gambella, Grenzregion, Südsudan, Überfall, Viehdiebstahl, ethnische Unruhen, Milizen, Stammesrivalitäten, Murle, Nuer, Anuak, Bürgerkrieg, Riek Machar, Salva Kiir, Armee, Militär, Operation, Kinder, entführte Kinder, Befreiung, Waffen, Friedensabkommen