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Uganda: Erfolgreiche Wasserwirtschaft nach deutschem Modell

Meldung vom 18.05.2016

Uganda arbeitet an einer besseren Wasserwirtschaft. Denn hier müssen ausgerechnet die Ärmsten am meisten für einen Liter sauberes Trinkwasser bezahlen. Doch es gibt auch Hoffnungssignale: Dank William Muhairwe und deutschen Unternehmen werden schon einige Slums mit gutem Trinkwasser versorgt und – die Preise sind erschwinglich.

Wenn der Ugander William Muhairwe sich an seinen ersten Tag in München erinnert, muss er laut lachen. „Eingepackt wie ein Eskimo bin ich im Hochsommer angekommen“, berichtet er auf Deutsch und holt mühsam Wörter wie „lange Unterhosen“ und „Strickjacke“ aus seinem Wortschatz hervor. „Ich war schweißgebadet, aber in Afrika dachten wir, in Europa sei es kalt.“

Seine Ankunft fiel auf das Jahr 1978. In Uganda gab es Krieg, der am Ende Diktator Idi Amin stürzte. Der 19-jährige Muhairwe hatte gerade die Oberschule absolviert, er wollte studieren. „Doch die politische Lage war nicht gut.“ So nahm ihn sein Onkel, der damals in Deutschland lebte, nach München. An der Ludwig-Maximilians-Universität besuchte William Muhairwe Deutschkurse, studierte Betriebswirtschaft, promovierte schließlich. Als Doktor wollte er 1989 in dem gerade befriedeten Uganda etwas Gutes bewirken: Zunächst arbeitete er als Leiter der Investmentbehörde, später als Direktor der ugandischen Wasserbetriebe. „Es gab kein Wasser, kein Strom, keine Straßen“, erinnert er sich. „Das Leben war schwer.“ Die Bevölkerung war von Krankheiten geplagt.

Das Land war beim Wiederaufbau dringend auf Hilfe von außen angewiesen. Da wandte sich Muhairwe an deutsche Firmen und fragte nach ihrer Unterstützung. Bis heute sind sie Ugandas wichtigste Partner beim Aufbau einer nachhaltigen Wasserwirtschaft – „Gemeinsam haben wir in Uganda deutsche Standards wie Pünktlichkeit und Sauberkeit etabliert.“

Sauberes Wasser – das ist immer noch keine Selbstverständlichkeit für Nadia Naluma, sie freut sich darüber jeden Tag. Die 31-jährige Mutter von fünf Kindern macht sich vor ihrer Wellblechhütte in dem verwinkelten Armenviertel Kisenyi in Kampala an die Arbeit. Sie ist völlig durchnässt, die Regenzeit am Äquator hat vor Kurzem begonnen, und es schüttet wie aus Kübeln, so dass die engen dreckigen Pfade des Armenviertels innerhalb von Minuten zu reißenden Bächen werden. Die Abwasserrinnen sind von Plastikflaschen und Müll blockiert, sie laufen sofort über. Das Gleiche geschieht mit der Latrine hinter Nalumas Hütte, ein stinkender Verschlag aus Wellblech. Müll und Fäkalien fließen durch die engen Gassen an den Hütten vorbei.

Der Regen bereitet Nadia Naluma Kummer und Freude zugleich. Einerseits fängt sie ihn in einer Schüssel auf, um damit Wäsche zu waschen und Geschirr zu reinigen – so kann sie etwas Geld für den Kauf von sauberem Wasser einsparen. Andererseits gibt es Gesundheitsrisiken besonders für die Kinder: „Sie spielen oft in dieser Drecksbrühe und holen sich Krankheiten. Ein Nachbarsjunge ist neulich sogar darin ertrunken“, meint sie und zieht ihren dreijährigen Sohn am Ärmel aus einer knietiefen Pfütze ins Haus. Aber auch das kleine Wohnzimmer ist schon überflutet.

Immerhin, sauberes Wasser ersteht Naluma jetzt am Automaten mit einem Token. Das schlüsselähnliche Ding kann sie am Kiosk um die Ecke mit einem Guthaben aufladen. Damit begibt sie sich dann zu einer Art Zapfsäule im Slum, wo sie sauberes Wasser beziehen kann. 20 Schillinge kostet dort die Füllung eines 20-Liter-Kanisters. Zuvor musste sie 200 Schillinge für dieselbe Menge hergeben, also zehnmal so viel, umgerechnet 5 Eurocent. 80 Liter ist der Bedarf der kleinen Familie pro Tag, das war zu teuer. „Damals konnten wir uns kein Wasser zum Duschen und Wäschewaschen leisten“, berichtet Naluma. Heute können ihre Kinder täglich ein Bad nehmen.

„Das ist doch Wahnsinn“, kritisiert Erhard Schulte. Er ist als Projektmanager bei der Firma Fichtner in Uganda tätig: „Ausgerechnet die ärmste Bevölkerung zahlt den höchsten Preis pro Liter“, meint er empört. Dank der von Fichtner im Auftrag der Nationalen Wasserbehörde installierten Wasserautomaten kann sich nun jede arme Familie erschwingliches sauberes Wasser zapfen. Doch jetzt steht auf Fichtners Agenda eine neue Herausforderung: Zusammen mit Ugandas Wasserbetrieben wollen sie das Abwasserproblem in den Griff kriegen. „Denn jeder Tropfen, den wir den Menschen geben, kommt ja irgendwo wieder raus“, gibt Schulte zu bedenken.

Fichtner, ein Familienunternehmen mit Sitz in Stuttgart, etablierte sich wie so viele andere deutsche Ingenieurbetriebe in den 1990er Jahren auf Einladung von William Muhairwe auf dem ugandischen Markt. Unter Schultes Federführung hat die Firma Kampala an Wasser- und Abwassersysteme angeschlossen, die Slums mit inbegriffen. Doch die Herausforderungen in Uganda sind heute andere, sagt Schulte. „Wir können keine Wasserprojekte mehr umsetzen, ohne uns um das Abwasser zu kümmern.“ Denn in manchen Gemeinden steht den Ugandern, ähnlich wie in Nalumas Slum, der Kot buchstäblich bis zum Knie.

Schulte präsentiert das neueste Projekt der Firma: „Uga Vac“ heißen die kleinen, wendigen Minitraktoren mit dem Tank auf dem Anhänger, aus dem ein Staubsaugerrohr herauskommt. Damit lassen sich auch in den schmalen Gassen der Slums die Latrinengruben „leer schlabbern, bevor sie gefährlich voll werden und beim nächsten Regen überlaufen“. Von den Minitraktoren wird der Fäkalschlamm in einen großen Tanklaster umgeladen, der dann zu der ebenfalls von Fichtner gebauten Fäkalschlammanlage fährt, um die Fäkalien dort einzuspeisen.

Die Rede ist von der weltweit größten Fäkalschlammanlage, sie befindet sich am Stadtrand von Kampala. Gerade pumpt der Lkw den stinkenden Schlamm in ein enormes Sickerbecken. Dort bleiben die festen Bestandteile unten liegen, das Wasser fließt durch einen Abfluss davon – als Rest bleibt nach sechs Monaten Trocknungszeit feinster, bröckeliger Humus.

„Das geht weg wie warme Semmeln“, erklärt Schulte und zerbröselt einen Klumpen in den Händen, der kaum noch stinkt. Ugandas Rosen- und Teefarmer nehmen diesen Naturdünger für ihre Edelprodukte ab, die sie teuer nach Europa ausführen. „Die Nachfrage ist so groß, dass wir Wartelisten dafür erstellen mussten“, betont Schulte. So kann man aus ugandischem Kot dank deutscher Innovation Profit herausschlagen. Das Geld kann dann wieder in den Ausbau von Kläranlagen gesteckt werden.

„Internationale Hilfsorganisationen wollen Brunnen bauen und den Armen Wasser geben – Abwasser hingegen ist einfach nicht sexy“, weiß auch William Muhairwe. Er hat sich inzwischen selbstständig gemacht und betätigt sich als Berater mit seiner Firma 2ML. Wasserbetriebe in anderen afrikanischen Ländern benötigen dringend sein Know how und sind daran interessiert, wie sich das ugandische Modell auf ihr Land übertragen lässt. Eben kehrt er aus Malawi heim, er konsultiert regelmäßig Ghana, Sierra Leone, Nigeria und Sambia, um dort den Wassersektor zu entwickeln.

Umgekehrt lädt er Wasserminister und Ingenieure aus ganz Afrika nach Uganda ein, die sich selbst ein Bild von der einzigartigen Fäkalschlammanlage und auch dem neuen Klärwerk machen sollen, die von Fichtner errichtet und von der deutschen Entwicklungsbank KfW und der Europäischen Union finanziell unterstützt wurden. Bis zu 70 Kubikmeter Abwasser werden dort täglich gefiltert. Dank der werkseigenen Biogasanlage benötigt die Anlage keinerlei Strom von außen – ein zentraler Faktor, denn die Stromversorgung ist nicht durchgängig gegeben und zudem teuer.

„Wir kopieren jetzt die deutschen Modellprojekte in Uganda auf dem ganzen Kontinent“, erklärt Muhairwe. Erneut muss er grinsen, wenn er an seinen ersten Tag als Kriegsflüchtling vor 38 Jahren in München denkt, damals, als die deutsch-ugandische Partnerschaft mitten im deutschen Hochsommer eingeläutet wurde.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Uganda, Wasser, Trinkwasser, Abwasser, Fäkalien, Unrat, Kläranlage, Abwasserrinnen, Wasserwirtschaft, deutsche Unternehmen, Partnerschaft, Slums, Armenviertel, Regenzeit, Abwassersysteme, Latrinen, Fäkalschlamm, Fäkalschlammanlage, Kampala, Humus, Dünger, Rosen, Teefarmen, Rosenfarmen, Schnittblumenindustrie, Naturdünger, Uga Vac, Minitraktoren, Entwicklung