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Mexiko: Opium anbauen oder sterben

Meldung vom 30.05.2016

In den Bergen des Bundesstaates Guerrero werden arme Bewohner von Bergdörfern gezwungen, für die Mafia Schlafmohn anzubauen. Wenn sie nicht wollen, attackieren die Kartelle die Menschen rücksichtslos. Morde geschehen hier täglich.

Im Grunde genommen sind die Regeln in den Bergen von Guerrero ganz einfach. Hier, in der ärmsten und gefährlichsten Region Mexikos, dem Bundesstaat Guerrero, herrscht nur nur ein Gesetz: das Gesetz des Opiums. „Wenn du Mohn säst, verfolgen sie dich. Wenn du säst, berauben sie dich. So läuft das immer.“ Und warum bestellen die Bauern ihre Felder mit Mohn? „Wenn du nicht säst, verhungerst du. Das ist das Gesetz.“

Jaime ist ein Bauer, der sich seine Frohnatur bewahrt hat. Er ist 33 Jahre alt und ist Vater von vier Kindern. Seit acht Uhr morgens kümmert er sich um seine Felder mit Schlafmohn. Er kann davon berichten, was es bedeutet, zu pflügen, zu pflücken, zu beschneiden und natürlich „die Kapsel zu kratzen“, um den Milchsaft des Schlafmohns zu gewinnen. Der ist das Gold dieser Berge. Jaime ist damit von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang beschäftigt. Auf Gemeinschaftsfeldern, verborgen auf steilen Abhängen angebaut, zu denen man erst nach stundenlangem Aufstieg gelangt. Hier erstrecken sich auf steilem Untergrund große Flächen von Opiumfeldern. Die Mohnblüten gedeihen hier unberührt vom Wirbel, der um sie weltweit veranstaltet wird. Ein Meer von zarten weißen und roten Blüten, die das Schlechteste im Menschen hervorbringen, für die gefoltert und gemordet wird.

Fragt man die Bauern: „Und wenn Sie diesen Milchsaft gewinnen, denken Sie nicht an das Heroin und an die vielen Menschen, die daran sterben werden?“ Dann gibt es nur Kopfschütteln und eine einzige einfache Antwort: „Schauen Sie, wir tun das aus Not. Wir sind nicht die Bösen, sondern die Armen!“

In diesen Bergen gibt es keine anderen Alternativen. Hier oben, auf 2.500 Metern Höhe, üben die Drogenhändler ihre Herrschaft aus. Hier schlägt das Herz ihres Imperiums, in einer Gebirgsregion mit steil abfallenden Hängen, wo der Boden ein Biotop und Segen für die Schlafmohnpflanze Papaver somniferum ist – und ein Fluch für alle Menschen, die davon abhängig werden.

In dieser Gegend regieren Chaos und pure Gewalt; hier existiert der Staat nicht, es gibt weder Straßen noch Krankenhäuser – noch nicht einmal die Drogenhändler selbst sind wirklich gut organisiert“, sagt der Vertreter des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, Antonio Mazzitelli. „Um den Drogenhandel kämpfen verschiedene kriminelle Gruppen untereinander“, weiß er. Dieser blinde Fleck auf der Landkarte hat sich zu dem größten Opiumproduzenten Amerikas entwickelt. Aus seinen Untiefen heraus werden die Lieferungen vor allem über das sogenannte goldene Dreieck der Bundesstaaten Sinaloa, Durango und Chihuahua auf den Weg gebracht und erreichen schließlich den größten Abnehmer der Welt, die Vereinigten Staaten. Es ist ein Gebiet von 1.281 Gemeinden mit ca. 50.000 Einwohnern, in dem jeder falsche Schritt ein Lebensrisiko bedeutet.

Guerreros Unidos, La Familia, Los Rojos, Los Ardillos – das sind die Clans und Banden, die die Region täglich durchstreifen. Über sie schweigt man sich aus. Und schon gar nicht redet man darüber mit lauter Stimme und zu einem Fremden. Erst nach einer Weile, nach dem Essen, nachdem man Seite an Seite ein wenig in die Berge hochgestapft ist, lassen die Bauern ein paar Bemerkungen fallen.

Jonás, ein etwa 50-jähriger Schlafmohnbauer mit Cowboyhut, berichtet, dass die Mafiaorganisationen den Campesinos den Milchsaft im Voraus bezahlen, um sie an sich zu binden oder den Bauern auch Kredite geben, für persönliche Ausgaben. „Aber wenn du dann deine Schuld nicht bezahlst, dann plündern sie dich aus, entführen oder töten dich“, sagt Jonás und ergänzt: „Wenn sie wirklich schlimm sind, dann kannst du dir nicht vorstellen, was mit dir passiert. Die nehmen dir sogar die Kinder weg und machen sie zu Auftragsmördern!“ Ein Entkommen aus dieser Welt ist praktisch unmöglich. Eine Zukunft jenseits dieser Berge ist wenig realistisch.

Die Bauern bilden das erste Glied einer bestialischen Nahrungskette. Auf ihrem Rücken baut sich das gesamte Gebäude der Drogenmafia auf. Zuunterst agieren die örtlichen Banden, dann die Kontaktleute und die größten Gewinne sichern sich schließlich die großen Kartelle. Je mehr Opium produziert wird, desto mehr Geld gibt es – aber auch desto mehr Tote.

Die US-Drogenvollzugsbehörde (DEA) geht davon aus, dass die Schlafmohnproduktion in Mexiko in den vergangenen fünf Jahren um die Hälfte gewachsen ist. Die Konsequenzen sind dramatisch. In den Vereinigten Staaten hat sich die Zahl der Drogentoten seit 2010 verdreifacht.

Das Militär in der Region wird nicht als Freund und Helfer angesehen. Der Schrecken der Campesinos, der kommt vom Himmel herab, wenn man am wenigsten darauf vorbereitet ist. Es sind die „verdammten Idioten“ in Hubschraubern. Die fliegen immer paarweise über die Berge. Und wenn sie ein Mohnfeld entdecken, versprühen sie Pflanzengift darüber. Die Wasserquellen in den Orten werden kontaminiert. Oft werden die Wälder auch in Brand gesetzt, und von den Feldern bleibt nur Asche. Auf diesem Boden gedeiht dann nur noch der Hass auf das Militär.

„Kann man diese Art von Zerstörung nicht verhindern?“ Manche Bauern wissen eine Methode: „Na ja, manchmal. Wenn sie zu Fuß kommen und man ihnen dann eine Ziege gibt oder auch Geld, wenn man welches hat, dann geben sie dir genug Zeit, um schnell alles einzusammeln. Hier ist alles korrupt“.

Heute taucht das Militär nicht auf. Die Ernte ist fast eingefahren, und die letzten Einkäufer sind wieder mit ihrer Ware abgefahren. Sie kommen grundsätzlich nie allein, sondern immer eskortiert von Kleinlastwagen voller bewaffneter Sicherheitsleute. Ganz diskret schlüpfen sie dann in eine der Hütten, verhandeln die Preise und machen sich über ein gutes Mittagessen her.

Auch heute wird Pozole aufgetischt, einen Maiseintopf mit Fleisch und Chili, mit Avocados und geschnetzeltem Schweinefleisch. An Bier und Mescal wird nicht gespart. Draußen regnet es leise. Zwei Bauern, die aufgefordert wurden, ihre Ernte herbeizubringen, verschwinden lautlos. Zwanzig Minuten betreten sie wieder die Hütte, mit zwei Taschen. Die eine ist verschmiert mit einem schwärzlichen, klebrigen Saft, der Stoff, aus dem die Träume gemacht werden. Die andere Tasche offenbart eine Überraschung: Es ist fertiges Heroin, „China White“, wie es hier genannt wird. Viele Hundert Gramm der reinsten Sorte, aufgebessert mit Fentanyl – damit es wie ein Blitz ins Blut fährt.

Angesichts dieses Heroins wird ersichtlich, dass sich zwischen den Campesinos mehr abspielt als der Anbau des Mohns und die Abwicklung mit kleinen Banden. Hier in dieser Hütte, zwischen dumpfem Gelächter und von Alkohol getrübter Wahrnehmung, sind auch Menschen, die das Heroin produzieren, damit es in die Venen Amerikas gespritzt werden kann – unaufhaltsam und tödlich.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de

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