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Kenia: Tumult in Nairobi

Meldung vom 09.06.2016

Nairobi und andere Städte in Kenia verwandeln sich immer wieder montags in ein Pulverfass: Seit fünf Wochen organisiert die Opposition in Kenia Demonstrationen gegen eine aus ihrer Sicht parteiische Wahlkommission. Die Polizei versucht, die Versammlungen brutal niederzuknüppeln. Wieder kam es zu Todesopfern – aber keiner will einlenken.

Wieder gibt es einen Hagel von Steinen, peitschen Schüsse durch die Luft: Auch in diese Woche startet Kenia mit Protesten und Gewalt. In Kisumu, der drittgrößten Stadt des Landes, sollen mindestens zwei Demonstranten von Polizisten durch Schüsse getötet worden sein, weitere sechs wurden mit zum Teil schweren Verletzungen in Krankenhäuser eingeliefert, melden internationale Nachrichtenagenturen. Nach Angaben des Roten Kreuzes in Kenia hatten auch die Verletzten Schusswunden.

In der Hauptstadt Nairobi dagegen sei die Demonstration an diesem Montag verhältnismäßig ruhig verlaufen. Doch auch dort sei die Polizei wieder mit „großer Härte“ gegen Demonstranten eingeschritten.

Deren Begehren ist seit Wochen das gleiche: „IEBC must go“, die Wahlkommission muss gehen, ihre Mitglieder neu besetzt werden. Die IEBC in Kenia hat zur Aufgabe, die Wahlen abzuwickeln und ihre Rechtmäßigkeit zu überwachen. Viele Regierungsgegner sind aber überzeugt, dass die Behörde korrupt und parteiisch ist. Sie beschuldigen sie, die Interessen von Staatschef Uhuru Kenyatta und seiner Regierungskoalition Jubilee zu verfolgen.

Die Regierung bemüht sich, diese Vorwürfe zu entkräften und die Proteste zu zerschlagen. Ein Gericht in Nairobi hatte die Demonstration für diesen Montag verboten. Polizeichef Japheth Koome drohte sogar: „Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, nehmen Sie nicht an den Demonstrationen teil“. Trotzdem marschierten wieder Tausende auf die Straße. Das Verbot entbehre jeglicher rechtlichen Grundlage, erklärte der Oppositionspolitiker James Orengo.

Besonders die harten Maßnahmen der Polizei werden stark gerügt. Sie wird immer wieder der übermäßigen Gewaltanwendung bezichtigt – etwa am 23. Mai. An diesem Tag hatten Polizisten zwei Demonstranten erschossen. Ein weiterer war gestorben, als er sich auf der Flucht vor Tränengasgranaten verletzte. „Die Polizisten laufen da auf mit Wasserwerfern und Tränengas“, schildert Heinz Bongartz, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Nairobi, seine Beobachtungen. „Die sehen aus, als ob sie in den Bürgerkrieg ziehen – und das offensichtlich mit der Rückendeckung der Regierung.“

Aber auch viele Demonstranten treten sehr aggressiv auf. Junge Leute würden Steine schleudern und die Polizei provozieren, sagt Bongartz. Noch könne man nicht ausmachen, was und wer genau dahinter stecke. „Das sind frustrierte junge Arbeitslose. Die kannst du einerseits dafür bezahlen, dass sie ein wenig Terror machen“, meint er. „Man kann man sich aber auch vorstellen, dass diese Leute von der anderen Seite bezahlt werden, um die Initiatoren der Demonstrationen zu diskreditieren.“

Die unversöhnlich Haltung beider Seiten und die Gewaltbereitschaft rufen ungute Erinnerungen an die Unruhen nach den Wahlen 2007 wach. Damals wurden über 1.000 Menschen getötet. Viele Oppositionelle glauben nach wie vor, dass diese Wahlen manipuliert waren und fürchten, dass die für August 2017 geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen einen ähnlichen Verlauf nehmen und dass dann neue Tumulte ausbrechen.

Wie aber kommt die Kompromisslosigkeit zustande? Nach Meinung politischer Beobachter in Kenia kann man zwischen den Parteien keine grundsätzlichen ideologischen Unterschiede ausmachen: Sowohl der Regierungsblock Jubilee als auch der Oppositionsblock CORD befinden sich auf einem Kurs, der als liberal und marktkonform bezeichnet wird. Der Konflikt sei daher ethnisch motiviert, sagt Heinz Bongartz von der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Wir haben in der Regierung die Volksgruppe der Kikuyus und die Luos sind der große Gegenspieler der Kikuyus. Die hassen sich wie Deutsche und Franzosen nach dem ersten Weltkrieg.“ Diese ethnischen Unterschiede würden politisch instrumentalisiert.

Bislang sind beide Seiten nicht bereit, Kompromisse zu schließen. Laut Verfassung kann eine einmal ernannte Wahlkommission nur über eine Petition an die Nationalversammlung ausgehebelt werden. Oder durch einen freiwilligen Rücktritt ihrer Würdenträger. Aber das hat Kommissionschef Isaack Hassan direkt klargestellt, dass an Rücktritt nicht zu denken ist.

Präsident Kenyatta hatte sich Ende Mai mit Oppositionsführer Raila Odinga von der CORD-Koalition zu einem Mittagessen getroffen, doch das Gespräch führte zu keiner Lösung. „Es gibt nur eine einzige Lösung für das Dilemma – und das sind politische Verhandlungen“, betont Beobachter Bongartz. „Wenn man hier Blutvergießen und politische Gewalt verhindern will, dann reicht ein Mittagessen nicht aus.“

Genau dafür macht sich auch die Opposition in Kenia stark. Johnson Muthama von der CORD-Koalition setzte Präsident Kenyatta jetzt eine Frist: „Wir geben der Regierung noch zwei Wochen Zeit“, sagte er. „Und wenn sie sich weiterhin weigert, über die Zusammensetzung der Wahlkommission zu verhandeln, dann werden wir nicht nur einmal, sondern zweimal, dreimal oder siebenmal die Woche auf die Straße gehen“.




Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de

Schlagwörter: Kenia, Demonstrationen, Nairobi, Wahlkommission, Wahlen, Gewalt, Krawalle, Polizei, Tote, Brutalität, Tränengas, Schlagstöcke, Luo, Kikuyu, ethnische Unruhen, Uhuru Kenyatta, Raila Odinga, Opposition, Politik