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Indien: Die bösen Schwiegermütter

Meldung vom 03.08.2016

Schwiegermütter in Indien haben das Sagen. Nichts fürchtet eine jung verheiratete Frau mehr als ihre Schwiegermutter, die das Leben der erwachsenen Kinder fest in den Griff bekommen will. Auf diese Weise gelingt es der Älteren, innerhalb der patriarchalischen Strukturen, sich selbst einen Machtbereich zu sichern.

Bevor Nitu aus dem Zwei-Zimmer-Haus in Delhis Viertel Khanpur auf die schmale Gasse tritt, hüllt sie ihren Kopf in die Dupatta, einen breiten indischen Schal, und verbirgt damit ihr Gesicht. Früher hat sie ihr Gesicht offen zur Schau getragen, doch seit sie verheiratet ist, darf sie sich Fremden nur noch verschleiert zeigen. Das hat nicht etwa ihr Ehemann so befohlen. „Meine Schwiegermutter wünscht das so“, meint die 26-jährige Inderin.

Vor nichts haben viele Frauen auf dem Subkontinent mehr Furcht, als vor ihren Schwiegermüttern. Überall in der Welt kursieren Witze über Schwiegermütter, meist halten sich die Männer für die eigentlichen Opfer. Doch in kaum einem anderen Land tragen Schwiegermütter so sehr dazu bei, patriarchalische Strukturen zu konservieren und junge Frauen zu schikanieren, wie im mehrheitlich hinduistischen Indien. Die „Saas“ ist weisungsbefugt. Zwar gehen in Indiens Gesellschaft auch viele Veränderungen vor sich. Kleinfamilien werden mehr und die jungen Frauen von heute rebellieren gegen starre Traditionen. Aber noch immer ordnen sich viele Paare dem alten Brauch unter, nach der Hochzeit zu den Eltern des Mannes zu ziehen.

In der neuen Familie befinden sich die jungen Frauen unter der Fuchtel der „Saas“, wie die Schwiegermutter auf Hindi heißt. Man erwartet, dass sie sich der älteren Frau ohne ein Widerwort unterordnen. Natürlich weiß man auch von Schwiegermüttern, die ihre Schwiegertöchter freundlich behandeln. Doch viele junge Ehefrauen treten mit der Hochzeit in eine Zeit des Martyriums ein. Sie werden wie Sklavinnen behandelt und müssen der ganzen Familie zu Diensten sein.

Diese Tradition vererbt sich über Generationen: Später unterdrücken sie ihre eigenen Schwiegertöchter, um sich für die harten Jahre zu rächen. Während die Männer draußen ihre Macht ausüben, spielen die Schwiegermütter in der Familie oft ihren verlängerten Arm. Sie haben die Aufgabe, die Ehre der Familie zu bewahren und die jüngeren Frauen zu kontrollieren. Obwohl selbst Frauen, gelingt es ihnen so, sich auf der Grundlage von patriarchalischen Strukturen einen Vorteil zu verschaffen und Macht zu erringen. Damit begünstigen sie aber auch das System der Männer und die allgemeine Unterdrückung von Frauen.

Auf die Unterstützung ihrer Ehemänner können die jungen Frauen selten bauen. So verlangt die Sitte, dass sich die Söhne bei Streitigkeiten aus Respekt auf die Seite ihrer Mutter schlagen. Bis heute stehen viele Männer in einer engeren emotionalen Beziehung zu ihrer Mutter als zu ihrer Frau. Indische Mütter idealisieren und verwöhnen ihre Söhne oft maßlos, weil sie erst durch einen Sohn an Ansehen in der Gesellschaft gewinnen, während Töchter wertlos sind. Auch so zementieren Frauen uralte Rollenbilder.

Die Einmischung der Schwiegermutter kann alle Lebensbereiche betreffen. Sie bestimmen, wie sich die Schwiegertochter kleidet, ob sie ihre Eltern besuchen, einer Arbeit nachgehen oder auf Reisen darf. Vielen Frauen ist es sogar untersagt, alleine einkaufen oder zum Arzt zu gehen. Manchmal reicht die Machtausübung der Schwiegermütter sogar bis ins Schlafzimmer der jungen Paare. Im Extremfall bestimmen Schwiegermütter sogar, wie oft das junge Paar Sex hat, indem sie die „Bahu“, die Schwiegertochter, bis tief in die Nacht arbeiten lassen, um romantische Augenblicke zu zweit zu torpedieren.

Nicht selten geht diese Machtausübung auch mit Gewalt und Misshandlungen einher. „Es gibt wachsende Hinweise, dass viele indische Frauen Gewalt durch ihre Schwiegermütter erleiden“, lautet es in einer Studie von 2013. „Indische Schwiegermütter sind beständig in Verfahren wegen Gewalt gegen ihre Schwiegertöchter verwickelt, insbesondere in Mitgiftfällen.“

Zwar seien nur etwa vier Prozent aller Häftlinge in Indien weiblichen Geschlechts. Doch bei Mitgiftmorden machen sie direkt nach den Ehemännern die zweithäufigste Tätergruppe aus. In Delhis Gefängnis Tihar wird laut Medien sogar ein eigener sogenannter „Schwiegermutter-Trakt“ unterhalten. In Odisha wurde jüngst eine Frau mitsamt ihren zwei erwachsenen Töchtern mit einer lebenslänglichen Haftstrafe belegt, weil sie die Schwiegertochter zu Tode gefoltert hatten, um an die Mitgift zu kommen.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall: Schwiegermütter werden von ihren erwachsenen Kindern schlecht behandelt. Vor allem ältere Frauen wie Witwen, die nicht über den Schutz eines Ehemannes verfügen, gelten als Belastung und werden leicht Opfer häuslicher Gewalt. Das geht so weit, dass sie aus dem Heim vertrieben werden. Die heilige Stadt Vrindavan ist eine Zuflucht für Witwen, die aus ihren Familien verstoßen wurden.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Der Standard“, derStandard.at

Schlagwörter: Indien, Schiegermutter, Schwiegertochter, Frauen, Frauenrechte, Tradition, Gender, Rollenbilder, Geschlecht, Unterdrückung, Männer, Familie, Gesellschaft, Wandel, Hochzeit, Sklavinnen, Ehe, Mitgift, Mitgiftmord, Folter, Gewalt, häusliche Gewalt, Witwen, Vrindavan