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Indien: Unruheherd Kaschmir

Meldung vom 09.08.2016

Anfang Juli 2016 töteten Sicherheitskräfte in Kaschmir den jungen Separatisten Burhan. Das hat im indischen Teil der Region schwere Unruhen losgetreten. Mehr als 50 Menschen starben schon.

Die Stimmung in Kaschmirs Hauptstadt Srinagar ist auf dem Siedepunkt, die Schlachtrufe zeugen von angestauter Wut. Erst sind es nur wenige, dann kommen immer mehr zusammen. Die Demonstranten, die nach dem Freitagsgebet zur Demonstration kommen, sind überwiegend männlich und jung, viele sind noch Kinder. „Diese Menschen hier folgen nicht den Separatisten, sie folgen nicht der Regierung, sie folgen nicht der indischen Armee. Sie folgen nur ihrem Willen“, schildert ein junger Student die Lage, „Die Inder hissen ihre Flagge in Kaschmir wo immer sie wollen, aber niemals in unseren Herzen.“

Bei den Polizisten mit Helm und Schutzschild liegen die Nerven blank. Sie feuern ohne Vorwarnung mit Tränengas und ohrenbetäubenden Blendgranaten. Die Augen brennen, die Lunge schmerzt, die Orientierung geht verloren. Die Demonstranten laufen davon, einige fallen zu Boden, wenig später werfen die Demonstranten Steine auf die Sicherheitskräfte. Die gehen zur Offensive über. Ein Helikopter kreist plötzlich über den Köpfen der Menschenmenge, um die Truppen unten zu dirigieren.

Solche Gewaltszenen gehören seit dem 8. Juli zum Alltag im indischen Teil Kaschmirs. An diesem Tag töteten Sicherheitskräfte Burhan Wani. Er war ein 22-jähriger Kämpfer, auf den die indischen Behörden wegen terroristischer Aktivitäten ein hohes Kopfgeld ausgesetzt hatten.

Doch die Jugendlichen in Kaschmir sahen in Burhat Wani keinen Terroristen, sondern einen Freiheitskämpfer, erklärt der kaschmirische Journalist Shujaat Bukhari. „Burhan steht symbolisch für die Wut der jungen Generation. Er hat die Jugendlichen mit seinen Facebook-Videos für sich eingenommen“, meint der Journalist. „Wir sitzen hier in Kaschmir auf einem Vulkan. Es brauchte nur einen Funken, um ihn zum Ausbruch zu bringen. Burhan war dieser Funke.“

Die Unruhen, die nach Burhan Wanis Tod herrschen, fügen der tragischen Geschichte Kaschmirs ein weiteres blutiges Kapitel hinzu. Das früher unabhängige Fürstentum in der Himalaya-Region ist seit 1947 geteilt. Damals zerbrach das britische Kolonialreich. Mit Indien und Pakistan formten sich zwei Staaten, die bis heute tiefe Feindschaft gegeneinander hegen und das muslimisch geprägte Kaschmir jeweils ganz für sich beanspruchen.

Auch China hat sich einen kleinen Teil abgezwackt. Kaschmir zählt heute zu den am stärksten bewaffneten Gebieten der Welt. Im größten staatlichen Krankenhaus in Srinagar ringt Mubashir um sein Augenlicht. Sein Gesicht wurde von kleinen Kugeln getroffen, abgeschossen aus den Pelletgewehren der paramilitärischen indischen Polizisten, die die Unruhen niederschlagen sollten. Vermutlich wird Mubashir erblinden wie dutzende andere junge Demonstranten. Er hat Steine geschleudert, andere nehmen auch Molotow-Cocktails und brennende Reifen zu Hilfe. „Unsere Kinder sterben. Sie sind unschuldig. Das muss aufhören, die Regierung muss das stoppen“, schluchzt Mubashirs verzweifelte Mutter, die an seinem Bett wacht.

„Warum lassen die Eltern das zu? Wo sind die Älteren? Wo ist die Zivilgesellschaft, warum gibt es dieses Vakuum?“, wagt Kommandant Rajesh Yadav zu fragen, der Sprecher der paramilitärischen Polizei-Einheiten, die in Kaschmir ihren Dienst tun.

Auf den Straßen steht derweil alles still – bis zur nächsten gewaltsamen Demonstration. Die Behörden haben eine Ausgangssperre angeordnet und die Anführer der separatistischen Parteien haben einen Generalstreik ausgerufen. Die Separatisten wohnen in Srinagar unter Hausarrest in prächtigen Villen.

Der Straßenkampf wird von Jugendlichen und Kindern angeführt. Indien bezichtigt Pakistan, die jugendlichen Straßenkämpfer zu rekrutieren und zu finanzieren. In Pakistan gibt es viele extremistische Gruppen, die es sich zur Sache gemacht haben, das muslimische Kaschmir von der Fremdherrschaft Indiens freizukämpfen.

Ein junger Student, dessen Universität wegen der Unruhen derzeit pausiert, beschreibt die Stimmung der Jugend: „Wir fühlen uns eingesperrt. Wie im Käfig. Indien benutzt unser Land, ohne uns Menschen zu wollen. Indien will seine Grenzen sichern und verhindern, dass Leute aus Pakistan einsickern oder China einmarschiert.“

Der Student ist den Demonstrationen fern geblieben und wird doch von der Gewalt in Mitleidenschaft gezogen. Er sehnt sich danach, wenigstens die Chance zu haben, sich auf eigenem Boden frei bewegen zu können: „Wann immer ich das Haus verlasse, um etwas einzukaufen, muss ich an Bewaffneten vorbei. Wir fühlen uns bedroht“, bekundet der angehende Ingenieur.

Seit 70 Jahren nach der Teilung Kaschmirs ist keine politische Lösung in Sicht. Es gibt keine politischen Verhandlungen zwischen Indien und Pakistan. Und es gibt keinen politischen Austausch zwischen den Separatisten im indischen Teil und der indischen Regierung. Zwar dringen heute weniger Kämpfer aus dem pakistanischen Teil Kaschmirs in den indischen ein. Doch stattdessen laufen im indischen Teil selber immer mehr junge Kaschmiris zum bewaffneten Kampf über, so wie Burhan Wani.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ARD-Nachrichten online“, ard.de

Schlagwörter: Indien, Kaschmir, Separatisten, Unruhen, Gewalt, Straßenkämpfe, Jugend, Srinagar, Tränengas, Demonstration, Ausgangssperre, Teilung, Burhat Wani, Islam, Muslime, Freiheit, Tote, Gewalt