Ostafrika will noch keinen freien Handel mit Europa

Meldung vom 13.09.2016

Die Ostafrikanische Union hat sich immer noch nicht dazu durchringen können, ein längst fälliges EU-Handelsabkommen zu unterschreiben. Der Vorgang wurde erneut vertagt. Die Beweggründe dafür sind mannigfaltig. Kenia hat unter den ostafrikanischen Ländern wohl am meisten Einbußen durch diese Verzögerung. Das Land befürchtet nun höhere Einfuhrzölle und Marktverluste.

Kenianische Rosen finden viele Abnehmer in deutschen Haushalten – die meisten Importe dieser Edelgewächse gelangen schließlich aus dem ostafrikanischen Land zu uns. Auch Kaffee aus Tansania und Tee aus Uganda sind in vielen deutschen Küchen zu finden. Doch jetzt ist im tansanischen Daressalam eine neue Verhandlungsrunde um die Einfuhrbestimmungen ostafrikanischer Waren in die Europäische Union (EU) gescheitert: Die Staatschefs der sechs Mitgliedsstaaten der Ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (EAC) wollen das Wirtschaftsabkommen noch nicht verabschieden und haben es um weitere drei Monate verschoben. Schon jetzt haben die meisten Länder aber klargestellt, dass sie das von der EU vorgelegte Abkommen ablehnen wollen.

Bei dem sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) geht es um ein Freihandelsabkommen, das die Europäische Union gerne mit vielen Ländern abschließen würde. Im Gegenzug zu dem zollfreien Zugang zum europäischen Markt tragen die Länder ein hohes Risiko: Sie sollen ihre Märkte zu bis zu 83 Prozent für europäische Importe öffnen und hierbei schrittweise Zölle und Gebühren streichen.

„Die EU ist natürlich sehr an diesem großen Markt interessiert“, betont Honnest Prosper Ngowi, Wirtschaftswissenschaftler an der Mzumbe Universität in Tansania. Für Ostafrikaner würde das natürlich ein größeres Warenangebot bedeuten. Andererseits könnten lokale Unternehmen im Wettbewerb unterliegen und in Existenzschwierigkeiten geraten: „Wenn Länder wie Tansania sich für zollfreie Importe aus der EU öffnen, wird es schwierig für die einheimische Industrie, sich gegenüber den High-Tech-Produkten aus Europa durchzusetzen.“

Tansania hatte schon vor der Sitzung in Daressalam am Donnerstag (08.09.2016) mitgeteilt, das Abkommen zu boykottieren. Jedenfalls gab es keine Zustimmung in der von der EU gesetzten Frist bis zum 1. Oktober. Auch hatte Tansania zuvor versucht, stark Einfluss auf seine Nachbarn zu nehmen. Man dürfe nicht sofort abstimmen, sondern müsse zunächst die Folgen eines solchen Abkommens für die regionale Wirtschaft stärker unter die Lupe nehmen. Auch Burundi durchkreuzte die Planung für das Abkommen: Das kleine Land mit ohnehin geringen Exporten möchte sich so gegen Sanktionen zur Wehr setzen, die die EU wegen Menschenrechtsverletzungen beschlossen hat.

Keine Bedenken hatten Kenia – eine der führenden Volkswirtschaften Afrikas – und Ruanda, die den Vertrag bereits im Vorfeld separat signiert hatten. Am Donnerstag konnte aber Tansania mit seiner kritischen Haltung die anderen Staaten entweder überzeugen oder abbremsen: Nach einer sechsstündigen Debatte einigten sich die versammelten Staatschefs aus Tansania, Burundi, Kenia, Ruanda, Südsudan und Uganda erst einmal darauf, keine Entscheidung zu treffen. Die Sorge, durch neue Konkurrenz mehr als 40 Prozent der nationalen Umsätze einzubüßen, wog schwerer als die Aussicht auf neue Absatzmärkte in Europa.


Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de