Südsudan: Bürgerkrieg geht auch ohne Machar weiter

Meldung vom 03.11.2016

Die Auseinandersetzungen im Südsudan werden immer unüberschaubarer. Rebellenchef Riek Machar will seine Macht im Südsudan wieder ausüben, aber Äthiopien hat ihm und seinen Milizen jetzt eine Absage erteilt. Wird das den Gefechten im Südsudan ein Ende bereiten?

Tausende Kilometer ist Riek Machar derzeit von seiner Heimat entfernt. Seit seiner Flucht vor fast vier Monaten hat Südsudans Rebellenchef und Ex-Vizepräsident weite Strecken zurückgelegt: Erst war er im Kongo, dann im Sudan, jetzt in Südafrika. Im Exil am Kap lässt Machar seine Knieverletzung behandeln – und bereitet offenbar sein Comeback vor. „Keiner kann mir verbieten, mich einzumischen im Südsudan“, polterte er kürzlich in einem Interview. Frieden, sagte Machar, sei nur mit ihm und seinen Rebellen vorstellbar. Doch welche Befehle er derzeit erteilt und von wem sie gehört werden, kann niemand genau sagen.

Doch eines steht fest: Zurück in seine Heimat kann Machar vorerst nicht, und auch das Nachbarland Äthiopien verweigert ihm die Unterstützung. Das zumindest hat Ministerpräsident Desalegn gerade bei einem Besuch in der südsudanesischen Hauptstadt Juba zugesagt. „Wir werden keine bewaffneten Gruppen unterstützen, weder im Südsudan noch bei uns in Äthiopien“, betonte Hailemariam Desalegn und stellte in Aussicht, in Zukunft enger mit der Armee des südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir kooperieren zu wollen.

Der ist Machars Erzrivale und hatte sich in der Vergangenheit mehrfach über Äthiopien beschwert, das Land habe den südsudanesischen Rebellen Unterschlupf und Hilfe gewährt. Zwar widerspricht Äthiopien diesem Vorwurf, aber Machar selbst hatte sich in den vergangenen Jahren regelmäßig für längere Zeit dort aufgehalten. Jetzt soll ihm allenfalls noch die Durchreise oder die Teilnahme an Friedensgesprächen gestattet werden.

Dass Äthiopien ausgerechnet jetzt dicht macht, hat möglicherweise mit den eigenen innenpolitischen Schwierigkeiten zu tun. Die größte Minderheit des Landes, die Oromo, setzt sich gerade gegen Diskriminierung zur Wehr, immer wieder kam es zu Krawallen. „Es gibt Ängste, die jüngsten Unruhen könnten zu einem Aufstand der Oromo führen – und zwar ausgehend von der Grenzregion zum Südsudan“, meint Deutsche Welle-Korrespondent Waakhe Simon Wudu. In den Wäldern dort sollen sich auch Machars Rebellen mit ihren Waffen verschanzt haben.

Was für Konsequenzen die Vereinbarung mit Äthiopien hat, kann Henrik Maihack von der Friedrich-Ebert-Stiftung noch nicht absehen. „Die Gewalt hat seit Machars Flucht in vielen Landesteilen zugenommen“, berichtet der Südsudan-Experte. „Das ist nicht mehr nur ein Zweikampf zwischen Machar und Präsident Kiir. Es haben sich viele verschiedene Milizen mit unterschiedlichen Interessen gegründet und immer mehr wird Ethnizität politisch instrumentalisiert, um militärische Ziele zu erreichen.“

Besonders heikel sei die Situation etwa in der Region Equatoria südlich der Hauptstadt Juba. Die Kämpfe lösen große Flüchtlingswellen aus. Die meisten retten sich nach Uganda. „Und gerade jetzt, wenn im November die Regenzeit aussetzt, werden die Kämpfe erfahrungsgemäß schlimmer“, warnt Maihack. Denn bei Trockenheit können sich die Kämpfer in dem unwegsamen Gelände viel schneller bewegen.

Zum ersten Mal seit Juli 2016 sind jetzt Delegierte der Afrikanischen Union (AU) in den Südsudan gekommen, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen. „Wir bitten jeden einzelnen Südsudanesen, ja zu sagen zu Frieden und Dialog, so dass euer Land sich erholen und aussöhnen kann“, erklärte die Leiterin der Delegation, Kenias AU-Botschafterin Catherine Muigai Mwangi, auf einer Pressekonferenz. Worte, die schon so oft gesprochen wurden. Mehr als eine Million Südsudanesen haben laut den Vereinten Nationen bereits das Land verlassen, und fast fünf Millionen können ohne ausländische Nahrungsmittelhilfe kaum mehr überleben.

„Die Lage ist so instabil, dass der Friedensprozess einen neuen Anlauf braucht, der alle Gruppen einbezieht“, sagt Maihack – und dann sei es nicht nur die Aufgabe, Präsident Kiir und Rebellenchef Machar an den Verhandlungstisch zu bringen. Das Comeback aus dem Exil spielt da nur eine untergeordnete Rolle.


Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de