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Äthiopien: 41 Prozent aller Mädchen werden als Kind verheiratet

 
Meldung vom 05.01.2017

In Äthiopien ist die Kinderehe an der Tagesordnung. Alle Lebensbedingungen der Kinder werden von den Eltern bestimmt. Eine Weigerung kommt nicht in Frage. Abaynesh ist 14 Jahre alt, verheiratet – und bereits schwanger. Damit erlebt sie das Gleiche wie fast 700 Millionen Frauen weltweit, die als Kind zwangsverheiratet wurden. Doch was bedeutet die Ehe für ihr Leben?

In dieser Minute werden 28 Mädchen zwangsverheiratet. Und in der nächsten Minute weitere 28. Und dann noch mal 28. Jedes Jahr werden so weltweit aus 15 Millionen Mädchen Ehefrauen. Das sind junge Frauen, die eigentlich noch Kinder sind – und doch schon einem Mann angehören, und sich manchmal sogar schon um ein eigenes Baby kümmern müssen.

Dieses Los verbindet Abaynesh aus Äthiopien mit Ramgani aus Indien und Nayane aus Brasilien. Jede versucht das Beste aus ihrer Situation zu machen. Abaynesh berichtet: „Als ich frisch verheiratet war, wollte ich weiter zur Schule gehen, aber meine Familie und meine Schwiegereltern untersagten es mir.“ Während ihres Berichts kehrt sie in der Hütte aus Holz, sonnengetrockneten Ziegeln und Stroh. Abaynesh lebt mit ihrem Mann und zwei Maultieren in Gindero im äthiopischen Bundesstaat Amhara.

Die großen grünen Berge, Felder, soweit das Auge reicht, und eine Nacht, so dunkel, dass die Sterne hell funkeln, lassen auf eine Gegend ohne Hektik und Fortschritt schließen. Es gibt keine Nachbarn, keine sanitären Anlagen, keinen Stromanschluss, selbst Uhren fehlen.

Es ist noch vor Sonnenaufgang, doch Abaynesh, 14 Jahre alt, hat sich bereits zum Fluss aufgemacht, um Wasser zu holen. Sie schleppt einen Kanister mit 20 Liter Fassungsvermögen auf ihrem zarten Rücken – und weder das Gewicht noch ihre fortgeschrittene Schwangerschaft bremsen ihre schnellen und kräftigen Bewegungen.

Als sie vor drei Jahren in die Ehe gezwungen wurde, haben ihre Schwiegereltern ihren Namen in Jemata geändert. Ihr alter Name Abaynesh symbolisierte das, was sie erreichen wollte und nicht vermochte. „Als ich klein war, hatte ich sehr gute Schulnoten. Ich wollte Ärztin werden“, erzählt sie traurig.

Es gibt zwei Methoden, wie äthiopische Mädchen in einer Ehe landen. Die verbreitetste ist ein Handel zwischen den Familien. Die zweite ist Verschleppung. Wenn die Familie die Heirat ablehnt, entführt der Mann das begehrte Mädchen. Aufgrund von Tradition und Ehre sind die Eltern der zukünftigen Braut danach gezwungen, dieser Verbindung zuzustimmen.

41 Prozent der Äthiopierinnen zwischen 20 und 24 Jahren wurden als Kind verehelicht. Drei von vier Frauen zwischen 15 und 49 Jahren mussten eine Genitalverstümmelung über sich ergehen lassen. Abaynesh passt in beide Statistiken. An diesen beiden Bräuchen wird nach wie vor festgehalten – und zwar in mehr als 20 Ländern, zumeist in Afrika. Sie sind manchmal eng miteinander verkoppelt – insbesondere wenn die Genitalverstümmelung Vorbedingung für die Ehe ist.

„Es muss gemacht werden, bevor die Mädchen 15 Tage alt sind, denn davor ist der Körper kräftiger und heilt schneller“, sagt eine seit mehr als 30 Jahren damit beschäftigte Beschneiderin. Sie verspricht, dass binnen acht bis zehn Tagen die Wunde verheilt und kein Schmerz mehr da ist. Abayneshs Schwiegervater betont, dass Familien beschnittenen Frauen aus kulturellen Gründen den Vorrang gäben. Zudem würden sich junge Mädchen besser der Familie ihres Mannes unterordnen, wären weniger rebellisch und bessere Ehefrauen.

Abayneshs Augen lassen Müdigkeit erahnen, die ihr restlicher Körper zu verbergen weiß. Nach dem Abendessen kümmert sie sich um die Zubereitung des Kaffees, während sie inmitten des Zimmers der Schwiegereltern sitzt. Sie nimmt kaum Teil an den Familiengesprächen um sie herum und schweigt. So verrichtet sie Tag für Tag ihre eintönigen Arbeiten. Vielleicht stellt sie sich manchmal dabei vor, wie ihr Leben als Ärztin ausgesehen hätte.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Äthiopien, Mädchen, Kinder, Kinderrechte, Kinderheirat, Kinderehe, Gender, Zwangsheirat, Schule, Bildung, Genitalverstümmelung, Beschneidung, Amhara, Diskriminierung, Geschlechter, Geschlechterrollen, Tradition