Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Uganda: Die bisher vorbildliche Flüchtlingspolitik steht auf der Kippe

Meldung vom 07.02.2017

In Uganda werden Flüchtlinge vorbildlich integriert. Die Regierung teilt ihnen Arbeit und Land zu. Das hatte bislang ein harmonisches Zusammenleben zur Folge. Doch die offene Flüchtlingspolitik lässt sich in der Form nicht mehr lange halten.

Im Flüchtlingslager in Nakivale sind Menschen in einfachen, sauberen Lehmhütten untergekommen, mitten in weiten grünen Maisfeldern. Kinder tummeln sich in sauberen Höfen, während ein paar Männer friedlich damit beschäftigt sind, Lehmziegel zu einer Mauer für ein neues Haus aufeinanderzuschichten. Nakivale ist die zweitgrößte von zehn ähnlichen Siedlungen, sie befindet sich im Südwesten Ugandas. Rund 113.000 Flüchtlinge, die sich vor Gewalt in Nachbarstaaten in Sicherheit bringen mussten, hausen dort auf rund 183 Quadratkilometern, einer Fläche fast halb so groß wie Köln.

Joseph O. gelangte während des Bürgerkriegs im Sudan 2003 nach Uganda. In Nakivale bekam er eine Parzelle, wo heute ein Haus und ein Kiosk stehen, mit dem er den Lebensunterhalt für seine Frau und die sechs Kinder bestreitet. „Uganda gibt Flüchtlingen Sicherheit und Bewegungsfreiheit“, lobt der 45-Jährige. Zudem haben alle eine Arbeitserlaubnis erhalten.

Nur wenige Flüchtlinge auf dem Kontinent sind unter solch guten Bedingungen aufgenommen worden. In Afrika südlich der Sahara haben nach UN-Angaben rund 26 Prozent der weltweit über 21 Millionen Flüchtlinge Schutz gesucht. Viele von ihnen existieren zusammengepfercht in chronisch unterversorgten, oftmals mit Zäunen abgeriegelten Zeltstädten. Es gibt wenig Lebensmittel und Medikamente, Choleraausbrüche oder auch Rebellenangriffe sind an der Tagesordnung.

Uganda beherbergt mit rund 900.000 Flüchtlingen eine der größten Flüchtlingspopulationen Afrikas – bei einer eigenen Bevölkerungszahl von 39 Millionen. Rund 800.000 von ihnen bekamen Land von der Regierung in nicht eingezäunten Siedlungen geschenkt. Zehntausende weitere Flüchtlinge sind in den Städten untergekommen. Sie dürfen dort eine Arbeit verrichten und eigene Unternehmen gründen. „Uganda hat ein Regelwerk, das die Würde von Flüchtlingen wiederherstellt“, erklärt Teresa Ongaro vom Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kenia.

Die größte Gruppe der Flüchtlinge – etwa eine halbe Million Menschen – stammt aus dem Südsudan. In dem blutigen Bürgerkrieg kamen bislang Zehntausende Menschen ums Leben, Millionen mussten vor den Gewalttätern Reißaus nehmen. Neue Gewaltausbrüche seit dem vergangenen Juli haben die Lage weiter verschlechtert. Auch Bürgerkriege und Krisen in anderen Nachbarländern Ugandas – wie etwa Somalia, Burundi, Kongo oder Ruanda – haben Flüchtlingsströme nach Uganda ausgelöst.

Bei Ankunft unterziehen sie sich nach Angaben der Behörden einer medizinischen Untersuchung, sie werden geimpft und bekommen einen Identitätsausweis. Sie könnten auch Schulungen in Landwirtschaft und Betriebswirtschaft in Anspruch nehmen, erklärt Patrick Rwabwogo von der Hilfsorganisation Finnish Refugee Council, die solche Programme in Nakivale organisiert. „Wenn Flüchtlingen Möglichkeiten geboten werden, werden sie nicht zu solch einer großen Belastung und produktiv“, erläutert Apollo Kazungu, Flüchtlingskommissar der ugandischen Regierung.

In Kisenyi, einem Vorort der Hauptstadt Kampala, verdienen sich somalische Flüchtlinge ihren Unterhalt durch Supermärkte, Obst- und Gemüsestände oder Wechselstuben. Wenn die Muezzins über dem ausgedehnten Meer an Dächern zum Gebet rufen, laufen Somalier und ihre ugandischen Glaubensbrüder Seite an Seite zu den Moscheen.

„Es ist ein gutes Land, das uns erlaubt, wie alle anderen Menschen zu leben“, meint Deeqa Muhammed, während sie hinter der Verkaufstheke ihres Ladens auf Kunden wartet. Die 39-Jährige rettete sich 2012 vor Kämpfen in Somalia. Auch wenn es nicht immer einfach sei, die Miete und die Schulgebühren ihrer Kinder zu erwirtschaften, sei sie zufrieden. Sie fühle sich hier nicht angefeindet.

Während in Südafrika und Sambia im vergangenen Jahr blutige ausländerfeindliche Krawalle ausbrachen, blieb es in Uganda friedlich. Manche Beobachter begründen das damit, dass zahlreiche Ugander auf der Flucht vor der blutigen Diktatur von Milton Obote in den 1980ern etwa im Sudan Unterschlupf fanden. Man wurde aufgenommen und sieht es jetzt als seine selbstverständliche Verantwortung, andere aufzunehmen.

Doch im Zusammenleben von Flüchtlingen und Ugandern treten in letzter Zeit immer mehr Konflikte auf. Bewohner in Nakivale wurden von der Leitung der Siedlung dazu ermahnt, nicht über diese Probleme zu reden, ebenso nicht über Mängel an finanzieller Hilfe oder medizinischer Versorgung. Bei Zusammenstößen mit benachbarten Bauern soll Berichten zufolge ein Mensch gestorben sein. Die Leitung in Nakivale wollte dazu keine Stellung beziehen.

Flüchtlingskommissar Kazungu gibt zu, dass sich die Landfrage inzwischen zu einer großen Herausforderung entwickelt hat. Die Regierung habe die Größe der Parzellen auf 50 mal 50 Meter eingegrenzt. Der Wert der bisher an Flüchtlinge vergebenen Ländereien belaufe sich umgerechnet auf rund 47 Millionen Euro – eine stolze Summe in einem Land in dem nahezu jeder Fünfte der Weltbank zufolge unter der Armutsgrenze lebt.

Doch die Zuwanderung reißt nicht ab. „Wir müssen uns auf das Schlimmste vorbereiten“, klagt Charles Yaxley, UNHCR-Sprecher in Kampala. Ugandas Flüchtlingsprogramm wird mit rund 200 Millionen Dollar (rund 190 Millionen Euro) jährlich von den UN begünstigt. Durch den starken Zustrom aus dem Südsudan im vergangenen Jahr musste das Welternährungsprogramm (WFP) die Lebensmittelrationen für jene verkleinern, die bereits seit über einem Jahr in Uganda untergekommen sind.

Die wachsende finanzielle Belastung ist Wind in den Segeln der Kritiker. Sie beschuldigen die Flüchtlinge, Mietpreise in die Höhe zu treiben. Zudem bewerten sie Somalier zunehmend als Sicherheitsrisiko wegen ihrer möglichen Beeinflussung durch die somalische Terrormiliz Al-Schabaab. „In diesem Land gibt es bereits Millionen Menschen in Not“, bemängelt etwa Ken Lukyamuzi von der oppositionellen konservativen Partei. Mit den Flüchtlingen lege die Regierung dem Land eine zusätzliche Bürde auf.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Handelsblatt“, handelsblatt.com

Schlagwörter: Uganda, Flüchtlinge, Land, Flüchtlingspolitik, Zusammenleben, Nakivale, Flüchtlingslager, Arbeitserlaubnis, Integration, Flüchtlingsströme, Südsudan, Somalia, Sicherheitsrisisko, Al-Schabaab, Parzelle, Arbeit, Ausbildung, Konflikte, Ausländerfeindlichkeit