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Ghana: Cashew – die raffinierte Nuss

 
Meldung vom 16.02.2017

Die Cashew-Nuss ist in Ghana Königin. Doch obwohl Ghana eines der Länder ist, das die Hauptanbauflächen für die Cashews bietet, hat das Land von der wachsenden Nachfrage nach der leckeren Knabberei noch nicht richtig profitiert. Wie so oft in Afrika, wird ein Produkt zwar angebaut, aber vor Ort nicht bis zum Regalprodukt weiterverarbeitet. Dagegen will man jetzt etwas unternehmen.

Die Cashew-Nuss ist voll im Trend. Das hat sich herumgesprochen, die Information gelangte bis zu Mary Sarpong im hintersten Winkel Ghanas. Sarpong ist eine 62-jährige Bäuerin, die mit ihren zwei Söhnen eine kleine Cashewfarm von rund 4 Hektar verwaltet. Das Anbaugebiet befindet sich eine Autostunde von der Kleinstadt Wenchi entfernt, im Zentrum des westafrikanischen Landes. Auf Sarpongs Hof sucht man fließendes Wasser und Elektrizität vergeblich, es existiert lediglich ein kleines Solarpanel, mit dem das Handy aufgeladen werden kann. Und trotzdem kommt die Bäuerin dank der Cashew-Nuss vergleichsweise gut über die Runden. Mit ihren 160 Bäumen kann sie 2,4 Tonnen Nüsse pro Jahr ernten und verdient damit umgerechnet gut 2.000 Euro im Jahr. Damit erwirtschaftet sie ein Einkommen, das deutlich über dem Durchschnitt liegt. Normal ist in Ghana ein Jahreseinkommen von rund 1.300 Euro.

Der weltweite Hunger auf Cashew-Nüsse wächst seit längerem jährlich um rund 10 Prozent. Mehr als die Hälfte der globalen Cashew-Ernte stammt aus Afrika. Allein in Ghana leben etwa 80.000 Kleinbauern von der Cashew-Nuss, das Land führt rund 65.000 Tonnen pro Jahr aus.

Früher führte Sarpong mit ihrem Mann eine Kakaoplantage. Dann starb er, das Land wurde unter seinen Verwandten verteilt, sie bekam keinen Anteil. Schließlich bot sich Sarpong die Chance, an einem andern Ort neu anzufangen. In Ghana ist es wie in vielen Ländern Afrikas so, dass das Land selten in der Hand einzelner ist. Das Land gehört mehrheitlich dem Staat beziehungsweise den traditionellen Stammeschefs, die es verwalten. Normalerweise wird das Land verpachtet, meist für maximal 99 Jahre. Experten kritisieren oft, dass dieses System rechtliche Unsicherheiten berge und wenig Anreize für die Bauern böte, längerfristig in ihr Land zu investieren.

Sarpong bearbeitet ihr Land inzwischen seit 17 Jahren. Zu Beginn setzte sie außer den Cashewbäumen auch noch Kassawa und Kochbananen. Wenn die Cashewbäume ausgewachsen sind, ist das nicht mehr möglich. In der Regel erreichen sie das Alter von 30 Jahren, aber in ihrem Fall zeigen sich langsam bereits Ermüdungserscheinungen bei den Bäumen. Sarpong führt dafür als Grund den Regenmangel an, der seit einigen Jahren immer deutlicher spürbar ist. Zudem klettern die Temperaturen; und ein anwesender Experte ergänzt, die Bäuerin habe auch zu viele Bäume gesetzt. Aber die Cashewpflanze ist bekannt dafür, dass sie selbst auf trockenen Böden keine Probleme hat. Sarpong muss nicht extra Wasser für die Bäume herbeischaffen, und auch auf den Einsatz von Dünger konnte sie verzichten. Die mühevollste Plackerei ist das Jäten. Der Boden sollte möglichst nicht von Unkraut bedeckt sein, weil es den Bäumen die wenigen Nährstoffe aus der dünnen Humusschicht wegnimmt.

Auf die Frage nach dem jährlichen Ertrag schweigt die Bäuerin jedoch verlegen. Sie sagt entschuldigend, sie habe nie Schulunterricht erhalten. Es ist ihr älterer Sohn, der sich seit einiger Zeit bemüht, eine rudimentäre Buchhaltung zustande zu bringen. Sie verkauft sowieso nur geringe Mengen. Der Löwenanteil kommt in Form von Tauschwirtschaft zum Einsatz. So hat sie das Motorrad ihres Sohnes mit Cashewnüssen gekauft, und auch das Schulgeld des Jüngeren wurde mit solchen Naturalien entrichtet. Leider, sagt sie, genügte der Ertrag nach der zweiten Sekundarklasse dann jedoch nicht mehr für eine weitere Ausbildung. Nun packt auch er zu Hause mit an.

Eigentlich ließe sich neben der Nuss auch die Cashewfrucht verwenden. Sie schmeckt leicht säuerlich und weist viel Vitamin C auf. Weil sie aber schnell verdirbt, kann sie nicht transportiert werden, hingegen ideal für den Export könnte ihr Fruchtsaft sein. In Ghana ist man jedoch abergläubisch und meint, es laste ein Fluch auf der Frucht. Die Tradition besagt, wenn man sie esse und nachher Milch trinke, sterbe man. Aus diesem Grund wird die Cashewfrucht hier skeptisch beäugt und vorsichtshalber nur selten konsumiert.

Früher war Sarpong auf einen Abnehmer für die Nüsse hereingefallen, der sie bewusst im Ungewissen über die Qualitätskriterien ließ, um den Preis zu senken. Von der Preissteigerung auf dem internationalen Markt hatte sie bis vor kurzem keine Ahnung. Vor einigen Jahren wurde aber unter der Ägide der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) zusammen mit öffentlichen und privaten Partnern die sogenannte Competitive Cashew Initiative (ComCashew) ins Leben gerufen. In mehreren afrikanischen Ländern werden sämtliche Mitarbeiter der Cashew-Wertschöpfungskette – Produktion, Verarbeitung, Vermarktung, Export – vernetzt und aufgeklärt. Dadurch soll der Ausbeutung wie der oben erwähnten vorgebeugt werden, die letztlich allen Beteiligten Nachteile bringt.

Doch woran es in Ghana noch mangelt, ist die Industrialisierung. Wie bei so vielen Wirtschaftszweigen in Afrika wird die Nuss im Rohzustand verkauft und erzielt damit einen viel kleineren Gewinn als wenn sie verarbeitet wird. Ghana exportiert mehrheitlich die rohen Nüsse; die Verarbeitung und die eigentliche Wertschöpfung laufen woanders ab.

An sich kann das Land zwei entsprechende Fabriken vorweisen. Der Cashew-Verarbeitungs-Prozess ist kompliziert. Die harte Schale muss geknackt werden, zudem enthält sie ein giftiges Öl, das man zwar auch für bestimmte Zwecke verwenden könnte, aber dieses Öl darf den eigentlichen Nusskern nicht kontaminieren. Der größere der beiden Industriebetriebe, Usibras, befindet sich in Prampram, etwa 50 Kilometer östlich der Hauptstadt Accra, in der Nähe des Hafens Tema. Dieses Unternehmen schlägt sich mit dem absurden Problem herum, dass die Kapazität der Fabrik selbst mit importierten Cashewnüssen aus andern westafrikanischen Ländern nicht ausgelastet ist. Gleichzeitig wird der Großteil der einheimischen Nüsse ins Ausland verschifft, vor allem nach Indien und Vietnam, wo sie weiterverarbeitet werden. Eine der wesentlichen Aufgaben von ComCashew besteht darin, Bauern- und Industrievertreter, Händler und Politiker ins Gespräch zu bringen, um zu verhindern, dass die heimische Industrie mangels Nachschub an Rohstoffen eingeht, bevor sie richtig startet.

Es ist die mangelnde Industrialisierung, woran die gesamte Wirtschaft des subsaharischen Afrikas leidet. Die Cashew-Nuss zeigt exemplarisch, wie von einer Verarbeitung der Rohstoffe im Land alle Beteiligten Nutzen ziehen könnten: die Bauern, die Arbeiter, die Industrie, der Staat und die Volkswirtschaft als Ganzes.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Neue Zürcher Zeitung, NZZ Online“, nzz.ch

Schlagwörter: Ghana, Cashew, Nuss, Cashew-Nuss, Verarbeitung, Ernte, Anbau, Landwirte, Landbesitz, Plantagen, Trockenheit, Industrialisierung, Regalprodukt, Weiterverarbeitung, Gewinn, Handel, Export, ComCashew, Bauern, Landwirte