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Südsudan: Flucht in die Sümpfe des Verderbens

Meldung vom 27.03.2017

Im Südsudan befindet sich eines der größten Sumpfgebiete der Welt – der Weiße Nil speist diese Region mit Wasser. Das Areal dient Zehntausenden Flüchtlingen als letzter Zufluchtsort vor der Gewalt der Bürgerkriegsparteien – und zugleich ist der Sumpf eine tödliche Sackgasse.

Im südsudanesischen Bundesstaat Unity sind in den vergangenen vier Wochen Dutzende Menschen an Hunger gestorben, alle internationalen Warnungen und Aufrufe an die Regierung in Juba waren vergeblich. „Gräueltaten bleiben ungestraft“, betonte UN-Generalsekretär António Guterres in der Sitzung des Sicherheitsrats. Die Machtelite demonstriere „keine ernste Besorgnis“ über die Qualen ihrer Bevölkerung. Stattdessen wird weitergemacht mit ethnischen Säuberungen, Vergewaltigungen und Vertreibung.

Wenn im Mai die Regenzeit anbricht und die Kämpfe dann weiter verfolgt werden, wird schon bald die Hälfte des südsudanesischen Volkes vor dem Hungertod stehen. Beziffert werden 5,5 Millionen Menschen, die gefährdet sind, warnen internationale Helfer und die UN seit Wochen. Das Horrorszenario betrifft das ganze Land – doch die auf der UN-Katastrophenkarte dunkelrot eingefärbten Regionen Mayendit und Leer haben mit mehreren Krisen zugleich zu ringen: Hier gehen die Gefechte vonstatten, und hier haben mehr als 100.000 Menschen in einem Gebiet Zuflucht gesucht, in dem man eigentlich nicht überleben kann.

Der Sudd umfasst ein riesiges Sumpfgebiet, in der Regenzeit ist eine Fläche so groß wie Belgien überflutet. Die Wassermassen des Weißen Nil fließen aus Uganda ins Land und ergießen sich dann in die weite Ebene im Bundesstaat Unity.

Im Bürgerkrieg gewähren die Sümpfe etwas Schutz, weil mordende Milizen und Regierungstruppen die eigentlich unbewohnten Inseln in der unwegsamen Landschaft nicht betreten. Aber der Sumpf ist auch eine Todesfalle, weil man dort keine Nahrung findet, das Wasser oft unrein ist und auch ansonsten keinerlei Versorgung vorhanden ist. An seinen Rändern liefern sich marodierende Rebellen und die Horden der Regierungsarmee blutige Gemetzel, sie machen vor nichts Halt.

Dennoch bemühten sich Hilfsorganisationen, provisorische Krankenstationen aufzuschlagen, sie wurden mehrfach eröffnet und wenig später wieder geplündert und zerstört. Die Helfer von Ärzte ohne Grenzen verfolgen deswegen mittlerweile einer andere Strategie, sie haben lokale Helfer ausgebildet, die dann mit den Flüchtlingen in den Sümpfen leben. So laufen die Mitarbeiter und Patienten nicht Gefahr, auf dem Weg zur Behandlung umgebracht zu werden – in Gesundheitszentren, die über kurz oder lang ohnehin wieder von Milizen überfallen werden.

Die britische Hilfsorganisation Oxfam, die in den Sümpfen rund 5.000 Menschen mit existenziellen Hilfsgütern erreicht, muss darüber schweigen, was genau den Menschen durch die Kämpfer geschieht und wer genau am Rand der Sümpfe warum wen massakriert. Zu groß ist das Risiko, selbst zwischen die Fronten zu geraten und dann gar nicht mehr zu den Flüchtlingen vordringen zu können. „Die Flüchtlinge, die hier auf den eigentlich unbewohnbaren Inseln leben, erzählen uns, sie seien vor Gewehrkugeln geflohen“, berichtet Oxfam-Mitarbeiterin Dorothy Sang. Wer die Kugeln auf wen und warum abgefeuert hat, will die Nothilfe-Managerin nicht mitteilen. Die Frontlinie ziehe sich durch die Gegenden, in denen die Hungersnot ausgerufen wurde.

Vor einer Woche ist Sang selbst so weit in die Sümpfe vorgedrungen, wie es einigermaßen sicher war. „Die Menschen dort essen Seerosen. Einige fischen, aber die meisten haben nichts und sind in akuter Not.“ Außer mit Kanus könne man sich in der Gegend nicht vorwärts bewegen. Die Menschen auf der Flucht wateten bis zur Hüfte oder bis zum Hals durch das Wasser, um sich zu einer der Inseln durchzuschlagen. Cholera, Malaria und andere Krankheiten durch verschmutztes Wasser oder Mücken sind die ständigen Wegbegleiter der Flüchtlinge.

Das ganze Land steht still, es gab keine Aussaat und Ernte, die Wirtschaft liegt brach, nur eines läuft weiter – die Erdölindustrie. Dass die Kämpfe unerbittlich weitertoben, liegt an der Gier der Streithähne. Der Sentry Report deckte im vergangenen Jahr auf, dass der Krieg auch darum fortgesetzt wird, weil er Profit bringt für die Warlords aller Seiten – einschließlich des Präsidenten. Der Report wurde mit Unterstützung des Hollywoodschauspielers George Clooney und des Menschenrechtsaktivisten John Prendergast erstellt.

Die Erde des Bundesstaats Unity birgt große Mengen Öl. Wer die Region an der Grenze zum Sudan besitzt, kann über die Quellen verfügen und die Einnahmen, denn auch wenn sonst nichts im Land mehr geht: Das Öl sprudelt weiter und wird verkauft. Laut der chinesischen Agentur Xinhua führt der Südsudan 130.000 Barrel am Tag aus, 98 Prozent der Einnahmen des Landes werden aus dem Ölgeschäft gewonnen.

Nicht nur Helfer, auch Mitarbeiter der Ölfirmen arbeiten dort unter Lebensgefahr. Denn auch wer gerade nicht die Hoheit über die Bohrstellen hat, will sich bereichern: Im März verschleppten Rebellen laut Regierungsangaben acht Mitarbeiter eines chinesisch-malaysischen Ölunternehmens und forderten eine Million US-Dollar Lösegeld. Juba wurde schnell aktiv, Präsident Salva Kiir organisierte militärischen Schutz für Ölarbeiter und Raffinerien, berichtete die chinesische Agentur Xinhua. Aus der Zusage von Präsident Kiir, etwas gegen den Hunger zu unternehmen und Hilfsorganisationen Zugang zu den Flüchtlingen zu verschaffen, ist hingegen nichts geworden.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Südsudan, Bürgerkrieg, Sümpfe, Sumpfgebiet, Sudd, Unity, Leer, Mayendit, Flüchtlinge, Schutz, Nahrung, Hunger, Hungersnot, Rebellen, Armee, Salva Kiir, Massaker, Vertreibung, Gewalt, Regenzeit, Malaria, Hungertod, Öl, Erdöl