Indien: Sperrstunde für Frauen

Meldung vom 20.04.2017

Frauen in indischen Großstädten leben wie in einem Käfig. Ausgangssperren und strenge Kontrollen isolieren Frauen in Neu-Delhi und verhindern ihre Teilhabe am öffentlichen Leben. Die Studentinnenbewegung „Pinjra Tod“ setzt dem etwas entgegen: Die Frauen sind absichtlich auf den Straßen der Mega-Großstadt unterwegs – vor allem abends und nachts.

Die Studentinnen begehren gegen die sexistischen Regeln an Unis und in der Gesellschaft auf. Die 21-jährige Manjari muss keinen Schritt tun, um der Journalistin ihr Zimmer im Frauenwohnheim zu zeigen: Es ist nur drei Mal vier Meter groß. Die Wirtschaftswissenschaftlerin lebt hier mit zwei anderen Studentinnen. Ihre Familie stammt aus Lacknau, 500 Kilometer von Neu-Delhi entfernt. Mit dem Beginn ihres Studiums in einer anderen Stadt hätte für Manjari eigentlich die Freiheit beginnen können – doch weit gefehlt!

Das Bummeln und kleine Vergnügungen auf der Straße sind inzwischen zur Protestform der Frauen geworden. Es gibt klare Anordnungen im Wohnheim: Wenn die Frauen das Wohnheim verlassen, müssen sie sich austragen, wenn sie zurückkommen, wieder eintragen. Ausgang ist nur bis 19.30 Uhr. Doch Manjari und ihre Freundinnen haben Wege gefunden, unbemerkt aus dem Wohnheim zu schleichen, sie machen das aus Protest. Sie hängen in den Straßen ab, stehen herum, quatschen rauchen Zigaretten und trinken Tee. Das nennen sie „Loitering“ (Englisch für bummeln).

„Wir werden von allen angestarrt, weil wir eine Gruppe Frauen sind, die ohne Männer unterwegs ist“, erklärt Anusha, eine Studentin aus Neu-Delhi. Die Studentinnen haben sich im Internet vernetzt und eine große Gruppe gebildet, bevor sie im Dunkeln durch die Straßen ihrer Städte ziehen. Ihre Käfige, „das sind die Wohnheime und die Gesellschaft, die ihre Frauen züchtigen will, statt ihre Männer zu erziehen. Eine anständige Frau geht abends nicht raus“, sagt Julia Wadhawan.

Je mehr Frauen sich auf den Straßen zeigen, desto sicherer werden sie, sind die Studentinnen überzeugt. In der Nähe des Campus wagen sie es, Shorts und ärmellose Kleider zu tragen. In anderen Teilen der Stadt hätten sie nicht den Mut dazu. Einige haben Teppichmesser oder Pfeffersprays in der Handtasche um sich gegen männliche Übergriffe zur Wehr zu setzen. Bisher mussten sie ihre „Waffen“ zum Glück noch nicht einsetzen.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandradio“, dradio.de