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Hunger: Der Waffenhandel expandiert – der Hunger auch

Meldung vom 26.04.2017

Große Hungersnöte haben den Jemen, Somalia, den Südsudan und Nigeria getroffen – alle machen den Klimawandel dafür verantwortlich. Dass der Hunger auch auf rücksichtloses Kriegskalkül zurückzuführen ist, wissen die wenigsten. Eine saudische Kriegsallianz beispielsweise riegelt den Jemen ab. Der Westen verkauft Waffen und Drohnen an Schurkenstaaten. Millionen Menschen stehen kurz vor dem Hungertod. In Genf tagte eine „Geberkonferenz“ zum Selbstzweck.

ARD berichtete am 23. Februar von einer Pressekonferenz am Sitz der Vereinten Nationen in New York und der Korrespondent war beeindruckt. „Was für ein Podium“, staunte er. Tatsächlich reichen auf der Bühne die Sitzplätze nicht für alle geladenen Gäste aus. Für UN-Generalsekretär António Guterres also, für Stephen O’Brien, Chef des UN-Nothilfeprogramms, für Helen Clark vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP, für das Kinderhilfswerk UNICEF, das Welternährungsprogramm und auch noch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO.

An jenem Donnerstag im Februar in New York spielte sich eine große Inszenierung der Weltorganisation ab, die der Katastrophe angemessen scheint: Im Südsudan, in Somalia, im Jemen und im Nordosten Nigerias drohen 20 Millionen Menschen zu verhungern, die größte Zahl seit Gründung der UN. Zum Vergleich: Der Erste Weltkrieg hatte knapp zehn Millionen Tote zur Folge. Nunmehr sollte sich die so oft bemühte, tatsächlich aber nicht existente „internationale Gemeinschaft“ endlich in Bewegung setzen, so der aktuelle Notruf: Allein bis Ende März hatte man auf 4,4 Milliarden Dollar gehofft. Im April wurde zusammengerechnet: „Bisher sind erst zehn Prozent der benötigten Gelder überwiesen worden.“

Wenige Tage später haben die Medien das Thema weitgehend fallen gelassen. Der Rest gerät zur Farce: Der Spiegel veröffentlicht zwei Wochen nach dem UN-Spektakel einen Bericht mit der Überschrift „Essen, das vom Himmel fällt“, anbei ein Foto von mageren, aber glücklich lachenden Frauen im Südsudan. „Bis zu fünf Stunden“ seien sie „in der sengenden Sonne unterwegs gewesen“, um von UN-Frachtflugzeugen abgeworfene Hilfsgüter aufzusammeln.

Und hinsichtlich der besonders stark betroffenen Hungerstaaten Jemen, Somalia, Südsudan und Nigeria äußert sich derweil der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel: „Niemand kann mehr eine Ausrede haben, er wisse nicht, was auf die Menschen zukommt.“ Also werde „die Lage im Jemen“ am 25. April zum Thema gemacht, die Lage in Somalia dann in London am 11. Mai. Und Gabriel wiederholt die gängige Version von den Ursachen für Flucht und Hunger: Die „Klimaveränderung“ und die „Bürgerkriege“ seien für die Not verantwortlich.

Das Königreich Saudi-Arabien führt seit zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen Jemen, um gegen die Huti-Rebellen vorzugehen, die sich des Landes bemächtigt haben. Der Nachbar im Süden der Arabischen Halbinsel befindet sich am Golf von Aden, der über die strategisch äußerst wichtige Meeresenge Bab Al-Mandeb (Tor der Tränen) ins Rote Meer übergeht. Mehr als 20.000 Schiffe jährlich passieren die Haupthandelsroute zwischen Europa, Ostafrika und Asien. Hier kann man auch die Route der Flüchtlinge ausmachen, die dem Elend in Ostafrika entkommen wollen. Diese Menschen machen aber bereits einen großen Bogen um den Jemen, denn dort leiden selbst „fast sieben Millionen Menschen extreme Not und sind von Hunger bedroht“, warnt die Hilfsorganisation Oxfam Ende März 2017.

Der Krieg zieht sich hin, und der Hunger ist dessen Produkt. Riad ist Vorreiter der Militärintervention Operation Decisive Storm (Operation Entscheidungssturm), an der sich alle Golfmonarchien außer dem Sultanat Oman beteiligen, also die Emirate Kuwait und Katar, das Königreich Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate sowie außerdem Ägypten, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal. Jüngste Meldungen beziffern Opfer: Mehr als 1.500 Kinder wurden getötet und 2.500 verstümmelt. UNICEF zufolge wurden auch zivile Ziele nicht gescheut: Es gab mehr als 200 Angriffe auf Schulen und etwa 100 auf Krankenhäuser. Seit Beginn der Kriegshandlungen kamen mehr als 10.000 Zivilisten ums Leben, die Dunkelziffer ist wohl höher, meint die UN.

Doch die Waffenlieferungen in diese Länder laufen wie geschmiert. Außer von Washington erhält die saudische Kriegsallianz von Paris, London und Berlin Rückendeckung. Die Deutschen liefern Waffen und Drohnen. Auch politisch wird hier zweideutig gehandelt. Dazu hüllt sich Gabriel in Schweigen. Er unterschlägt, wenn er von Hunger im Jemen redet, dass die Bundesregierung 2016 – damals noch unter Federführung des von ihm zuvor geleiteten Wirtschaftsministeriums – Exportgenehmigungen für Waffen an die saudische Monarchie im Gesamtwert von knapp 530 Millionen Euro erteilt hat, eine Verdoppelung im Vergleich zu 2015. Kein Wort zum Stand der Verhandlungen über den Verkauf von 25 U-Booten aus Emden und Kiel sowie von 270 Kampfpanzern vom Typ Leopard 2.

Höflich geschwiegen wird auch über die Tatsache, dass Saudi-Arabien zur stärksten Militärmacht des Nahen und Mittleren Ostens hochgerüstet wurde. Das Königreich und das benachbarte Scheichtum Katar waren 2013 die zweit- und viertgrößten Empfänger deutscher Rüstungsgüter weltweit. Trotz des völkerrechtswidrigen Kriegs gegen den Jemen genehmigte Berlin laut Der Spiegel allein im April 2015 „Exporte von hundert Kleindrohnen, Funkzubehör und Ersatzteilen für gepanzerte Fahrzeuge im Wert von 12,8 Millionen Euro.“




Quelle: „junge Welt“, www.jungewelt.de

Schlagwörter: Hungerhilfe weltweit, Waffen, Waffenhandel, Rüstungsindustrie, Geberkonferenz, Hunger, Hungersnot, UN, Klimawandel, Saudi-Arabien, Jemen, Krieg, Golfstaaten, Exportgenehmigungen, Sigmar Gabriel, Drohnen, Aufrüstung, Meeresenge, Bab Al-Mandeb, Handelsroute, Schiffsverkehr, Flüchtlinge