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Kenia: EU entsendet 100 Wahlbeobachter

Meldung vom 17.05.2017

Die EU hat eine ihrer bisher größten Wahlbeobachtungs-Missionen für die anstehenden Wahlen in Kenia geplant. Im Umfeld der Wahlen 2007 hatte es dort blutige Tumulte zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen mit vielen Toten und Vertriebenen gegeben.

Rund 100 EU-Wahlbeobachter werden nun vor, während und nach der Wahl am 8. August 2017 zwei Monate lang in dem Land zugegen sein. Kenia, ein Land, das auch viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als Basis für ihre Aktivitäten in Afrika gewählt haben, bekommt von der EU jährlich ungefähr 100 Millionen Euro an Entwicklungshilfe ausgezahlt und wird als Hauptpartner am Horn von Afrika gesehen.

Im Flüchtlingslager Dadaab und anderen Lagern bietet Kenia momentan ca. 500.000 Flüchtlinge aus dem Südsudan Schutz. Im Norden des Landes wurden mehrfach Attentate verübt, die Täter gehörten zumeist der Terrormiliz Al-Schabaab aus dem Nachbarland Somalia an.

Während einer Veranstaltung mit Parlamentariern im Europäischen Parlament äußerte sich Claudia Wiedey, Leiterin des Bereichs Horn von Afrika und Ostafrika beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), über die Gefahren und betonte: „Kenia ist für uns ein extrem wichtiges Land. Es ist stabil, es ist im Aufbruch, es hat viel erreicht, aber es hat eine extrem fragile Nachbarschaft.“

Nach den Wahlen 2007, bei denen es zu einem sehr knappen Ergebnis kam, brachen unerwartet heftige Kämpfe aus, die zu Massentötungen entlang ethnischer und Stammes-Linien geführt hatten. Diese Tötungen zogen sich über Wochen hin, der Konflikt war kaum zu beruhigen.

Nachdem Mwai Kibaki im Dezember 2007 zum Sieger erklärt worden war, rief der unterlegene Raila Odinga seine Anhänger zu Protesten auf. Bei früheren Hochrechnungen hatte sich noch klar ein Wahlsieg Odingas abgezeichnet. Nur kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses loderten wütende Straßenkämpfe gegen Anhänger Kibakis auf. Im Laufe der nächsten zwei Monate kamen dabei 1.500 Menschen um, darunter auch zwei Parlamentsabgeordnete von Odingas Partei.

Obwohl die Gewalt bei den nächsten Wahlen 2013 in Schach gehalten werden konnte, besteht allgemeines Unbehagen bei jeder neuen Wahl. Auch diese Abstimmung im kommenden August könnte wieder in Ausschreitungen münden.

Riccardo Chelleri, Referent für Demokratie und Wahlbeobachtung beim EAD, gab bekannt, das EU-Beobachtungsteam habe seit April 2017 zwei Experten in Kenia im Einsatz; im Juni werde dann – je nach Sicherheitslage – ein komplettes Team mit rund 100 Mitarbeitern nach Kenia losgeschickt. „Das ist die wichtigste Wahlbeobachtungsmission der EU dieses Jahr“, erklärte Chelleri.

Wiedey fügte hinzu: „Das ist eine der bisher größten Missionen. Darüber hinaus werden wir Folgeeinsätze haben, um den Wahlvorgang sowie zivilgesellschaftliche Organisationen zu unterstützen.“ Kenia sei „in dieser Region eines der wenigen, wenn nicht sogar das einzige Land mit Vorbildfunktion, in dem es demokratische Wahlen gibt“, meinte Wiedey, und ließ dabei durchblicken, dass das gewählte, aber autoritäre Regime in Äthiopien nicht den EU-Erwartungen entspricht, obwohl es ein weiterer Hauptempfänger von EU-Hilfsgeldern ist.

Der Pfarrer Canon Peter Karanja von der Organisation National Council of Churches of Kenya (NCCK), macht darauf aufmerksam, dass „der Schmerz von 2008, die Wunden, noch nicht verheilt sind“. So träfen einige Gemeinden schon Vorsichtsmaßnahmen – „es wird dieses Jahr schwieriger, die Gewalt einzudämmen.“

Die Voraussetzungen für eine friedliche Wahl seien zwar nicht schlecht. Das Problem liege aber in „der Handhabung der Ergebnisse ein, zwei, drei Tage nach der Wahl – das wird der Knackpunkt sein.” Laut Karanja werde die Polizei bei Gewaltausbrüchen zu „drastischen Gegenmaßnahmen mit nahezu garantierten Verstößen gegen die Menschenrechte“ greifen, „um diejenigen, die an der Macht sind, zu schützen.“

Ein schwieriger Punkt ist, dass obwohl Kenia für afrikanische Verhältnisse relativ freie Medien hat, der Hauptteil der Medien von zwei rivalisierenden politischen Dynastien beherrscht wird. Der verbleibende Rest sei „nichts als Business. Sie schauen sich an, wer an der Macht ist und hofieren ihn dann“, bemängelt Karanja. Die politischen Parteien seien nicht gleichberechtigt in den Medien präsent.

Eine weiterer Schwachpunkt, auf den ein hoher EAD-Beamter anonym hinwies, ist die elektronische Abstimmung in Kenia: „Diese Situation in ganz Afrika ist komplett verrückt. Viele afrikanische Länder wurden überzeugt, sich elektronische Wahlsysteme anzuschaffen. Wenn aber irgendetwas falsch läuft, wenn das System gehackt wird, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Original-Wahlscheine zu überprüfen. Alles, was bleibt, sind gefälschte Computer-Logs.“

Karanja, der sich mit muslimischen und hinduistischen Führern auf einen interreligiösen Dialog in Kenia verständigt hat, gibt ebenfalls zu bedenken: „Die Technologie hat im Jahr 2013 bei den vorherigen Wahlen nicht funktioniert. Wir wissen nicht, ob es ein Fehler oder Sabotage war“. Für diesen August gebe es „Zusicherungen, dass die Technik funktionieren wird – aber unser Vertrauen darin ist nicht hoch. Am Ende wird nur beten helfen.”




Quelle: „EurActiv“, www.euractiv.de

Schlagwörter: Kenia, Wahl, Wahlbeobachter, EU, EU-Wahlbeobachter, Wahlbeobachtungs-Mission, Tote, Krawalle, Tumulte, Straßenkämpfe, Stämme, ethnische Spannungen, Raila Odinga, Mwai Kibaki, Proteste, Entwicklungshilfe, Menschenrechte, Massentötungen