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Uganda: Flüchtlinge aus dem Südsudan – Die Sache wächst Uganda über den Kopf

 
Meldung vom 22.05.2017

Einst war Oraba-Kaya eine dynamische, florierende Stadt an der Grenze zwischen dem Südsudan und Uganda. Heute zeichnet sich der Flecken durch eine geisterhafte Stille aus – es ist das Ergebnis des Krieges, der Afrikas verheerendste Flüchtlingsbewegung ausgelöst hat. Seit Ende letzten Jahres haben fast alle Einwohner die Stadt verlassen. Sie befindet sich umgeben von Hügeln, die den Rebellen als Basis für ihre Angriffe auf regierungstreue Soldaten in der südsudanesischen Hauptstadt Juba dienen. „Sie sind nicht unser Feind, aber falls der Konflikt auf uns überschwappen sollte, sind wir gewappnet“, meint ein uniformierter ugandischer Soldat, der an dem verschlafenen Grenzposten Wache schiebt, und deutet auf die südsudanesischen Soldaten, die in Sichtweite seines Postens in Hab-Acht-Stellung sind.

Weiter südlich in Uganda schießt ein Flüchtlingslager nach dem nächsten aus dem Boden. Weil die sich bekriegenden Parteien aus den südsudanesischen Regionen Dinka und Nuer keine Hemmungen haben, auch Zivilisten anzugreifen, rettet sich etwa eine Million Menschen vor dem Bürgerkrieg über die Grenze nach Uganda. Der Hass zwischen den beiden verfeindeten Stämmen im Südsudan macht sogar vor den Flüchtlingslagern keinen Halt. Dinka und Nuer müssen inzwischen getrennt voneinander auf die Camps verteilt werden, um das Risiko von Racheangriffen und neuen Gewaltausbrüchen zu vermeiden.

Die überwältigende Mehrheit der Flüchtlinge besteht aus Frauen und Kindern, etwa eine viertel Million von ihnen sind in Bidi Bidi im Norden von Uganda untergekommen. Das ist das größte Flüchtlingslager der Welt. Die einheimischen Behörden und Hilfsorganisationen sind komplett mit der Aufgabe überfordert, die Vielzahl an Neuankömmlingen zu versorgen, ehe sie sie anderen Unterkünfte zuweisen. Im Schnitt treffen 2.000 Menschen pro Tag ein.

Eine der Schutzsuchenden in Bidi Bidi ist auch die 18-jährige Gladus. Sie schildert, wie die Dinkas die Menschen in ihrem Dorf in der südsudanesischen Region Lainya massakriert haben. „Wir haben sechs Monate lang in der Wildnis geschlafen bevor wir hierhergekommen sind“, berichtet sie. Stella Yunimgba, eine 26-jährige Geflüchtete, die nebenbei für die Organisation Save the Children tätig ist, weiß von ähnlichen Horror-Szenarios. „Die Dinkas kommen in der Nacht, schlitzen Erwachsene und Kinder auf und werfen sie in den Fluss.“

Eine 30-jährige Grundschullehrerin und Flüchtlingsfrau, die ebenfalls aus der Region Lainya geflohen ist, hat beobachtet, wie Menschen mit Macheten zu Tode gehackt wurden. „Sie benutzen keine Schusswaffen, sondern Macheten. Sie wollen ihre Kugeln aufsparen.“ Alptraumhafte Zeugenberichte wie diese gibt es in Bidi Bidi zuhauf. Sie entwerfen das Bild eines Konflikts, der zunehmend von religiöser Differenz geprägt ist und dem auch Friedenswächter der Vereinten Nationen keinen Einhalt mehr gebieten können.

Insgesamt muss Uganda für die Flüchtlingshilfe fast eine Milliarde Euro bis Ende dieses Jahres bezahlen. Trotzdem hält die Regierung an ihrer Politik der offenen Tür fest und gibt Land an die Flüchtlinge aus, das sie bebauen können. Allein im Lager Bidi Bidi wurden über 60.000 Quadratkilometer Land zur Verfügung gestellt. Die Initiative findet im Einvernehmen mit den dort ansässigen Gemeinden statt, obwohl diese selbst Mangel haben. „Ugandas Devise in der Flüchtlingskrise war schon immer ‚Lasst die Leute kommen‘“, betont der europäische Botschafter für Uganda, Kristian Schmidt, vor Journalisten in Kampala.

In der Unterkunft Kiryandongo in Zentraluganda müssen Eltern dennoch miterleben, wie ihre Kinder vor Hunger weinen, während ihre Ähren in der glühenden Sonne langsam vertrocknen. Denn die Spenden von internationalen Hilfsorganisationen genügen überhaupt nicht, um die notwendigsten Bedürfnisse zu stillen. Die EU Kommission hat dieses Jahr bereits 11 Millionen Euro in das Lager Bidi Bidi fließen lassen. Darüber hinaus unterhält sie Bildungsprojekte für die einheimische Jugend. Doch das Problem ist zu vielseitig: Rund 80 Prozent der Jugendlichen in Uganda haben keinen Job. Schätzungen zufolge wird die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 von 39 Millionen auf 150 Millionen Menschen anschwellen.

Währenddessen geht der Flüchtlingsstrom immer weiter. Im Bürgerkrieg des Südsudan zeichnet sich auch noch keine Lösung ab. Eine Geflohene ist die 16-jährige Mary Akjuao, die einen dreitägigen Fußmarsch bewältigte, um die ugandische Grenze zu überqueren. „Junge Männer in Uniformen haben versucht mich zu vergewaltigen, doch eine Gruppe von Frauen hat mich gerettet“, berichtet sie.

Akjuaos zarte Stimme bricht immer wieder beim Sprechen. Sie erzählt, dass sie sich eine Woche lang mit ihrer Großmutter in der Wildnis verbarg, ehe sie zu dem Grenzort Busia gelangten. Von dort aus wurden sie mit einem Bus ins Lager Imvepi, südlich von Bidi Bidi gefahren. Die Jugendliche berichtet, sie habe mit eigenen Augen gesehen wie eine hochschwangere Frau unterwegs bei der Geburt starb. Das Baby ebenso. „Meine Großmutter weiß nicht einmal, wo ich bin”, betont Akjuao und schaut verloren ins Leere.

Seit das Lager Imvepi im Februar 2017 gegründet wurde, treffen dort fast alle 20 Minuten Busse voller Menschen ein. Die Ankunftshalle quillt über von der Masse an Menschen, die von den Hilfskräften nach und nach durch das sorgfältige Gesundheits-Screening und die anschließende Registrierung gedrängt werden.

„Die Situation ist eine große Herausforderung für Uganda. Es liegt in unserer Verantwortung zu helfen, doch die USA tun momentan einfach zu wenig“, kritisiert der Amerikaner Gregory Brady, der als Hilfskraft für Care im Einsatz ist. Die Sorge, dass die Regierung ihre großzügige Hilfspolitik überdenken könnte, wird immer größer. Schließlich erweist sich Uganda als so attraktiv, weil es eines der offenherzigsten Flüchtlingsgesetze der Welt hat, das den Schutzsuchenden nicht nur eine Arbeitserlaubnis sondern auch Freizügigkeit zuerkennt.


Video-Beiträge zu diesem Thema

 Flüchtlingswelle in Uganda




Quelle: „The Huffington Post“, www.huffingtonpost.de

Schlagwörter: Uganda, Flüchtlinge, Südsudan, Bürgerkrieg, Flüchtlingslager, Bidi Bidi, Dinka, Nuer, Hass, Stämme, verfeindete Stämme, Dürre, Hunger, Überforderung, Flüchtlingspolitik, Grenze, Massaker, Genozid