Kenia: Skandal vor der Wahl – Folter und Mord eines Mitarbeiters der Wahlkommission

 
Meldung vom 03.08.2017

Der Tod des Technikchefs von Kenias Wahlkommission sorgt für Aufruhr. Die Polizei machte am Montag (31.07.2017) einen grausigen Fund: Die verstümmelte Leiche des Beamten.

Die Menschen in Kenia sind voller Sorge: „Wir müssen beten für Kenia. Nur Gott kann uns helfen.“ Solche Mitteilungen liest man derzeit häufig auf Facebook in Kenia. Die Bevölkerung ist schwer betroffen von dem Mord am wichtigsten Computerspezialisten der Wahlkommission, Christopher Msando. Schon seit Wochen geht die Furcht um, dass bei den Wahlen am 08.08.2017 wieder bürgerkriegsähnliche Zustände ausbrechen werden – nun wird diese Befürchtung immer realer.

Msando fungierte als Technikchef der kenianischen Wahlkommission IEBC. Am Freitag wurde er vermisst gemeldet, am Montag entdeckte die Polizei seine verstümmelte Leiche außerhalb der Hauptstadt. Wer für den Mord verantwortlich ist, steht noch nicht fest. Kenias Polizei hat eine Sonderkommission einberufen und erhält bei den Ermittlungen Rückenstärkung vom US-amerikanischen FBI und vom britischen Scotland Yard. „Es wird eine Menge spekuliert, aber man soll uns Zeit und Gelegenheit lassen, um mit professionellen Polizisten zu untersuchen wer hinter dem Mord steckt“, erklärt Ndegwa Muhoro, Chef der Kriminalpolizei.

Das wird kein leichter Fall. Die Leiche Msandos war nackt, von Wunden und Folterspuren gezeichnet. Neben den Überresten von Msando wurde eine ebenfalls nackte Leiche einer Frau gefunden. Und erst mehrere Tage nach seinem Verschwinden konnte seine Leiche identifiziert werden. Sein Auto wurde hingegen schon vorher in Nairobi ausfindig gemacht, etliche Kilometer vom Fundort der Leiche entfernt.

„Der Tod von Chris Msando kann riesige Folgen haben für die Wahlen, weil seine Aufgabe so wichtig war“, sagt Otsieno Namwaya von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. „Die Übermittlung von Wahlergebnissen aus den Wahlkreisen an die Zentrale per Computer ist kontrovers in Kenia, weil die Opposition glaubt, dass geschummelt werden kann während der elektronischen Übertragung.“ Namwaya macht darauf aufmerksam, dass Msando einer von nur wenigen Angestellten der Wahlkommission war, dem die Passwörter für das Computersystem anvertraut waren. Msando hatte immer versichert, dass sein Computersystem sicher gegen jeden Betrug ist.

Es ist jedenfalls einfacher, die von Hand ausgefüllten Wahlzettel zu manipulieren. Bei den letzten Wahlen 2013 brach das Computersystem zusammen, und das gab der Opposition, die daraufhin knapp verlor, den Anlass, den Wahlsieg der etablierten Partei gründlich anzuzweifeln. Unbestätigte Berichte lassen durchblicken, dass Kenias Opposition diesmal eine parallele Auszählung der Stimmen vorbereitet hat – im Nachbarland Tansania.

Die Spannung ist nun wieder auf dem Siedepunkt. „So ein grausamer Mord kurz vor den Wahlen alarmiert sehr“, gibt Abdullahi Halakhe von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zu. „Die Wahl wird ganz knapp sein und es gibt eine reelle Gefahr, dass die Situation explodiert.“

In neuesten Meinungsumfragen kann sich Präsident Uhuru Kenyatta mit ungefähr 47 Prozent knapp an der Spitze behaupten, während Oppositionsführer Raila Odinga, der sich schon zweimal um den Wahlsieg betrogen gefühlt hat, rund 42 Prozent auf seiner Seite hat. Sollte kein Kandidat über 50 Prozent erringen, folgt eine Stichwahl. Die Unentschiedenen wären dann das Zünglein an der Waage. Der Mord wird möglicherweise doch noch einige Kenianer umstimmen.

„Ich war lange unentschieden, wem ich meine Stimme gebe. Aber nach dem Mord habe ich beschlossen. die Opposition zu wählen“, betont z. B. Jackson Khalwale, Wächter bei einem Fabrikkomplex in Nairobi. „Wir sind gewohnt, dass es immer Tote gibt, während wir neue Politiker wählen. Aber noch nie wurde ein Mitglied der Wahlkommission gefoltert und ermordet.“




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de