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Kenia: Weibliche Waffen gegen die islamistische Terrormiliz

 
Meldung vom 15.05.2018

„Wenn die Polizei irgendwo Terroristen vermutet, reagieren sie harsch und fangen sofort an, Leute zu töten.“ Fatuma Shafi spricht aus Erfahrung: Ihr Mann, selbst ein Polizist, wurde von Kollegen erschossen, weil er sich auf eigene Faust auf die Suche nach seinem Sohn begeben hatte, um ihn aus den Fängen der islamistischen Al-Schabaab-Milliz zu befreien.

Als Moslems werden sie hier im Süden von Kenia misstrauisch beäugt. Dabei haben auch sie zu leiden unter dem islamistischen Terror. Sie sind gleich doppelt Opfer, denn sind zudem der staatlichen Willkür ausgesetzt. Doch es gibt eine Frauenbewegung, die sich selber hilft und den Teufelskreis zu durchbrechen versucht.

Gemeinsam Seife herstellen. Das ist zum einen Existenzgrundlage, aber auch Therapie. Die Frauen sind von der Gewalt der Terrorgruppe Al-Schabaab gezeichnet. Sie wurden von den Islamisten verschleppt und vergewaltigt. Oder Familienmitglieder wurden zwangsrekrutiert oder mit Versprechungen verführt, sich der Gruppierung anzuschließen. „Das, was andere getan haben, hat uns zu Feinden in der Gesellschaft gemacht“, meint Time Mohammed. „Sie nennen mich ‚Al Schabaab‘. Nur, weil zwei meiner Brüder sich denen angeschlossen haben…“ Trauer über den Verlust. Stigmatisierung in der Dorfgemeinschaft. Und keine Unterstützung vom eigenen Staat oder der Polizei.

„Wenn die Polizei irgendwo Terroristen vermutet, reagieren sie harsch und fangen sofort an, Leute zu töten“, erklärt Fatuma Shafi. „Vor allem, wenn sie denken, dass ein junger Mann zu Al-Schabaab gehört. Deswegen werden viele nicht angezeigt, auch wenn sie schuldig sind.“ Fatuma Shafi erzählt aus ihrem Lebensschicksal. Ihr Mann, selbst ein Polizist, wurde von Kollegen erschossen, weil er seinen Sohn retten wollte. Der 14-jährige war abgehauen, vermutlich nach Somalia zu Al-Schabaab.

Die Terrorgruppe überzieht Somalia aber auch immer wieder Kenia mit blutigen Anschlägen mit hunderten Verletzten und Toten. Die Islamisten nehmen so Rache dafür, dass Kenia die somalische Regierung im Kampf gegen Al-Schabaab unterstützt. Die Terroristen aus Somalia sammeln ihre Kämpfer aber auch von der kenianischen Küste, wo Touristen aus aller Welt sich am Strand sonnen. Radikalisierung wird hier als ein massives Problem wahrgenommen. Die Polizei reagiert mit harter Hand. Viele Kenianer wagen nicht mehr, eine Polizeistation zu betreten. Aus Angst, selbst in den Strudel von Verdächtigungen zu geraten.

Es war nicht einfach, hier einen Videoclip drehen zu dürfen. Officer Biberone Ganguma zeigte sich schließlich bereit. Polizistin, berichtet sie, wurde sie, um für die Menschen da zu sein, nicht gegen sie. In ihr Büro in Mombasa kommen viele, vor allem Frauen. Ich verspreche ihnen, mich ihres Problems anzunehmen, versichert sie. Eigentlich selbstverständlich, aber nicht in Kenia. Polizisten sind hier eher Schlägertypen, das Bild vom Freund und Helfer ist in weite Ferne gerückt. Oder sie halten für Dienstleistungen die Hand auf.

Officer Ganguma bemüht sich, eine Polizistin auf Augenhöhe zu sein. „Es klafft eine große Lücke zwischen uns als Polizei und der Bevölkerung. Manchmal kommen Opfer hierher und haben Informationen, aber sie fürchten sich, die Informationen preiszugeben. Sie fürchten, zu Hause als Verräter abgestempelt zu werden. Sie fürchten sich aber auch vor der Polizei.“

Die Polizei ließ Fatuma Shafi völlig hilflos zurück, nachdem ihr Mann erschossen wurde. Sie versucht, mit dem Verkauf von Gebäck sich und ihre Familie zu versorgen. Und sie setzt sich in ihrer Gemeinde ein. Als Friedensbotschafterin. „Wenn die Polizei etwas will, dann sollten sie sanft sein, so als ob man ein Baby beruhigt. Verhaftungen und Gewalt schüren nur Hass. Wir wollen den Hass loswerden. Wir möchten freundlich sein.“ Das sagt die Frau, deren Mann vor ihren Augen von Kollegen umgebracht wurde. Und die ihr Kind zu einer Terrorgruppe ziehen lassen musste. „Sie haben mir irgendwann gesagt, dass mein Sohn tot sei. Ich habe meinen Frieden damit gemacht, denn wenn er zurückgekommen wäre, hätte er andere möglicherweise schlecht beeinflusst.“

Trotz oder vielleicht wegen ihres schweren Schicksals will Fatuma Shafi gegen den Hass aufstehen. Und beschreitet dabei einen unkonventionellen Weg. Sie hat mit Polizistin Biberone Ganguma und anderen Friedensbotschafterinnen eine Frauengruppe gebildet. Gemeinsam gehen sie in ein Viertel, in dem Al-Schabaab besonders viel Einfluss ausübt. Die Polizei-Uniform schürt zunächst Misstrauen und stößt auf Ablehnung. Eine Frau kritisiert lautstark, dass sie ständig von Polizisten belästigt würden. Aber sie hätten auch unter Banden zu leiden, die ihr Unwesen treiben. Die Polizistin empfiehlt, dass die Frauen so etwas doch direkt ihren Kollegen melden sollten. „Es sind Menschen wie ihr auch. Sie werden euch verstehen.“

„Es ist gut, dass sie gekommen ist“, meint eine Frau. „Viele von uns hatten erst Angst. So ist es leichter für uns, unsere Sorgen loszuwerden. Ganz anders, als auf eine Wache gehen zu müssen.“ Darauf hat sich die Polizei an der kenianischen Küste jetzt immer mehr verlagert. Zu den Menschen gehen. Erst einmal zuhören, nicht sofort zuschlagen.

Officer Ganguma ist eine große Vorbildfigur – eigentlich immer im Dienst, auch wenn sie Frühstück für ihre drei Kinder zubereitet. Trotz aller Hindernisse: Aufgeben war nie eine Option für sie. „Salz ist in jedem Essen nötig. Sonst schmeckt es nicht. Als Polizistin bin ich Salz für die Bevölkerung. Als Frau bin ich Salz für die Gesellschaft. Polizei und Frauen sind unverzichtbar. Es geht nicht ohne uns.“

Von der Kraft der Frauen ist auch Fatuma Shafi überzeugt. Sie und ihre Freundinnen aus der Therapiegruppe haben sich heute zur Feier der Geburt eines Mädchens versammelt. Es wird ausgelassen getanzt. Bis Polizisten gemeinsam mit ihnen, den Opfern von Terror und staatlicher Willkür, tanzen werden, da vergeht bestimmt noch etwas Zeit. Vielleicht wird das in der nächsten Generation möglich sein.


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 Kenia: Frauen gegen Terrorismus




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ARD-Nachrichten online“, ard.de

Schlagwörter: Kenia, Frauen, Gender, Terror, Islamisten, Zwangsrekrutierung, Al-Schabaab, Al-Shabab, Polizei, Willkür, Gewalt, Grenzregion, Anschläge