Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Global: Die neue Flüchtlingspolitik – Transitzentren, Ankerzentren, Ausschiffungsplattformen

 
Meldung vom 04.07.2018

Ordnung bedeutet für die Deutschen, wieder etwas in den Griff zu bekommen. So muten auch die neuen Begriffe der Flüchtlingspolitik wie ein Versuch an, durch kleine geordnete Einheiten Ordnung ins Migrations-Chaos zu bringen. Aber ob das die Wurzel des Problems angeht?

In Deutschland haben CDU und CSU mit Mühe einen Kompromiss zur Migrationspolitik gefunden. Die neuen Schlagworte sind nicht mehr Obergrenze, sondern Transitzentren, Ankerzentren, Schleierfahndung. Damit glauben CSU und CDU, die zentralen Streitpunkte beseitigt zu haben. Worum es im Einzelnen geht …

Die Übereinkunft im Unionsstreit um die Flüchtlingspolitik verhilft Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) erst einmal dazu, gemeinsam weiter zu regieren. Ihre Lösung umfasst sowohl Punkte, die Merkel wichtig waren, als auch solche, auf die Seehofer bestanden hatte. Dabei geht es hauptsächlich um die Einrichtung von Transitzentren. Dass damit eine „Fiktion einer Nichteinreise“ geschaffen wurde, darauf machen Skeptiker aufmerksam.

Die Union will Transitzentren an den drei großen bayerischen Grenzkontrollpunkten schaffen. Wird ein Flüchtling an einem dieser Übergänge überprüft und festgestellt, dass er bereits in einem anderen EU-Land registriert wurde – also ein Eintrag in der Eurodac-Datenbank existiert – würde er demnächst nicht einreisen dürfen, sondern in ein solches Zentrum gebracht.

Juristisch gesehen gilt er dann als noch nicht als nach Deutschland eingereist. Der Fachterminus dafür lautet „Fiktion der Nichteinreise“. Man wäre dann mit einer ähnlichen Situation wie am Flughafen konfrontiert, wo mit derselben juristischen Konstruktion gearbeitet wird. Auch dort gilt ein Flüchtling erst als eingereist, wenn er die Grenzkontrollen durchschritten hat. Solange das nicht der Fall ist, befindet er sich in einem speziellen Transitzentrum, wo ein verkürztes Asylverfahren – das sogenannte Flughafenverfahren – greift. Dasselbe soll künftig auch in den Transitzentren an der Grenze angewandt werden. Allerdings ist zumindest am Flughafen die Regel: Nach 19 Tagen muss das Verfahren einschließlich einer gerichtlichen Überprüfung zu einem Abschluss gekommen sein, sonst darf der Flüchtling doch einreisen. Stellt eine Geflüchtete einen Asylantrag, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gezwungen, sie innerhalb von zwei Tagen anzuhören. Im Falle einer Ablehnung ist die Bundespolizei dazu angehalten, die Einreise zu verweigern.

Transitzentren an der Grenze aufzubauen, „muss nicht mit einer Inhaftierung einhergehen“, betont der Konstanzer Rechtswissenschaftler Daniel Thym. Zur Nachahmung böten sich etwa die in Bayern bereits eingerichteten besonderen Aufnahmezentren (PDF) in Deggendorf, Bamberg und Manching an. Dort herrscht eine Residenzpflicht nach bayerischem Landesrecht – die Insassen dürfen sich also begrenzt frei bewegen, etwa innerhalb des Regierungsbezirkes. Transitzentren seien nicht mit einem rechtlichen Niemandsland zu vergleichen, sagt Thym. Es gelte das Grundgesetz, die Betroffenen dürfen auf die Umsetzung von Grund- und Menschenrechten und auch auf die Dublin-Regelungen pochen.

Zusätzlich zu den drei Transitzentren an der Grenze soll es besondere Aufnahmezentren geben, in die alle Flüchtlinge mit Eurodac-Eintrag gebracht werden sollen, die es bereits ins Land geschafft haben, also etwa über die Grüne Grenze hineingekommen sind. Solche Zentren stehen schon heute, etwa im bayerischen Bamberg und Manching. In ihnen wird beispielsweise für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern ein beschleunigtes Asylverfahren abgewickelt, das innerhalb einer Woche zu einem Ergebnis kommen muss. Auch die Widerspruchsverfahren sollen deutlich weniger Zeit in Anspruch nehmen. Das soll künftig auch die Flüchtlinge mit Eurodac-Eintrag betreffen, die also bereits in einem anderen Land registriert sind.

Als Ankerzentren gelten zentrale Unterkünfte, in denen Asylbewerber für die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens wohnen sollen. Das würde also alle Schutzsuchenden und Flüchtlinge betreffen, die keine Eurodac-Registrierung haben und auch nicht aus einem sicheren Herkunftsland stammen. Auf die Einrichtung der Ankerzentren hatten sich Union und SPD schon zuvor in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Horst Seehofer will bis zu sechs solcher Zentren schaffen, die meisten Bundesländer schließen eine Beteiligung bisher aber aus.

In Ankerzentren sollen die Menschen eine Befragung und Anhörung durchlaufen. Hier soll auch die Entscheidung gegen eine Einreise getroffen werden, wenn berechtigte Zweifel oder Widersprüche bestehen. Rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber sollen direkt aus den Einrichtungen abgeschoben werden. Die Aufenthaltspflicht in diesen Zentren soll maximal 18 Monate währen, für Familien sechs Monate.

Dann gibt es noch die geschlossenen Zentren oder kontrollierten Zentren. Das sind die Einrichtungen, die bisher als Hotspots bekannt waren, also Aufnahmeeinrichtungen im EU-Ausland. Ende Juni 2018 wurde auf dem EU-Gipfel entschieden, weitere solche Zentren an den EU-Außengrenzen aufzubauen. Europäische Behördenvertreter sollen dort schnell Klarheit darüber gewinnen, ob die Ankommenden schutzbedürftig sind oder nicht.

Ein neuer Begriff sind auch die regionalen Ausschiffungsplattformen. Künftig sollen Flüchtlinge, die auf See gerettet wurden, in Aufnahmezentren in Nordafrika gebracht werden, etwa von der Küstenwache. Gemäß eines EU-Gipfelbeschlusses sollen dort europäische Behördenvertreter gemeinsam mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der Migrationsorganisation IOM prüfen, ob die Flüchtlinge Schutzanspruch haben. Das Vorhaben ist nicht neu, schon im Jahr 2004 hatte der damalige Innenminister Otto Schily etwas Ähnliches in die Debatte eingebracht – und dafür viel Kritik über sich ergehen lassen müssen. Politisch ist der Plan ein heißes Eisen, schließlich müssen die Länder den Plan akzeptieren, in denen diese Zentren entstehen sollen. Marokko, Tunesien und Libyen weigern sich aber bisher, möglicherweise kann man sie durch Geldzahlungen geneigter machen. Ebenso fraglich ist, ob es ein guter Plan ist, in so politisch zerrütteten Staaten wie Libyen Asylzentren einzurichten.

Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Staat als Flüchtlinge registriert sind, sollen dorthin schnell zurück transferiert werden, weil dieser Staat für das Asylverfahren verantwortlich ist. Dafür sollen Vereinbarungen mit den anderen EU-Staaten geschlossen werden, diese Flüchtlinge zurücknehmen. Im Prinzip muss das Land, in das ein Flüchtling zuerst eingewandert ist, diesen auch heute schon zurücknehmen. Die neuen politischen Vereinbarungen könnten einen größeren Druck erzeugen, dieses Prinzip auch zügig umzusetzen. Etwa ein Dutzend EU-Staaten sind nach Regierungsangaben offen dafür, solche Verträge mit Deutschland abzuschließen.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Zeit Online“, zeit.de

Schlagwörter: Globale Projekte, Flüchtlinge, Flüchtlingspolitik, Migration, Einwanderung, CDU, CSU, Kompromiss, Horst Seehofer, Angela Merkel, Transitzentren, Asyl, Ankerzentren, Anhörung, Bayern, EU-Außengrenze, Ausschiffungsplattformen, Eurodac, Eurodac-Registrierung, Aufnahmezentren