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Uganda: Nur wer zahlt, darf surfen

Meldung vom 05.07.2018

Jetzt ist sie da in Uganda: Die verhasste Internet-Steuer. Die Ugander sind wütend. Erste Reaktionen.

Im März dieses Jahres wandte sich der ugandische Präsident Yoweri Museveni mit einem Brief an den Finanzminister Matia Kasaija. Darin schimpft er darüber, dass die Ugander über die sozialen Netzwerke zu viel Gerüchte und Lügen in Umlauf setzen. Auch über seine eigene Person. Seiner Meinung nach käme eine neue Steuer genau richtig, um die Ugander zum Schweigen zu bringen und die Stabilität im Land aufrecht zu erhalten.

Dann ging alles im Eiltempo. Schon im Mai ratifiziert das Parlament das neue Gesetz, das die Nutzung aller sozialen Plattformen mit Nachrichtenfunktion besteuert. Seit dem 1. Juli 2018 ist es gültig. Jeder, der beispielsweise Whatsapp, Facebook, Twitter oder auch Tinder weiterhin konsultieren möchte, muss pro Tag 200 Uganda-Schilling entrichten. Das sind umgerechnet ungefähr vier Eurocent. Nur wer bezahlt, kann weiterhin alle sozialen Netzwerke nutzen.

Den Daten der Weltbank zufolge hat ein Ugander einen Verdienst von durchschnittlich 630 US-Dollar im Jahr, das sind 52,50 US-Dollar oder etwa 45 Euro im Monat. Deshalb können nicht alle Ugander 200 Schilling pro Tag fürs Internet entbehren. Ritah, 26, ist Besitzerin eines Kiosks in Kampala und bringt das Geld für eine solche Steuer nicht auf. „Ich verdiene 300.000 Schilling (66 Euro) pro Monat. Diese Steuer ist für mich viel Geld. In meinem Laden kann man für den gleichen Betrag zum Beispiel eine kleine Packung Erdnüsse oder zwei Schachteln Streichhölzer kaufen“, erklärt sie.

Sie und viele ihrer Verwandten und Freunde sind daher ab sofort offline. Die Einführung der Steuer war für sie ein herber Schlag. „Sonntagmorgen bin ich aufgewacht und mein Handy funktionierte nicht. Obwohl ich am Tag zuvor viel Datenvolumen gekauft habe. Dann habe ich realisiert, dass es wegen der neuen Steuern ist“, berichtet Ritah. „Wir dachten alle nicht, dass die Steuer wirklich eingeführt wird. Wir dachten, die Regierung lügt, redet nur. Das passiert hier oft. Ich finde, die Steuer sollte wieder abgeschafft werden. Die Regierung ist nur geldgierig, alle anderen Erklärungen sind ein Vorwand.“ Ritah nutzt die sozialen Medien, um mit ihrer Familie und ihren Freunden zu kommunizieren. Dazu ist sie vor allem von Whatsapp abhängig.

Viele Kritiker halten die neue Steuer für einen weiteren Einschnitt in die Pressefreiheit. Die ist in Uganda seit Jahren stark reglementiert. Ritah ist nicht die einzige, die die Erklärung des Präsidenten hinterfragt. Viele Ugander sind ihrer Ansicht und bezahlen die Steuer aus Protest gegen das neue Gesetz nicht. So zum Beispiel Jey, 27, Unternehmer und Filmemacher in Kampala – obwohl er die Gebühren mit einem Einkommen zwischen einer und zwei Millionen Schilling (also etwa 220 bis 440 Euro) pro Monat bezahlen könnte. „Es gibt keinen Grund für diese Steuer. Sie ist kompletter Unsinn“, meint Jey. „Das Gesetz wurde erlassen, ohne dass es näher erklärt oder gerechtfertigt wurde. Ich glaube, dass die Regierung uns Ugander davon abhalten möchte, dass wir miteinander reden.“

Um die Presse- und Meinungsfreiheit in Uganda ist es seit Jahren schlecht bestellt, im Presssfreiheits-Ranking von Reporter ohne Grenzen rangiert das Land auf Platz 117 von 180. Soziale Netzwerke galten bisher weitgehend als eine Nische, in der man sich frei austauschen konnte. Durch das neue Gesetz zielt die Regierung nach Ansicht vieler Ugander darauf ab, nun auch das Internet zu kontrollieren.

„Durch die Steuer sind wir wie China oder Nordkorea“, beschwert sich Jey. „Wir Ugander sind nicht mehr online. Manche, weil sie gegen die Steuer protestieren. Andere, weil sie es sich nicht leisten können.“

Auch Esther, 25 und Projektmanagerin, weigert sich wie Jey aus Protest, die Steuer zu bezahlen. „Der Präsident weiß selbst, dass diejenigen, die schlecht über ihn sprechen und dadurch tatsächlich zur Gefahr für ihn werden könnten, die Steuer bezahlen können. Denn ich glaube, wer Datenvolumen kaufen kann, kann auch die Steuer bezahlen“, betont sie. „Sie ist vielmehr ein Versuch, unsere Freiheiten einzuschränken als eine finanzielle Belastung.“ Sie beabsichtig auch in Zukunft nicht, die Steuer zu bezahlen – und hat sich einen VPN-Klienten heruntergeladen, mit dem sie anonym ins Internet kann.




Quelle: „Jetzt“, www.jetzt.de

Schlagwörter: Uganda, Internet, Steuer, Internet-Steuer, soziale Medien, soziale Netzwerke, WhatsApp, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, surfen, Zensur, Gerüchte, Gerede, Kontrolle, Yoweri Museveni, offline, Protest, Weigerung