Mexiko: Rücktritt des Finanzministers bringt die Wirtschaft ins Straucheln

Meldung vom 11.07.2019

Der Rücktritt des Finanzministers von Mexiko, Carlos Urzúa, schlägt hohe Wellen und hat die größte Krise in den sieben Monaten der Regierung von Andrés Manuel López Obrador zur Folge. Die empfindsamen Märkte reagierten sofort und es herrschte große Unsicherheit in der Wirtschaft des Landes.

Der Rücktritt des mexikanischen Finanzministers Carlos Urzúa am Dienstag (09.07.2019) löste Schockwellen aus. Der international anerkannte Ökonom wurde als einer der engsten Vertrauten von Präsident Andrés Manuel López Obrador gesehen und als der Hauptverantwortliche für die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung. Vor allem aber die Art und Weise des Abgangs wirbelte viel Staub auf.

In seinem Rücktrittsschreiben, das er über den Kurznachrichtendienst Twitter öffentlich machte, kritisiert Urzúa launische Entscheidungen und Interessenskonflikte der Regierung. „In wirtschaftlicher Hinsicht gab es viele Unstimmigkeiten. Einige von ihnen, weil in dieser Verwaltung politische Entscheidungen ohne ausreichende Unterfütterung getroffen wurden“, betonte Urzúa.

Und er holt weiter aus: „Ich bin überzeugt, dass jede Wirtschaftspolitik auf Fakten gestützt werden muss (…) und frei von jeglichem Extremismus sein sollte, sei es von rechts oder von links. Während meiner Amtszeit fanden diese Überzeugungen jedoch kein Echo.“ Konkretere Fakten sparte er aus.

Urzúa war bereits von 2000 bis 2005 im Gefolge von López Obrador, und zwar während dessen Zeit als Regierungschef von Mexiko-Stadt. Damals hatte er die öffentlichen Ausgaben zu verwalten. Der Präsident nahm Urzúas Demission an. Dieser sei „nicht zufrieden mit den Entscheidungen, die wir treffen“. López Obrador wiederholte, die seit 36 Jahren in gleicher Form erfolgte Wirtschaftspolitik reformieren zu wollen. „Manchmal wird nicht verstanden, dass wir nicht mit den gleichen Strategien weitermachen können, man kann keinen neuen Wein in alte Flaschen füllen.“ In seiner auf Facebook veröffentlichten Erklärung pochte der Präsident darauf, dass die Wirtschaft des Landes stabil sei.

Urzúas unerwarteter Rücktritt hat auf den Märkten aber Unsicherheit geschürt. Der mexikanische Peso knickte, nachdem der Rücktritt des Finanzministers bekannt wurde, um mehr als zwei Prozent ein; auch mit den Börsenkursen ging es bergab.

Das Finanzministerium zählt traditionell zu den Schlüsselressorts in Mexikos Regierung. Mit ihm steht und fällt das Vertrauen der internationalen Märkte. Daher hat die Person in diesem Posten eine nicht unwichtige Aufgabe in einem Land zu erfüllen, das so sehr von ausländischen Investitionen abhängt wie Mexiko. Mehrere wirtschaftspolitische Entscheidungen des Präsidenten sind bei Anlegern nicht gut angekommen, vor allem der Stopp des bereits im Bau befindlichen neuen Flughafens in Mexiko-Stadt und die rückgängig gemachte Öffnung der mexikanischen Energiesektors für private Investitionen.

Abgeordnete, Gouverneure und wichtige Politiker der Opposition sind der Meinung, der Rücktritt des Finanzministers offenbare, dass die derzeitige Regierung in wirtschaftlichen Angelegenheiten planlos agiere. Nur wenige Stunden nach Urzúas Abdankung nominierte López Obrador dessen bisherigen Stellvertreter, Arturo Herrera, zum neuen Finanzminister. Die Ironie daran: Es war Urzúa selbst, der Herrera den Weg in die Regierung geebnet hatte. Herrera und Präsident López Obrador hatten in der Vergangenheit mehrfach öffentlich ausgetragene Konflikte, so unter anderem als Herrera im März in einem Interview die Finanzierung der geplanten Ölraffinerie Dos Bocas, eines der Prestigeprojekte der Regierung, kritisierte und er vom Präsidenten gerügt wurde.

Bei seiner Vorstellung als neuer Finanzminister kündigte Herrera nun an, dass die Finanzierung für zwei der wichtigsten Projekte der Regierung nicht aufgegeben wird: für den internationalen Flughafen auf der Militärflugbasis Santa Lucía und die neue Raffinerie im Hafen von Dos Bocas im Bundesstaat Tabasco. In seinem ersten Auftritt vor der Presse unterstrich der neue Finanzminister, dass sich an dem wirtschaftlichen Kurs der Regierung nichts ändern werde.

Auf die Frage nach Urzúas Vorwürfen behauptete Herrera, er wisse nicht, worauf dieser sich beziehe und gab an, dass er hinter dem Präsidenten und seinem Team im Finanzministerium stehe. Er stellte zudem in Aussicht, die Sparmaßnahmen bei den öffentlichen Ausgaben weiterzuverfolgen – ein Thema, das in den letzten Monaten aufgrund von Kürzungen bei Sozialprogrammen und Subventionen für Spannungen gesorgt hatte.

Herrera aber dürfte einen ähnlichen Drahtseilakt vollführen wie sein Vorgänger. Präsident López Obrador bemüht sich, Mexiko zu reformieren, ohne die wirtschaftliche Stabilität aufs Spiel zu setzen. Viel hängt davon ab, ob der Präsident und sein neuer Finanzminister es schaffen, dass die Mexikaner und ausländische Investoren ihr Vertrauen nicht verlieren. An den Finanzmärkten wurde der neue Mann im Amt jedenfalls mit Erleichterung aufgenommen: Mit Aktienkursen und Peso ging es wieder aufwärts.


Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de