Haiti: Situation auf dem Siedepunkt

Meldung vom 17.10.2019

Die Schulzeit in Haiti hat wieder begonnen. Doch alles andere als Routine ist in dem Inselstaat eingekehrt. Seit Wochen herrschen blutige Unruhen aufgrund von Benzinmangel.

Auch in der von Gebende Hände unterstützten Schule „Fr. Jeri School” war das gesamte Jahr sehr herausfordernd. Auf der einen Seite gibt es die positive Nachricht, dass die Schule in der Lage war, pünktlich zum 9. September ihre Türen zu öffnen und zahlreiche Schüler zu begrüßen. Mehr als 430 Kinder sind für dieses Schuljahr angemeldet (im Vergleich zu 350 angemeldeten Kindern im letzten Jahr) und noch weitere neue Schüler werden in den kommenden Wochen erwartet.

Doch die politische und wirtschaftliche Krise hat sich derart verschärft, dass die Lebensumstände in Haiti immer schwieriger geworden sind. Benzinknappheit gehört inzwischen zum Alltag, was die allgemeine Mobilität, den Transport, den Zugang zu Lebensmitteln und den Verkehr beeinträchtigt. Kinder kommen nicht mehr zur Schule, Angestellte nicht mehr zu ihrer Arbeit. Die Inflation nimmt zu, Demonstranten fordern immer lautstarker den Rücktritt des Präsidenten Jovenel Moise. Das alles, verbunden mit der Tatsache, dass die Regierung immer mehr Gewalt anwendet, um die Unruhen zu unterdrücken, und der rasanten Steigerung von Kriminalität, hat zu einer unaufhaltsamen Gewaltspirale in dem gesamten Land geführt. Jetzt hat die Situation einen Siedepunkt erreicht.

Unsere Projektleiterin Lavarice Gaudin berichtet: „Man kann den Rauch von Port-au-Prince bis nach Jeremie aufsteigen sehen, weil mehr und mehr Barrikaden von brennenden Reifen die Straßen blockieren. Viele Schulen, Banken und Firmen haben geschlossen. Kein Benzin bedeutet, niemand und nichts kann dort hingelangen wo er oder es benötigt wird. Die Menschen sind hungrig, verzweifelt, ängstlich und am Ende ihrer Kräfte. Unser Land ist in einer so tiefen Krise, wie wir sie lange nicht mehr erlebt haben.“

Viele der neuen Schüler kommen von einem Stadtteil, in dem die Unruhen am stärksten wüten. Die „Fr. Jeri School” ist zu ihrer Zuflucht im politischen Sturm geworden. Trotzdem viele Schulen im gesamten Land geschlossen haben, hat es die „Fr. Jeri School” dank vieler Spenden geschafft, die Schulkinder aufzunehmen und ihnen eine warme Mahlzeit pro Tag zu ermöglichen, sowie ihnen einen Ort der Sicherheit und Hoffnung zu bieten.


Quelle:Gebende Hände-Redaktion“