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Indien: Corona-Lockdown – Millionen Wanderarbeiter auf der Straße gestrandet

 
Meldung vom 26.05.2020

Die Zustände für Kurzarbeiter in Indien während der Corona-Pandemie sind katastrophal. In Indien sind fast 1,4 Milliarden Menschen vom Corona-Lockdown betroffen. Keine Arbeit, keine Unterkunft, kein Essen – der Staat lässt diese Menschen größtenteils allein. Am meisten zu leiden haben die Wanderarbeiter: Ohne Geld und Arbeit haben sich Millionen zu Fuß auf den Weg zurück aufs Land gemacht. Die meisten müssen ungeheure Strecken zurücklegen, oft bis zu 1.000 Kilometern.

Als keine Chance auf eine staatlich regulierte Bus- oder Zugverbindung auftauchte, ist Priya aus Verzweiflung einfach aufgebrochen – mit drei kleinen Kindern. Vor ihnen liegt eine Strecke von 470 Kilometern von Delhi Richtung Kanpur, von Indiens Hauptstadt in das kleine Dorf, aus dem sie einst weggingen, auf der Suche nach einem besseren Auskommen.

Alles hat sich gewandelt für Priya und Millionen andere: Um der Armut auf dem Land zu entkommen, versuchten sie ihr Glück als Tagelöhner und einfache Arbeiter in den großen Städten. Aber dort haben die meisten Fabriken seit Wochen im Corona-Lockdown ihren Betrieb geschlossen. Keine Arbeit, kein Geld, nichts zu essen: Sie verhungern in Delhi, Mumbai, Chennai.

Priya ist mit ihren Kindern schon gut 40 Kilometer vorangekommen, als Vinod Kapri ihren Weg kreuzt. Vinod ist Filmemacher. Er berichtet, Szenen wie diese habe er noch nie gesehen. Oder gedreht. Auf den staubigen Straßen sieht er einen Exodus von Menschen, sie marschieren Richtung Heimat – Hunderte, Tausende, Zehntausende.

Vinod trifft die Entscheidung, Priyas Gruppe mit der Kamera zu begleiten. Er will der Welt vor Augen führen, was sich hier abspielt: eine Tragödie, die die indischen Medien ausblenden. Das wären Nachrichten, die Indiens Ruf als Wirtschaftsmacht schaden.

Vorwärts, immer vorwärts laufen Priya und die anderen in Vinods Film. Sie gehen schnell, auch die kleinen Kinder werden voran gezerrt. Und trotzdem scheint ihr Ziel, das Heimatdorf, immer noch in unerreichbarer Ferne zu sein. 470 Kilometer zu Fuß. Frauen, Kinder, die kaum etwas zu essen haben und kaum ausruhen konnten. Jeder jagt verzweifelt nach irgendeiner Form von Mitfahrgelegenheit.

Was soll daraus werden? Vinod, der Filmemacher nimmt alles detailgetreu auf, und er wird erfasst von diesem Schicksal. Journalisten versuchen, ihre emotionale Neutralität zu wahren. Vinod entgleitet diese Arbeitsgrundlage. Er ist Journalist. Und er ist Mensch. Deshalb versucht er zu helfen. In seinem Film wird er das nicht ansprechen. Aber man erkennt in seinen Aufnahmen, wie er sich bemüht, etwas Essen für die Gruppe herbeizuschaffen. Später gelingt es der Gruppe, einen Lastwagen zu erklimmen, Mitfahrgelegenheit für etwa 50 Kilometer. Wenigstens etwas. Ohne Vinods Kamera hätte sich der Fahrer vermutlich nicht darauf eingelassen.

Doch wie wird sich der Empfang im Heimatdorf wohl abspielen? Priyas Odyssee nimmt ihren Verlauf. Kurze Rast, ein wenig durchatmen. Sofort fallen die Kinder in einen komaartigen Schlaf. Ein Kind läuft barfuß, bei dem anderen geht der eine Schuh gerade kaputt. Priya unterlässt es, zu klagen: „Wir haben keine andere Wahl“, ist ein Satz, den sie stoisch wiederholt. Riya, die älteste Tochter, vielleicht sieben, acht Jahre alt, kann mit dem einen Fuß kaum mehr auftreten. „Sie ist vor ein paar Tagen beim Spielen ausgerutscht. Wir müssen den Fuß behandeln lassen“, erklärt die Mutter. Wann und vom wen? Schweigen.

Überhaupt ist es ein Fußmarsch ins Ungewisse: Werden sie es durchhalten bis ins Dorf? Wie werden sie dort aufgenommen? Noch mehr Menschen, die Hunger haben und nichts besitzen oder die schlimmstenfalls noch eine Krankheit einschleppen.

Vinod verliert die Familie schließlich aus den Augen. Und zwar an einem Punkt, an dem es noch 350 Kilometer bis ins Dorf sind. Vinod weiß bis heute nicht, wo sie geblieben sind. Er will bald nach Kanpur reisen, Priyas Dorf ausfindig machen. Ihr Schicksal hat sich in sein Herz gebrannt.


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Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ZDF“, heute.de

Schlagwörter: Indien, Corona, Cornoa-Virus, Corona-Pandemie, Lockdown, Wanderarbeiter, Hunger, Exodus, Dorf, Heimat, zu Fuß, arbeitslos