Global: Das Jahr verwaister Klassenzimmer – 168 Millionen Kinder ohne Schulunterricht

Meldung vom 04.03.2021

Mehr als 168 Millionen Kinder weltweit sind seit fast einem Jahr aufgrund von Lockdowns wegen der Covid-19-Pandemie vom Schulunterricht ausgeschlossen. 214 Millionen Kinder – oder eines von sieben Kindern – haben mehr als drei Viertel ihres Unterrichts versäumt. Dies belegen neue Daten, die das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF herausgegeben hat. Die Organisation appelliert mit der künstlerischen Installation „Pandemic Classroom“ an die Regierungen der jeweiligen Länder, die Wiedereröffnung von Schulen so schnell wie möglich voranzutreiben.

Der Bericht „Covid-19 und Schulschließungen. Ein Jahr ohne Schule“ („COVID-19 and School Closures: One year of education disruption”) dokumentiert, dass weltweit allein über 14 Ländern von März 2020 bis Februar 2021 ein Lockdown verhängt wurde. Zwei Drittel dieser Länder zählen zu Lateinamerika und der Karibik, mit fast 98 Millionen Schulkindern. Von den 14 Ländern waren die Schulen in Panama die meisten Tage zu, gefolgt von El Salvador, Bangladesch und Bolivien.

„Während wir uns dem ersten Jahrestag der Covid-19-Pandemie nähern, werden wir erneut an die katastrophale Bildungskrise erinnert, die die weltweiten Lockdowns verursacht haben. Mit jedem Tag der vergeht, bleiben Kinder, die keinen Zugang zu direktem Unterricht haben, weiter zurück und die am meisten benachteiligten Kinder zahlen den höchsten Preis“, warnte Henrietta Fore, UNICEF-Exekutivdirektorin. „Wir können es uns nicht leisten, in das zweite Jahr zu gehen, in dem diese Kinder nur eingeschränkt oder gar nicht in der Schule lernen können. Wir dürfen nichts unversucht lassen, um die Schulen offen zu halten oder ihrer raschen Wiedereröffnung Priorität einzuräumen.“

Das Einstellen des Unterrichts hat verheerende Folgen für die Entwicklung und das Wohlbefinden von Kindern. Die Kinder laufen Gefahr, nie wieder in die Schulen zurückzukehren und zu Kinderehen oder Kinderarbeit genötigt zu werden. Neuesten Erhebungen der UNESCO zufolge sind weltweit mehr als 888 Millionen Kinder durch vollständige oder teilweise Schulschließungen von jeglicher Bildung abgeschnitten.

Doch die Schule bietet den Kindern noch weitaus mehr als das: Für die Mehrzahl der Kinder weltweit sind Schulen Orte, an denen sie sich mit Gleichaltrigen austauschen können, Förderung erhalten, Zugang zu Gesundheitsdiensten und Impfungen haben sowie eine nahrhafte Mahlzeit erhalten. Je länger die Schulen nicht wieder ihren Betrieb aufnehmen, desto länger werden Kindern wesentliche Elemente entzogen, die sie für eine gesunde Entwicklung dringend benötigen.

Die künstlerische Installation “Pandemic Classroom“ soll das Augenmerk der Öffentlichkeit auf diesen Missstand lenken. Es handelt sich um ein Modell-Klassenzimmer, in dem 168 leere Schreibtische stehen. Jeder Schreibtisch gilt stellvertretend für die Millionen Kinder, die in Ländern leben, in denen Schulen seit einem Jahr pausieren – eine Erinnerung an die verwaisten Klassenzimmer an allen Enden der Erde.

„Dieses Klassenzimmer repräsentiert die Millionen von Bildungszentren, die leer geblieben sind – viele für fast ein ganzes Jahr. Hinter jedem freien Stuhl hängt ein leerer Rucksack – ein Platzhalter für das hintenangestellte Potenzial eines Kindes“, sagt Fore. „Wir wollen nicht, dass verschlossene Türen und geschlossene Gebäude die Tatsache verschleiern, dass die Zukunft unserer Kinder auf unbestimmte Zeit aufgeschoben wird. Diese Installation ist eine Botschaft an die Regierungen: Wir müssen die Wiedereröffnung von Schulen priorisieren und wir müssen priorisieren, dass sie in einem besseren Zustand als zuvor wiedereröffnet werden.“

Wenn Schulkinder in die Schule zurückkommen dürfen, benötigen sie einfühlsame Begleitung, um sich wieder einzufinden und den Lernstoff nachzuholen. Pläne zur Wiedereröffnung von Schulen müssen deshalb Maßnahmen berücksichtigen, wie die versäumte Bildung der Kinder wettgemacht werden kann. Daher sind die Regierungen dazu aufgerufen, den individuellen Bedürfnissen jedes einzelnen Schulkindes nachzugehen und in den Schulen mit weit gefächerten Angeboten in den Bereichen Nachhilfeunterricht, Gesundheit und Ernährung sowie psychischer Gesundheit und Schutzmaßnahmen die große Versorgungslücke der Kinder wieder auszufüllen.


Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Unicef“, unicef.de