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Afghanistan: Bloß nicht auffallen – Alltag unter der Herrschaft der Taliban

 
Meldung vom 14.09.2021

In Afghanistan gestaltet sich der Alltag unter den Taliban von Tag zu Tag anders. Westliche Kleidung sucht man nun im Straßenbild vergebens. Die Wirtschaft ist eingebrochen. Und die humanitären Bedingungen sind alarmierend.

In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist scheinbar irgendeine Form von Alltag zurückgekehrt. Auf den Straßen und Märkten drängen sich Menschen, wie auf Filmmaterial der Nachrichtenagentur Reuters zu sehen ist. Augenzeugen berichteten jedoch, dass die Atmosphäre sehr angespannt sei. Schwer bewaffnete Taliban stünden an jeder Straßenecke.

Viele Afghanen reagierten auf den Anblick der bärtigen Kämpfer mit ihren Kalaschnikows mit Schockstarre, sagte Rahmatullah Khan, ein Einwohner von Kabul, vor allem die älteren Menschen, die die Taliban-Herrschaft Ende der 90er-Jahre an eigenem Leibe erfahren hätten.

„Die Leute haben Angst, denn die sehen wirklich unheimlich aus. Vor allem Frauen und Kinder fürchten sich. Die sollten sich anständig kleiden und ordentlich verhalten, dann hätten die Leute nicht solche Angst“, betonte Khan.

Derzeit stellen sich alle am besten mit der Devise „Möglichst nicht auffallen“. An fast jeder Straßenecke wurden Checkpoints der Taliban eingerichtet. Jeans und T-Shirts oder westliche Anzüge sind verpönt. Die Frauen sind in lange Kleider gehüllt, tragen Kopftuch oder eine Burka, Männer die traditionelle Kurta, ein knielanges Hemd über einer Pluderhose.

Abdul Hadeem, der Inhaber eines Bekleidungsgeschäftes in Kabul, meint: „Alles ist jetzt anders. Die Leute kaufen keine Jeans mehr, die wollen jetzt nur noch traditionelle Kleidung. Die Leute haben zwar eigentlich kein Geld, aber sie kommen trotzdem, denn sie müssen sich neu einkleiden.“

Die Versorgungslage in ganz Afghanistan ist prekär. Die Wirtschaft des Landes befindet sich im Stillstand, viele Afghanen sind arbeitslos geworden, seit die Taliban die Macht ergriffen haben. Die Leute hätten einfach kein Geld mehr, erklärt der Gemüsehändler Asad.

„Der Handel ist völlig zum Erliegen gekommen. Von dem Gemüse, das wir anbieten, wird nur ein kleiner Teil verkauft, der Rest verdirbt. Wie soll das weitergehen? Mehl ist teurer geworden, Öl zum Braten ebenso. Niemand kümmert sich um uns arme Leute“, so Asad.

Er müsse alles zum halben Preis veräußern, kritisiert Sulaiman, ein Händler nebenan. Aber die Kriminalität sei unter dem Druck der Taliban nicht mehr da. „Die Diebe und Verbrecher sind verschwunden, aber es gibt auch nichts mehr zu essen.“

Die humanitäre Situation sei alarmierend, klagt Anthea Webb, die für Afghanistan zuständige Regionaldirektorin des UN-Welternährungsprogramms WFP. Neun von zehn Afghanen hätten zu wenig Nahrung. „Lebensmittelknappheit ist für die Menschen das größte Problem. Und wenn erst der Winter kommt, wird es noch schlimmer. Bis Anfang November müssen wir neun Millionen Menschen pro Monat versorgen, und wir betteln jetzt schon weltweit um Hilfe, denn unsere Vorräte reichen höchstens noch bis Oktober“, sagt Webb.

Wer die Mittel hat, versucht das Land zu verlassen. Gestern Abend hob der zweite internationale Passagierflug von Kabul ab. Knapp 160 Passagiere drängten sich in der Maschine, darunter auch deutsche und französische Staatsbürger, die in Kabul zurückgeblieben waren.

Auch wohlhabende Afghanen mit einem zweiten ausländischen Pass retteten sich und ihre Familien vor dem Taliban-Regime ins Ausland. „Meine Tochter und meine Enkelin haben britische Reisepässe und das Leben hier ist für sie sehr schwierig. Deswegen bringen wir sie nach London, damit sie weiter zur Schule gehen können.“

Für die Afghanen, die im Land bleiben müssen, bringt jeder Tag neue Regeln und Lebensbedingungen. Demonstrationen gegen die Taliban-Regierung sind neuerdings untersagt, was niemanden wundert. Auch Berichte über Proteste, die trotz Verbote immer wieder auflodern, werden mit massiven Strafen geahndet. Zahlreiche Journalisten wurden bereits körperlich misshandelt und gefoltert. Alle Aufrufe der UN, Gewalt gegen die Bevölkerung zu unterlassen, wurden bislang ignoriert.


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Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „ARD-Nachrichten online“, ard.de

Schlagwörter: Afghanistan, Taliban, Taliban-Herrschaft, Kabul, Machtergreifung, Gewalt, Lebensmittelknappheit, Hunger, Wirtschaft, Kurta, Burka, Ausreise, Flucht