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Südsudan: „Politische Hexenjagd“

Meldung vom 04.04.2025

Der aktuelle Schachzug des Präsidenten Salva Kiir, den Vizepräsidenten Riek Machar festzunehmen, hat den Konflikt im Südsudan weiter angefacht. Diese folgenschwere Entscheidung gefährdet das Friedensabkommen vehement. Machar wird der Rebellion gegen die Regierung bezichtigt.

Beobachter sind alarmiert und sehen einen Kollaps des brüchigen Friedens voraus. Als einen Eklat betrachten viele das Vorgehen Kiirs, nachdem der erste Vizepräsident des ostafrikanischen Landes von schwerbewaffneten Regierungstruppen in seiner Residenz in der Hauptstadt Juba unter Hausarrest gestellt wurde. Ein Konvoi von 20 schwerbewaffneten Fahrzeugen der Regierung von Präsident Salva Kiir (SPLM) habe die Inhaftierung des führenden Oppositionspolitikers Riek Machar vollführt, heißt es aus seiner Partei, der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung in der Opposition (SPLM-IO), die diese Handlung als faktisches Ende des 2018 unterzeichneten Friedensabkommens ansieht.

Informationsminister Michael Makuei Lueth beschuldigte Machar, die blutigen Zusammenstöße in den letzten Wochen im Bezirk Nasir zwischen regulären Regierungstruppen und der „Weißen Armee“ der Volksgruppe der Nuer, der auch Machar angehört, angezettelt zu haben. Dessen Militärs würden „zu einer Rebellion gegen die Regierung“ anstacheln. Unter Beihilfe des ugandischen Militärs bombardierten Regierungstruppen die Oppositionellen in der nordöstlichen Region Great Upper Nile. Dutzende Personen kamen dabei um.

Die ugandischen Streitkräfte würden sich nicht scheuen, Fassbomben abzuwerfen, „die mutmaßlich eine hochentzündliche Flüssigkeit enthalten, die bei einer Explosion als Brandbeschleuniger wirkt“, so die Aussage von Nicholas Haysom, dem Leiter der UN-Mission im Südsudan. Uganda lehnt diesen Vorwurf vehement ab. Doch lokale Medien bestätigten diese Anklagen und auch ein Lokalpolitiker bezeugte gegenüber BBC „chemische Bombardements“.

Zudem wurde bei den kriegerischen Auseinandersetzungen ein UN-Hubschrauber attackiert, wobei ein Besatzungsmitglied sein Leben verlor und zwei weitere verletzt wurden. Der Hubschrauber hatte zur Aufgabe, verwundete Soldaten zu evakuieren. Die Kämpfe haben seit Ende Februar 65.000 Menschen in die Flucht geschlagen.

Seit der Gründung der Republik Südsudan im Jahr 2011 übt die SPLM als alleinige Regierungspartei alle Macht aus und hat seither keine landesweiten Wahlen eingeleitet. Im Dezember 2013 klagte Präsident Kiir seinen ehemaligen Stellvertreter Machar und zehn Kollaborateure an, einen Putschversuch angestrengt zu haben. Machar verneinte das und als Folge innerparteilicher Streitigkeiten kam es zur Abspaltung der SPLM-IO. Zwischen der SPLM und der SPLM-IO ereignete sich ein Tauziehen, das, zumal es entlang ethnischer Gruppierungen verlief, das Land in den Bürgerkrieg stürzte.

Ab 2013 wurden mehr als 400.000 Menschen ermordet und über vier Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen. 2020 kam es dann auf Druck von außen hin zu der Formierung einer Einheitsregierung unter Kiir und Machar. Doch der Friede war immer brüchig. Seit Wochen nehmen die Spannungen zwischen den beiden Rivalen wieder zu. Zu Beginn dieses Monats hatten Einsatzkräfte mehrere SPLM-IO-Funktionäre ins Gefängnis geworfen, darunter den Erdölminister und den stellvertretenden Armeechef, gab Reuters an.

Diese Verhaftungswelle wurde ausgelöst, als die „Weiße Armee“ Regierungstruppen gewaltsam zum Rückzug aus Nasir nahe der äthiopischen Grenze gedrängt hatte. Die Regierung behauptet, die SPLM-IO habe Verbindungen zur „Weißen Armee“. Diese Miliz setzt sich größtenteils aus jungen Männern der Volksgruppe der Nuer zusammen, die im Bürgerkrieg an der Seite von Machars Truppen gegen die überwiegend aus Dinka bestehende Armee Kiirs angetreten waren. Die SPLM-IO verwahrt sich gegen diese Anschuldigungen und sieht in den Festnahmen einen gezielten Versuch, die Opposition zu zersplittern.

Oyet Nathaniel Pierino, stellvertretender Vorsitzender der SPLM-IO, gab daraufhin vor zwei Wochen bekannt, dass seine Partei nicht mehr an den sicherheitsrelevanten Maßnahmen des Friedensprozesses partizipieren werde, bis die festgenommenen Funktionäre wieder auf freiem Fuß wären. „Die anhaltenden politischen Hexenjagden bedrohen das Wesen und die Existenz“ des Friedensabkommens, so Pierino. Die UN-Mission UNMISS sieht angesichts der schweren Unruhen eine Rückkehr zum Bürgerkrieg für möglich. Die Anführer des Landes stünden „kurz davor, in einen umfassenden Konflikt zurückzufallen“, sagte Haysom angesichts der Festnahme Machars. Er appellierte an alle Konfliktparteien, sich zurückzuhalten. Die Zerstörung des Friedensabkommens von 2018 würde nicht nur den Südsudan verwüsten, „sondern auch die gesamte Region in Mitleidenschaft ziehen“.




Quelle: „junge Welt“, www.jungewelt.de

Schlagwörter: Südsudan, Krieg, Bürgerkrieg, Verhaftung, Hausarrest, Riek Machar, Salva Kiir, Nuer, Dinka, Bombardierung, UNMISS, Fassbomben, Rebellion, ethnische Konflikte